FEURIGE RACHE. Ralf Feldvoß. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ralf Feldvoß
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738056068
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heranzukommen. Das dieser Geologe mit seiner Frau mitkommen würde war bereits etwas früher mitgeteilt worden.

      Sämtliche Feldbetten im Forschungscamp waren in Beauftragung des Instituts aus alten Beständen des italienischen Militärs aufgekauft worden. Es handelte sich um harte Stahlgerüste mit den üblichen, viel zu weichen und unbequemen Metallfederauflagen als Matratze, auf denen man stets das Gefühl hatte in einer kurz vor dem Durchreißen befindlichen Hängematte zu liegen. Bei jeder Bewegung gaben sie ein Quietschen von sich bei dem man sich wundern musste, das die Soldaten nicht ständig in der Nacht wach wurden.

      Die Auflagen wurden allerdings allesamt ausgetauscht, gegen richtige Matratzen mit passenden Lattenrosten, so dass es einen erträglichen Liegekomfort für die hier beteiligten Wissenschaftler und deren Gehilfen gab. Das Institut machte aber Unterschiede in der Festlegung der Qualität der Matratzen. So bekamen die Gehilfen einfache Federkernmatratzen, die einfachen Wissenschaftler etwas bessere Schaummatratzen und die führenden Kräfte, zu denen auch Enrico gezählt wurde, hochwertige Latexmatratzen.

      Am heutigen Vormittag hatte Enrico noch die letzten Arbeiten des Aufbaus und der Einrichtung für das zusätzliche Zelt überwacht, die Plane in einem unauffälligen schieferfarbenen Grau gehalten. Es sollte direkt hinter dem großen grünen Zelt stehen, in dem Dr. Maurer mit ihrem Gatten wohnen würde und war für Dr. Greiner, dem Geologen, und seine Frau vorgesehen.

      Aber viel wichtiger als das zusätzliche Zelt, zudem dieses eigentlich gar keiner Überwachung bedurfte, war ihm in diesem Moment das Herrichten des Zeltes von Dr. Maurer mit all den Hochzeitsgeschenken der alten Teammitglieder. Dr. Petra Maurer liebte es überrascht zu werden, wie er hörte. Und er war derjenige, der dafür sorgen sollte, dass alles klappte und nett aussah.

      Schließlich war Enrico ihr neuer persönlicher Assistent, nachdem ihr vorheriger, Marco Angelotti, bei den Untersuchungen im Sommer in der Höhle bei Köln unter bislang ungeklärten Umständen, wie es so schön hieß, sein Leben verlor. Und Marco hatte nicht nur bei den Arbeiten assistiert, wie aus den Erzählungen zu vernehmen war, sondern auch stets für das leibliche und seelische Wohl Dr. Maurers gesorgt und dem wollte Enrico in nichts nachstehen, auch wenn ihm diese Arbeiten arg missfielen. Er wollte sich nicht nachsagen lassen, schlechter, als sein Vorgänger zu sein, also nahm er sich dieser nervenden Aufgaben an.

      In den Nachrichten, ob nun speziell deutsche, oder allgemein europäische, war nicht viel über die Vorgänge in Köln zu lesen gewesen. Ein Unfall soll es gewesen sein, mehr war aus den Medien nicht zu hören. Keine Angaben über die Art und die Umstände des sogenannten Unfalls und des damit zusammenhängenden Todes des Marco Angelotti und seiner Kollegen. Aber das glaubte Enrico nicht. Es war schon merkwürdig, da sich die Medien, ob nun Fernsehen, oder Tageszeitungen, vom Internet mal ganz zu schweigen, bei solchen Unglücksfällen doch sonst so tief reinknieten, bis sie etwas Handfestes vorzuweisen hatten. Und wenn das nicht der Fall war, dann gab es immer noch einschlägige Redaktionen, die sich irgendetwas aus den Fingern sogen. Aber selbst das gab es nicht. Das klang unter dem Strich für Enrico alles ganz stark nach Nachrichtensperre, oder so etwas in der Art. Wie auch immer, vielleicht würde er im Laufe der nächsten Zeit mehr aus erster Hand erfahren.

      Enrico hatte sich im Spätsommer auf die ausgeschriebene Stelle als persönlicher Assistent bei diesem Projekt hier in der Gegend um Neapel beworben und dank ein paar Hebel, die er daraufhin in Bewegung setzte, auch bekommen. Was ein paar Beziehungen doch ausmachen konnten. Enrico kannte jemand, der wiederum kannte jemand anderen, der einen Verwandten im Institut hatte. Einen Verwandten in einer höheren Anstellung wohlgemerkt.

      Enrico stand in der Mitte des Zeltes, die leichten Böen verursachten immer noch in unbestimmten Abständen dieses knallende Geräusch auf dem Zeltgerüst, wenn die Plane dagegen schlug, begleitet vom Gezwitscher der letzten Zugvögel, die sich wegen der selbst für diese Gegend immer noch ungewöhnlich hohen Temperaturen für diese Jahreszeit noch nicht auf den Weg in den Süden weiteren gemacht hatten.

