FEURIGE RACHE. Ralf Feldvoß. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ralf Feldvoß
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738056068
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den Gerätschaften und den Schlafsäcken hinter sich herzog.

      Das Gerumpel der Räder von den Bollerwagen hallte in der Höhle nach und bewirkte zusammen mit dem ebenso widerhallenden Geräusch des Getrappels und Gestampfe der schweren Schuhe, die jeder tragen musste, ein unheimliches Gefühl in dieser Enge und Dunkelheit. Diesmal kamen sie problemlos und ohne durch irgendeinen Fehlalarm hervorgerufene Zwischenfälle gut voran. Die Karten schienen ihre Genauigkeit beizubehalten, es gab keine, oder nur geringfügige Abweichungen, die aber nicht der Rede wert waren.

      Der Geruch nach Schwefel schwankte sehr stark. Mal war es kaum auszuhalten und an anderen Stellen schien er fast gar nicht vorhanden zu sein. Hier roch man nur die Feuchtigkeit und wie zur Bestätigung gab es an diesen Stellen zahlreiche Rinnsale an denen Wasser die Wände hinab glitt und leise plätschernd und blubbernd im Boden verschwand. Und es wurde kälter. Waren es draußen noch an die dreißig Grad, entwickelte sich die Höhle mit zunehmender Feuchtigkeit den Temperaturen eines Kühlschrankes. Die Ersten zogen sich bereits die dicken Westen über, um nicht zu sehr zu frieren. Dies konnte nur bedeuten, dass sie sich vom Zentrum der vulkanischen Aktivität entfernten.

      Erst als sie nach knapp zwei Stunden an eine Abzweigung kamen, von der es in drei verschiedene Richtungen weiter ging, standen sie vor einem Problem. Auf der Karte gab es lediglich einen Weg, der von einer größeren Kaverne unterbrochen wurde, vorausgesetzt sie waren auch an dem Punkt der Karte, von dem sie annahmen, dass das ihr derzeitiger Standort war.

      Petra rief den Trupp zum Halt. „Wir machen hier eine kurze Pause von zwanzig Minuten!“, verkündete sie und bat Franz und Enrico zu sich.

      „Was meint ihr? Ist das der Punkt wo wir sein sollten, oder haben wir uns jetzt schon verlaufen?“, fragte sie mit einem Blick auf die Karte, die sie auf ihrem Schoß ausgebreitet liegen hatte. Selbstzweifel ergriffen sie. Sie war sich sicher, dass sie exakt den Weg genommen haben, den die Karte zeigte. Sie konnte sich auch nicht an irgendeinen abzweigenden Weg erinnern, an keinen noch so kleinen Durchlass, oder Spalte. Petra war sich absolut sicher an dem richtigen Punkt zu sein, sie hatte sich noch nie in einer Höhle verlaufen.

      „Ich bin mir sehr sicher, dass wir genau da sind wo wir sein sollten“, antwortete Franz und warf dabei ebenfalls einen Blick auf die Karte. Dann richtete er den Blick nach oben und deutete auf die Decke und die Wände. „Das, was wir vor uns sehen ist noch nicht sehr alt. Hier muss es in jüngster Vergangenheit einen Einsturz gegeben haben, ganz eindeutig, wenn ihr mich fragt. Dieser Einsturz hat dann diese Kaverne frei gegeben. Seht euch das Gestein mal ganz genau an, dann erkennt ihr die unterschiedlichen Schattierungen in der Farbe. Die helleren Stellen, das sind die Bruchstellen“, erklärte er.

      Petra und Enrico richteten ihre Blicke nach oben auf die angedeuteten Stellen, die Franz meinte. „Ich sehe was du meinst“, sagte Petra. „Da oben, an dem kleinen Knick kann man es gut erkennen. Aber was hat das dann zu bedeuten?“

      „Ich denke, dass kürzlich eine Erschütterung stattgefunden haben muss, ein Erdbeben, oder eine leichte Erdkrustenverschiebung. Es muss nicht einmal ein spürbares Erdbeben gewesen sein. Diese Erschütterung hat das Gestein über uns zum Einsturz gebracht und diese Kaverne, die demnach schon immer dahinter gelegen haben muss, frei gelegt. Ich vermute es gab an beiden Seiten eine Sackgasse. Bis zu dem Einsturz. Zeig mir nochmal die Karte“, bat Franz.

      Petra reichte sie ihm. „Siehst du, hier“, sagte Franz, während er auf eine bestimmte Stelle deutete. „Da müsste unser Weg weiter verlaufen. Er macht aber zügig eine Linksbiegung. Dieser Weg existiert nicht mehr, zugeschüttet durch den Einsturz. Und wenn dieser Weg der Einzige gewesen war, dann macht meine Theorie von der Sackgasse auch wieder Sinn, weil die anderen Wege, die wir jetzt sehen, eben vorher hinter einer Wand versteckt waren.“

      „Mit anderen Worten, ab hier können wir die Karten vergessen und müssen uns auf die Kompasse verlassen“, mischte sich nun auch Enrico in das Gespräch. „Kann man so sagen“, erwiderte Franz. „Wenn wir weiter gehen wollen, bleiben uns nur die Kompasse zur Orientierung.“ Ein fragender Blick glitt von Franz zu Petra.

