FEURIGE RACHE. Ralf Feldvoß. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ralf Feldvoß
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738056068
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Es wurde leiser bis schließlich alle erwartungsvoll darauf warteten, was Petra zu sagen hatte.

      „Guten Morgen allerseits“, begrüßte Petra ihr Team. „Einige von euch kennen mich bereits. Für die Anderen: Mein Name ist Dr. Petra Maurer. Ich bin Höhlenforscherin und unser Auftrag lautet herauszufinden, wie man einen Ausbruch des Vesuvs besser, genauer und rechtzeitiger vorhersagen kann. Man verspricht sich entsprechende Erkenntnisse durch die Erforschung dieser Höhlen hier an den äußeren Ausläufern des Berges. Wie sie liegen, wo die Schlote der kürzlich entdeckten großen Magmakammer entlanglaufen, welches Gestein in den Tiefen vorherrscht und wie sich dieses auf das Magma auswirkt. Hierfür ist es mir eine Freude, dass wir einen der führenden europäischen Geologen für dieses Projekt gewinnen konnten, der uns mit Rat und Tat zur Seite stehen wird – Dr. Franz Greiner.“

      Jetzt war es Petra die zu Franz gewandt einen Applaus ansetzte, welcher von dem Team übernommen wurde. Dieser fiel allerdings bedeutend kürzer und verhaltener aus, als der zuvor für Petra, aber das störte Franz nicht weiter, dafür war er einfach zu bescheiden.

      Petra fuhr fort. „Wir werden heute zunächst eine erste kleine Erkundung der oberen Gänge der Höhlen durchführen, die direkt an das Camp grenzen, dessen Wege mit den vorhandenen Karten vergleichen, ob es Korrekturen zu machen gilt, oder ob die eingezeichneten Wege in den Karten soweit stimmen. Dr. Greiner wird erste Gesteinsproben entnehmen. Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Zusammensetzung, je weiter wir nach unten vordringen, verändern wird. Was diese wahrscheinlichen Veränderungen für unsere Aufgabe bedeuten, müssen wir dann untersuchen. Gibt es irgendwelche Fragen?“

      Petra ließ den Blick schweifen, ob sich jemand meldete, aber sie sah nur in abwartende Gesichter. „Also gut. Dann stellen wir nur das Nötigste an Arbeitsmaterial zusammen. Wir stellen uns darauf ein, dass wir zum Start vier, maximal fünf Stunden unterwegs sein werden, um uns einen ersten groben Überblick zu verschaffen. Ich plane für morgen und übermorgen eine größere Exkursion der Höhlen. Das heißt wir werden auch die Nacht dort verbringen. Ich möchte so weit, wie möglich eindringen. Für Sie gilt es, die Augen offen zu halten nach ungewöhnlich erscheinenden Formationen im Gestein, nach Veränderungen der Gesteinsschichten, oder auch vermeintlichen Abzweigungen der Wege, die nirgendwo verzeichnet sind. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier und dann fangen wir an.“

      Petra setzte sich und machte sich Notizen über das, was sie gerade gesagt hatte. Es sprudelte nur so aus ihr heraus. Sie hatte sich im Vorwege keine Gedanken gemacht, wie sie vorgehen sollte und nun gab es einen Plan, den sie auch einhalten musste.

      Das Team erhob sich geräuschvoll. Stühle wurden über den Boden geschoben, Papiere wurden zusammengerafft, Taschen und Rucksäcke in die Hand genommen. Jeder Einzelne verließ nach und nach das Kommandozelt, um die jeweiligen Dinge, die benötigt wurden, einzupacken. Das Forschungsteam bestand aus insgesamt sechsundzwanzig Personen, Petra und ihre Begleiter mit eingerechnet.

      Nachdem soweit alle das Zelt verlassen hatten kamen Marie und Paul herüber. Franz war schon wieder in einem intensiven Gespräch mit Enrico verwickelt, der alles Mögliche über die Gesteine wissen wollte. Er hakte genau da ein, wo sie gestern unterbrochen wurden. Franz fühlte sich einerseits geehrt, wunderte sich aber auf der anderen Seite doch über so viel Neugier.

      Petra saß über ihren Notizen und blätterte in ihnen herum, als Paul sich zu ihr setzte. „Es lief doch ganz gut“, sagte er.

      „Findest du? Ich weiß nicht. Ja, die Ansprache war okay, aber trotzdem fühle ich mich irgendwie unsicher.“ Sie lächelte schüchtern. Petra wusste natürlich, dass sie ihrem Team gegenüber keine Unsicherheit zeigen durfte, aber bei Paul war das selbstverständlich etwas Anderes.

      Eine knappe Stunde später stand das gesamte Team versammelt vor dem Ausgang zu dem Höhlenbereich, den es zu untersuchen galt und wartete darauf, dass Petra das Kommando zum Start gab. Petra saß mit Franz und Enrico am Tisch. Sie sprachen über ein Teammitglied, welches ihr bei der morgendlichen Besprechung aufgefallen war.