      Er kratze sich mit der rechten Hand am Hinterkopf, verwuschelte dabei seine tiefschwarzen Haare und blickte sich um, die linke Hand in der Hosentasche vergraben. Er war ein wenig ratlos, weil er mit solchen Dekorationen einfach nichts am Hut hatte und so nicht entscheiden konnte, ob es gut war, oder nicht, das was und wie er es hergerichtet hatte.

      Die ausnahmslos silbernen metallenen Möbel, die ebenfalls einen gewissen militärischen Eindruck hinterließen, allerdings tatsächlich, im Gegensatz zu den Feldbetten, nicht aus militärischem Bestand stammten, standen mittlerweile so angeordnet, wie Enrico dachte, dass es am sinnvollsten war. Die beiden einfachen Einzelbetten nebeneinander am hinteren Rand, direkt gegenüber des Eingangs, mit einer Einheitsbettwäsche bezogen, wie sie für jeden im Camp vorgesehen war, da gab es, anders als bei der Auswahl der Matratzen, auch für Dr. Maurer keine Ausnahme.

      Das Zentrum des Zeltes bildete der verhältnismäßig große Schreibtisch, beladen mit all den Unterlagen, die Dr. Maurer im Sommer bei ihrem überstürzten Aufbruch nach Köln liegen gelassen hatte. Daneben lagen die Fachbücher. Beides in mehrere saubere Stapel aufgehäuft, ein Computer mit Internetverbindung und zu guter Letzt das Telefon.

      Ansonsten befand sich in dem Zelt nur noch eine kleine Kommode mit sechs großen Schubladen. Jede der einzelnen gab beim Öffnen und Schließen ein metallisches Kratzen von sich. Müssten mal geölt werden, dachte Enrico, als sein Blick durch das Zelt die Kommode erhaschte. Zu guter Letzt stand neben der Kommode ein anderthalb Meter breites und knapp zwei Meter hohes Stahlgestell mit einem beigen Stoffüberzug, welches als Kleiderschrank dienen sollte. Die Dusche, die es in jedem Zelt gab, hatte einen festen Standort, in einer hinteren Ecke und konnte nicht anders positioniert werden. Das hing mit den Auslässen für die Wasserschläuche zusammen.

      Enrico war außerdem ratlos, weil er keine Ahnung hatte wo er die Geschenke unterbringen sollte. Es sollte schon nett wirken und nicht so, als wenn er sie einfach nur irgendwo abgestellt hätte, frei dem Motto „Hauptsache, das sie da sind“.

      Entschlossen nahm er seine Hand vom Kopf, mit der er ununterbrochen seinen Hinterkopf gekratzt hatte. Die leichte Abschürfung, die dadurch entstanden war, nahm er kaum wahr. Er entschied sich dafür den Schreibtisch zu leeren, um so Platz für die Geschenke zu bekommen. Kurzerhand griff er sich die gesamten Unterlagen, stapelte sie zu einem unsortierten Haufen inklusive der Bücher und packte alles in die noch freien Schubladen der Kommode. Nachdem der Schreibtisch nun frei war, abgesehen von dem Computer und dem Telefon, und in seiner Gänze einen unwirklich erscheinende Glanz verstrahlte, die metallene Oberfläche wirkte wie poliert, fast wie ein Spiegel, räumte er die Geschenke darauf und besah sich schließlich sein Werk, nachdem er alles untergebracht hatte.

      Ein paar Kerzen, Fackeln oder Ähnliches würden sich noch gut machen, dachte er, einer plötzlichen, sich ihm nicht erklärenden inneren Eingebung folgend. Irgendeine eine Art indirektes Licht. Dafür musste er aber nochmal in die Stadt fahren, um passende Accessoires zu besorgen.

      Enrico schaute auf seine goldene Armbanduhr, eine Rolex. Ob echt, oder nicht verschwieg er stets, wenn er darauf angesprochen wurde. Es war erst kurz nach zwölf, wie die filigranen Zeiger ihm verrieten. Die Meldung, die er vor drei Tagen erhielt, lautete, dass Dr. Maurer am frühen Nachmittag ankommen würde. So hatte er also noch reichlich Zeit nach Neapel zu fahren, seine Besorgungen zu machen und rechtzeitig wieder zurück zu sein.

      Enrico bereitete alles Restliche soweit vor, dekorierte die Grußkarten vor den Geschenken. Ein großer und bunt zusammengestellter Blumenstrauß, den er hinter den Geschenken auf einem Stapel Bücher drapierte, die er aus der Kommoden wieder für diesen Zweck hervorholte, bildete das Hauptaugenmerk.

      Als er damit fertig war verließ er das Zelt, zog den Eingang zu und verschloss das Zelt mit einem Vorhängeschloss an den dafür vorgesehenen Ösen, damit in seiner Abwesenheit niemand hinein konnte. Zur Zeit war er der Einzige, der über die beide Schlüssel für dieses Zelt verfügte. Dann ging er zu seinem, ihm von dem Institut bereit gestellten, Fahrzeug. Es war ein kleiner Jeep, ein alter, verstaubter schwarzer Suzuki Vitara mit Ladefläche, anstatt einer zweiten Sitzreihe. Es kam einem Pickup gleich, nur viel kleiner. Der Vitara parkte direkt vor dem Zelt und der sandige Staub auf dem Blech glitzerte golden in der Sonne.

      Enrico fuhr in die