      Sie schaute Franz erst etwas fragend an, bis sie begriff, was er von ihr hören wollte. „Natürlich gehen wir weiter!“, sagte sie dann. „Was ist das denn für eine Frage. Die entscheidende Frage lautet viel eher in welche Richtung wir gehen sollten.“

      Daraufhin beugten sie sich über die Karte und verglichen diese mit der Umgebungskarte von Neapel, um zu entscheiden, welche Richtung sie einschlagen sollten. „Nordost möchte ich meinen“, schlug Franz vor. „Sehe ich auch so“, fügte Petra hinzu. „Dann müssten wir uns langsam dem Kerngebiet des Vesuv nähern.“

      Somit war dies entschieden und der Trupp setzte sich wieder in Bewegung. Die Pause hatte nicht ganz die zwanzig Minuten gedauert, die Petra zunächst angekündigt hatte und das führte vereinzelt, besonders bei den Studenten, zu einem gewissen Unmut. Denn gerade die hatten die schwerste Arbeit momentan zu verrichten, mit dem Ziehen der Bollerwagen durch dieses unwägbare Gelände.

      Nach Nordosten führte der rechte, der sich vor ihnen befindlichen Wege. Sie durchquerten die Kaverne und Petra konnte es nicht lassen laufend nach oben zu schauen und sich die Höhlendecke anzusehen. Einerseits, weil sie nach den Bruchstellen schauen wollte, die wirklich, wenn man wusste wonach man gucken musste, sehr offensichtlich waren, und andererseits, weil sie ernsthaft befürchtete, dass noch mehr Gestein zusammenbrechen könne, obwohl diese Gedanken einer Höhlenforscherin eigentlich fremd sein sollten.

      Nach einem Marsch von über drei Stunden durch die Höhle kamen sie wieder in der Kaverne an, von wo sie weiter gegangen waren. Unschwer anhand der hellen Bruchstellen und den Fußspuren in dem teilweise auf dem Boden vorhandenen Sand zu erkennen.

      „Wieso sind wir jetzt wieder hier? Das kann doch nicht sein, wir sind doch stets in nordöstliche Richtung gegangen.“ Petra winkte Alessandro zu sich heran. „Stimmt mit den Kompassen vielleicht irgendwas nicht?“, fragte sie ihn mit einem misstrauischen Unterton in der Stimme.

      „Kann ich mir nicht vorstellen“, antwortete Alessandro während er sich seinen Kompass genauer betrachtete. „Ich meine, die funktionieren nicht nach dem Prinzip der Elektronik, sondern nach dem Magnetismus und der lässt sich nicht mal eben so verändern. Magnete reagieren immer gleich.“

      „Ja und? Kann es denn nicht sein, dass sie beispielsweise nach Norden zeigen und doch führt der Weg nach Westen?“, fragte Petra. Sie war sich sicher, dass sie schon häufiger von solchen Phänomenen gehört hatte, dass ein Kompass von irgendeiner Störung abgelenkt wurde.

      „Natürlich ist das möglich, dass ein Kompass die falsche Richtung anzeigt, aber nur wenn ein sehr starkes Magnetfeld das natürliche Feld der Erde stört.“

      Petra dachte darüber nach. Ein stärkeres Magnetfeld? Wo sollte das herkommen? Und wieso zeigten dann die Kompasse die ganze Zeit in dieselbe Richtung und sie sind trotzdem im Kreis gelaufen? Da stimmte doch was nicht!

      „Was ist denn mit den anderen Geräten?“

      „Was soll mit denen sein?“ Alessandro guckte Petra mit einem verwirrten und verständnislosen Blick an.

      „Funktionieren die alle einwandfrei? Wenn ein fremdes, nicht definiertes Magnetfeld die Kompasse stört, dann müssten doch auch die elektrischen Geräte in ihrer Funktion gestört sein, richtig? Ich denke da an das Thema EMP. Ein geändertes Magnetfeld lässt auch elektrische Geräte nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten. Vielleicht ist das auch die Erklärung warum der Seismograph gestern den Fehlalarm auslöste.“

      „Hm, möglicherweise. Einen Fehler an dem Seismographen konnte ich nämlich nicht finden. Ich überprüfe das mal rasch.“ Alessandro begab sich zu dem Messwagen auf dem sämtliche Geräte mitgenommen wurden, um die Überprüfungen durchzuführen.

      Währenddessen ließ Petra sich alle verfügbaren Kompasse bringen. Sie wollte sehen, ob sie alle die selbe Richtung anzeigten, oder ob es gar hierbei Abweichungen gab. Dem war aber nicht so.

      Sie dachte darüber nach und kam auf den absurden Gedanken, dass es sich eventuell um eine bewusst herbeigeführte Manipulation handeln könnte. In diesem Moment kam ihr auch wieder