      „Er saß ganz hinten und machte die ganze Zeit auf mich den Eindruck geistig gar nicht richtig da zu sein, als wenn es ihn nicht interessierte, was gesprochen wurde, irgendwie abwesend und teilnahmslos. Er hat leicht ergrautes Haar, Seitenscheitel“, sagte Petra gerade.

      „Ich glaube ich weiß wen du meinst. Das kann eigentlich nur Alessandro sein. Alessandro Nardelli. Aber den müsstest du schon kennen. Er gehört zu denjenigen, die auch schon im Sommer hier waren“, erklärte Enrico und schlürfte an seinem Kaffeebecher.

      „Alessandro Nardelli?“, fragte Petra. „Ich kann mich an den Namen nicht erinnern. Wo kommt er her und was hat er für eine spezielle Aufgabe?“

      „Aus Sizilien, so wie ich auch. Seine Aufgabe ist es vor Allem die elektrischen Geräte zu überwachen und zu reparieren, beziehungsweise neu zu justieren, wenn diese defekt sind, oder durch andere Einflüsse nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten.“ Enrico blätterte in seinen Unterlagen über die Teammitglieder, ob er noch mehr über diesen Alessandro finden konnte. „Mehr steht hier auch nicht“, sagte er schließlich und klappte seine Mappe zu.

      „Ein Elektriker also. Aus Sizilien? Da kam Marco auch her.“ Petra verlor sich in Gedanken an ihren langjährigen Assistenten, den sie im Sommer in Köln verloren hatte und dessen Platz nun Enrico einnahm.

      „Na gut, gehen wir!“ Petra marschierte los. An dem versammelten Team vorbei schritt sie hinaus in die helle Vormittagssonne, die den Bereich um den Eingang zu den Höhlen in ein angenehmes, leicht Orange wirkendes Licht tauchte, welches durch die Reflektion des hellen Sandes hervorgerufen wurde. Sie ging als Erste in die Höhle hinein.

      Keine zehn Meter in den Stollen eingedrungen, war ein leichter Geruch nach Schwefel aufgekommen. Das untrügliche Zeichen dafür, dass in der Nähe vulkanische Aktivität herrschte. Der Geruch der Gase schlängelte sich durch jede noch so kleine Felsspalte. Es war derselbe Geruch, den man an Geysiren wahrnahm, an denen das Gas aus der Magmakammer durch das Oberflächenwasser nach außen drang.

      Die Wände hier mussten also über ausreichende Spalten verfügen, seien sie auch noch so klein. Eine andere mögliche Alternative war, dass das hier vorhandene Gestein so porös war, dass es unzählige kleine Risse hatte, durch die der Geruch gelangen konnte. Weiter konnten die Wände aber auch aus einem großen Anteil aus Bimsstein bestehen, der durch ältere Ausbrüche entstanden war und über Luftkammern verfügte, durch die ebenfalls die Gase strömen konnten.

      Damit war die erste Aufgabe für Franz schon mal klar. Er musste Proben des Gesteins nehmen, bereits hier, so dicht am Eingang. Möglicherweise war es aber auch ein Hinweis darauf, dass es einen Schlot in unmittelbarer Nähe gab. Das mussten dann die Sonaruntersuchungen zeigen.

      Sie gingen weiter und erkundeten die nächsten Gänge. Überall war der Schwefelgeruch nahezu in gleichem Maße vorhanden. Die Wände und Decken schimmerten in unterschiedlichen Tönen von Grau und Orange. Gelbliche Ablagerungen an den Gesteinen deuteten ebenfalls auf Schwefel hin.

      Die Karten, die sie dabei hatten, schienen auf den ersten Blick im Groben mit den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort übereinzustimmen. Zumindest konnte niemand gravierende Abweichungen feststellen.

      Petra versuchte immer mal wieder einen Blick auf das Ende der Gruppe zu werfen, ob auch keiner verloren ging. Sie kam sich dabei zwar vor wie eine Mutter, die auf ihre Kinder achtete, aber das war ein Verhalten, welches sie nicht abschütteln konnte. Nur in dieser Dunkelheit, die nur durch die Lichtkegel der an den Helmen befestigten Grubenlampen durchschnitten wurde, konnte man gerade einmal die Lichtpunkte sehen, aber ob die Anzahl stimmte war kaum zu beurteilen, da es sich auch um Spiegelungen an den stellenweise feuchten Wänden handeln konnte, an denen das Wasser des über ihnen liegenden Sees herabsickerte.

      Plötzlich gab eines der Geräte einen piepsenden Alarmton von sich. Es handelte sich um den Seismographen, der Erschütterungen, auch der leichtesten Art, registrieren konnte. Der Seismograph war so eingestellt, dass er bereits Erschütterungen der Stärke zwei Komma null der Richterskala anzeigen konnte. Nach dem jetzigen Ausschlag zu urteilen, registrierte es tatsächlich ein Erdbeben. Allerdings in einer Stärke, die man auch ohne Gerät hätte spüren