Der schottische Lord. Kerstin Teschnigg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Teschnigg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754177068
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hasst“, schmunzelt sie.

      „Alle Frauen in diesem Haus hassen mich, außer du“, zucke ich mit den Schultern.

      „Ach Tavis, hör auf mit dem Unsinn. Niemand hasst dich. Sie ist drüben im Haus, frag sie gleich. Ich bleibe so lange hier, falls der Lord von seinem Mittagsschlaf aufwacht.“

      Weil es wirklich ein Segen wäre, wenn Holly sich um Vater kümmern könnte solange hier so ein Chaos herrscht, nehme ich Elizas Vorschlag an und gehe hinüber zum Haus. Holly hat sich seit sie an dem Tag nach dem Unfall aus dem Haus verschwand ziemlich rar gemacht, ich befürchte sie ist beleidigt, warum auch immer. Ich klopfe an der Tür und räuspere mich schon einmal um nicht mitleidig zu klingen. Auch wenn ich am Ende bin, ich bin der Lord. Sie öffnet und sieht überrascht auf.

      „Hallo“, sage ich leiser als ich es wollte. „Eliza hat gemeint ich finde Sie hier.“

      Wie schon öfter in meiner Gegenwart bemerkt hebt sie plötzlich ihr Kinn an. Ihre ganze Haltung verändert sich als wolle sie sich vor mir groß machen. „Ja warum, braucht sie mich?“, fragt sie und neigt dabei abwartend ihren Kopf zur Seite.

      Ich schüttle den Kopf. „Ich brauche Sie.“ Ach du Scheiße wie das klingt. Du bist der Lord du Trottel!!! Sie zieht ihre Augenbrauen hoch, auch ihre Schultern gehen nach oben, fast als würde es ihr gefallen, dass ich etwas brauche. Ich würde jetzt gerne mit den Augen rollen und laut durchamten, weil ihre Reaktion unpassend ist, aber ich brauche sie nun einmal wirklich, darum lasse ich es.

      „Mein Vater, ich schaffe das nicht allein. Die Arbeit am Hof und in der Brennerei…“ Ich suche nach den richtigen Worten ohne zu klingen als würde ich betteln. „Eliza hat mir erzählt Sie sind Krankenschwester…Also ich würde Sie gerne einstellen, für die Pflege meines Vaters.“

      Ihr Blick verändert sich. Ich kann förmlich sehen wie die Rädchen in ihrem Gehirn sich zu drehen beginnen. „Sie scheinen sehr qualifiziert zu sein und er mag Sie“, fahre ich fort. Für meinen Geschmack überlegt sie sehr lange. Ich schätze mein Blick gibt meine Ungeduld preis. „Mit den Medikamenten kenne ich mich auch nicht aus, das hat immer alles Kendra gemacht“, sage ich darum noch fast flehend, was mir total zuwider ist. Sie verschränkt die Arme vor der Brust. Abwehrhaltung. Und genauso klingt ihre Antwort: „Tut mir leid, ich fahre diese Woche zurück nach England.“

      Nein. Sie sagt nein. Das ist nicht ihr Ernst. Wenn sie will, dass ich bettle, hat sie sich getäuscht. Ich bettle nicht. Niemals. Ein Lord bettelt verdammt noch einmal nicht! „Verstehe“, sage ich darum kühl und drehe mich um. So eine blöde Schnepfe. Das tut sie doch extra um mir das Leben schwer zu machen, warum auch immer. Vermutlich hat sie mich längst durschaut und das Arschloch das ich bin enttarnt. Ich gehe zurück ins Castle, Vater ist munter geworden und sitzt am Schachbrett. Schach. Schon wieder. Dafür habe ich jetzt wirklich keine Zeit. Mein Handy summt und ich wollte doch noch in die Klinik.

      „Danke Eliza“, sage ich knapp. „Sie will nicht, aber trotzdem danke für den Tipp.“

      „Sie will nicht?“, meint diese überrascht.

      „Nein. Also ich muss jetzt noch etwas tun, deine Arbeit unten wartet doch bestimmt auf dich.“ Ich habe jetzt absolut keine Lust ihr von den Worten ihrer eingebildeten Nichte zu erzählen. Eingebildet. Genau. Noch besser: Abgehoben. So eine seltsame Frau habe ich wirklich noch nie getroffen. Ich schüttle für mich selbst den Kopf. „Vater, ich muss schnell telefonieren, dann spielen wir. Bitte hab kurz Geduld.“

      Er richtet seinen Oberkörper auf und schüttelt den Kopf. „Ich will spazieren gehen. Wo ist Kendra? Sie ist unpünktlich. Was ist hier los?“ Seine Stimme erhebt sich, was in Anbetracht seiner Krankheit komisch wirkt, selbst wenn es mich an seine strenge Art von früher erinnert.

      Ich atme leise durch. Genau. Was ist hier los?! „Gleich Vater, gleich…“, murmle ich.

