Komplexe Dynamische Evaluation (KDE): Ein Instrument zur Optimierung des universitären Fremdsprachenunterrichts. Christoph Waldhaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Waldhaus
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783823300410
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a priori nicht unbedingt mit Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, Ratings und dergleichen assoziiert werden, aber mit den Themen dieses Buches in direkter Verbindung stehen, wie z.B. die Sprachlehrforschung oder die Fremdsprachendidaktik.

      Hätte man beispielsweise Qualitätsverbesserung, Qualitätssicherung, Evaluation, Audit, Akkreditierung, Sicherung von Standards, KundInnenzufriedenheit etc. vor etwa 25 Jahren an den Universitäten noch hauptsächlich mit Wirtschafts-, Unternehmens- und Managementwissenschaften assoziiert, oder generell mit Produktion, Produkten und Dienstleistungen etc. in Verbindung gebracht, so haben sich diese heute in fast allen wissenschaftlichen Bereichen etabliert und auch im Bildungssektor bzw. im Bereich des Fremdsprachenunterrichts Einzug gefunden. Hier spricht man u.a. von pädagogischer Qualität, didaktischer Qualität, Bildungsstandards oder diskutiert z.B. die Anwendung diverser Normen auf die Hochschule (siehe z.B. Knoll 2005).

      Während der Impuls der Qualitätssicherung und -entwicklung in Wirtschaftsunternehmen überwiegend von innen heraus entstand und in vielen Bereichen eine unabdingbare Voraussetzung darstellte, um erfolgreich am nationalen und internationalen Wettbewerb teilnehmen zu können, so waren bei den Bildungseinrichtungen zu Beginn vor allem externe Faktoren, wie zum Beispiel Impulse aus der Politik ausschlaggebend, um das Rad in Sachen Qualität ins Rollen zu bringen (vgl. Kaufmann 2009:9). Spätestens seit Ende der 1990er Jahre findet man jedoch auch im Hochschulbereich vermehrt ein von innen gesteuertes Bestreben, nicht nur qualitativ hochwertige Forschung, sondern auch Qualität in der Aus- und Weiterbildung zu forcieren. Qualität ist folglich »zu einem zentralen Fokus der theoretischen, forschungsmethodischen und gestalterischen Bemühungen geworden« (Helmke/Hornstein/Terhart 2000:7). Dasselbe trifft auf Evaluation zu.

      Dies zeigt auch die nahezu unüberschaubar gewordene Zahl1 an Publikationen, Projekten, Tagungen und Kongressen zu diesen Themen, die allein in den vergangenen Jahren zu beobachten war. So finden beispielsweise seit Anfang der 1990er Jahre von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in regelmäßigen Abständen initiierte Tagungen und Kongresse zu den Themen Qualität und Qualitätsmanagement bzw. Evaluation an Hochschulen statt, und es wurden auch bereits einige mehrjährige Projekte von der HRK zu diesen Themen ins Leben gerufen.

      Auch in Österreich rückte das Thema der Qualitätssicherung und -entwicklung in der Bildung in den Fokus vermehrter Aufmerksamkeit. Eine erste Tagung zum Thema Qualitätsentwicklung in der Erwachsenenbildung wurde zum Beispiel im Jahr 2000 am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung durchgeführt. Hierzu erschien ebenso die gleichnamige Publikation. Im Bereich der Hochschulen wurden nicht nur zahlreiche Forschungsprojekte zu diesen Themen ins Leben gerufen, sondern 2012 auch die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) gegründet, die, wie auf der Homepage deklariert, als unabhängige Einrichtung für Qualitätssicherung, Evaluierung und Zertifizierung im Hochschulbereich u.a. externe Qualitätssicherungsverfahren und Audits durchführt, um die Qualitätsentwicklung an den österreichischen Hochschulen zu fördern.

      2.1.4 Zwischenresümee

      Resümierend kann somit festgehalten werden, dass sowohl Qualität als auch Evaluation in der heutigen Zeit weder aus dem Alltag noch aus der Wissenschaft wegzudenken, sondern – ganz im Gegenteil – auch im Bildungsbereich in aller Munde sind. Selbst wenn die beiden Termini nicht immer explizit die Themen eines Werkes oder einer Veranstaltung darstellen, so muss man sich in der Regel nicht allzu lange in Geduld üben, bis einer dieser Begriffe in der einen oder anderen Art Erwähnung findet – und sei es nur in Form eines Feedbacks zur Qualitätsoptimierung oder -sicherung, um das man als Lehrperson das Auditorium am Ende einer Lehrveranstaltung bzw. die TeilnehmerInnen einer Fortbildung oder Tagung bittet, oder um welches man selbst vom/von der Vortragenden gebeten wird.