      Das Telefonat nervt mich und dauert länger als es mir lieb ist. Dann werde ich jetzt wohl eine Runde Schach spielen müssen. Mit den Worten „Bist du bereit?“, gehe ich zurück in den Salon, doch ich bekomme keine Antwort. Vater ist nicht da. Genervt blicke ich mich um. „Vater?“

      Ich sehe in seinem Zimmer nach und rufe hinunter in die Küche, nichts. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Hoffentlich ist er nicht hinaus gegangen, in ein paar Minuten ist es möglich ziemlich leicht zu verschwinden und auf dem verwinkelten Gelände finde ich ihn nie wieder. Ich laufe hinaus in den Rosengarten, auch da ist er nicht. Während ich mich immer weiter umsehe, denke ich nach, welchen Weg Kendra immer mit ihm geht. Langsam werde ich nervös, ich laufe über den großen Vorplatz als ich ihn sehe. Mit Holly. Sie scheint ihn aufgelesen zu haben. Ich laufe ihr entgegen und bekomme fast keine Luft als ich vor ihr stehe. „Ich habe nur fünf Minuten telefoniert…Ich habe ihn schon überall gesucht“, erkläre ich völlig außer mir, bin aber auch erleichtert, dass er Holly wohlbehalten anlächelt. Mich jedoch sieht er einschüchternd an. Er stemmt seine Hände in die Hüften. „Wo ist Kendra? Sie hat den Spaziergang vergessen und unsere Schachpartie auch!“ Er stapft steten Schrittes Richtung Haus. Holly geht ihm nach, ich ebenfalls.

      „Was soll ich ihm sagen wegen Kendra?“, flüstere ich.

      Sie dreht sich um und schüttelt den Kopf. „Nichts. Es würde ihn zu sehr aufregen und das täglich, weil er es immer wieder vergisst und darum ständig nachfragt. Also nichts.“ Sie bleibt stehen und sieht mich an. Anders als vorhin. „Zeigen Sie mir bitte die Medikamente. Was hat er denn die letzten Tage genommen?“

      Mir fällt die Kinnlade hinunter. Hat sie gerade zugestimmt sich um Vater zu kümmern?! Aber sie nimmt mir eine Nachfrage ab.

      „Ja…Ich werde die Pflege für Lord Angus übernehmen, also wenn Sie das noch wollen.“

      Ich nicke. Immer noch perplex. „Ja...Ja. Natürlich. Kommen Sie ins Haus.“ Ich lasse ihr höflich den Vortritt und schäme mich gerade für meine aufgebrachten Gedanken von vorhin. Sie ist keine eingebildete Schnepfe. Nein…Das ist sie ganz und gar nicht. Ich zeige ihr alles und wie nicht anders erwartet kennt sie sich sehr gut mit den Medikamenten und auch allem anderen aus. Ich bin unglaublich erleichtert, mit einem Schlag fällt eine riesige Last von mir ab.

      „Dann werde ich jetzt einmal eine Partie Schach spielen“, meint sie schmunzelnd zu meinem Vater blickend, der schon ungeduldig auf sie wartet. „Und Sie sollten sich einmal hinlegen, Sie sehen nicht gut aus.“

      Ok. Die Bestimmerin. Da ist sie wieder. Aber ich vermute das Krankenschwestern so sind. Mir fällt noch ein, dass sie auch nachts hierbleiben sollte. Hoffentlich überlegt sie es sich nicht gleich wieder anders, darum frage ich sehr vorsichtig.

      „Könnten Sie hier im Haus bleiben? Also auch nachts?“

      Sie nickt und lächelt. Das war einfach. Ich atme unbemerkt durch. „Wir haben vor einiger Zeit das Zimmer neben dem Schlafzimmer meines Vaters im Erdgeschoss renoviert. Ich lasse es Denisa für Sie fertig machen, wenn Sie einverstanden sind.“

      Wieder nickt sie und lächelt erneut. Gott…Ich bin ihr wirklich dankbar. „Danke Holly. Sie wissen gar nicht wie sehr Sie mir gerade helfen. Ich weiß, Sie sind Krankenschwester, ich werde einen Dienstvertrag aufsetzten lassen, bitte sagen Sie mir wie ihre Gehaltsvorstellungen aussehen. Ich kenne mich damit nicht aus.“

      Sie schüttelt den Kopf, so als ob es nicht wichtig wäre. „Dafür werden wir schon eine Lösung finden. Sie haben jetzt andere Sorgen.“

      Seufzend drehe ich mich um, blicke aber noch einmal zu ihr. „Ich bin Ihnen wirklich dankbar.“ Diese Worte meine ich sehr ernst. Ich bin wirklich dankbar. Außerordentlich dankbar.

      Kapitel 9

      Ich gehe durch die Tür zur Intensivstation, als mir Kendras behandelnder Arzt schon entgegenkommt. Sie und Peter liegen jetzt fast zehn Tage im Koma und nichts hat sich verändert. Zumindest nicht positiv. Hoffentlich gibt es nicht schon wieder schlechte Nachrichten.

      „Dr.