      Im Bereich der Hochschulen werden die beiden Begriffe auch vielfach miteinander kombiniert, was dann als Qualitätsoptimierung durch Evaluation1 bezeichnet wird und das Herzstück dieser Arbeit bildet. Zahlreiche Verfahren, allen voran das Evaluieren von Lehrveranstaltungen (siehe Kapitel 3), haben sich hierzu mittlerweile auch im Bildungsbereich auf allen Ebenen etabliert. Obwohl das Evaluieren, spätestens seit es in den Hochschulgesetzen im deutschsprachigen Raum gesetzlich verankert ist (für Österreich siehe Kohler, 2009, für Deutschland siehe Schmidt, 2009 und für die Schweiz siehe Rhyn, 2009), einen fixen Bestandteil des universitären Qualitätsmanagements darstellt, ist es nach wie vor heftig umstritten und wird von manchen sogar als Evaluitis (Simon 2000, Frey 2007) bezeichnet.

      Dies hat unterschiedliche Ursachen, die in den folgenden Kapiteln im Detail diskutiert werden. Es sei jedoch bereits an dieser Stelle vorweggenommen, dass nach Analyse der Sachlage die Hauptgründe für eine Evaluitis in vielen Fällen relativ einfach auf den Punkt gebracht werden können: Sie entsteht vor allem dann, wenn Maßnahmen, die der Qualitätsverbesserung dienen sollen, mit wenig durchdachten Methoden durchgeführt werden, mit einem erheblichen Aufwand von Seiten der Beteiligten verbunden sind und gleichzeitig kaum ein sinnvolles und nachhaltiges Follow-up in Form von Verbesserungen nach sich ziehen.

      Natürlich impliziert das hier Gesagte auch, dass Veränderungen, ganz besonders dann, wenn sie der Verbesserung dienen sollen, immer mit einem gewissen Aufwand verbunden sind. Dieser Umstand lässt sich nicht negieren. Es ist jedoch anzunehmen, dass Methoden der Verbesserung auf weniger Widerstand bzw. auf bessere Akzeptanz stoßen, wenn sie sich durch Effizienz und Effektivität auszeichnen und sich mit dem damit verbundenen Mehr an Arbeit für die Beteiligten auch eine tatsächliche Verbesserung einer suboptimalen Situation einstellt.

      Ein zentrales Anliegen dieses Buches stellt daher auch die Entwicklung eines Evaluationsmodells dar, welches diesen Forderungen gerecht zu werden versucht und dadurch einer übermäßigen Evaluitis weitgehend entgegenwirken soll. Völlig verhindern kann man den mit qualitätsoptimierenden Maßnahmen verbundenen Mehraufwand jedoch nie, denn wie schon eine philosophische Beobachtung verdeutlicht: Ex nihilo nihil fit.

      Bevor in den folgenden Kapiteln ausgeführt wird, welche Komponenten und Rahmenbedingungen ein Evaluationsmodell im Detail benötigt, damit es sich durch Effektivität und Effizienz auszeichnet, soll an dieser Stelle kurz auf die zentralen qualitätsoptimierenden Maßnahmen an Hochschulen eingegangen werden, da diese eine wichtige Basis für sämtliche weitere Ausführungen darstellen und ein Grundverständnis derselben für das Nachvollziehen vieler in diesem Buch beschriebenen Schritte essentiell ist.

      2.2 Qualitätsoptimierende Maßnahmen an Hochschulen

      An europäischen1 Universitäten wird seit gut zwei Jahrzehnten verstärkte Aufmerksamkeit auf qualitätsoptimierende Maßnahmen gerichtet, die auch nach außen transparent gemacht werden (müssen). Die Gründe hierfür sind vielfältig und hängen mit unterschiedlichen Faktoren zusammen, die seit Ende des zweiten Weltkrieges zu beobachten sind: Neave (vgl. 2012:3) nennt in diesem Zusammenhang die grundsätzlichen Veränderungen, die das Dreieck Regierung, Gesellschaft und Universität betreffen, und Weingart (vgl. 2003) spricht von einer generell stärkeren Bindung der Hochschulen an Politik, Wirtschaft und Medien.

      Zudem kommen zu den traditionellen Aufgaben der Universitäten, die sich im Bereich der Forschung und Lehre befinden, neue Pflichten hinzu, die den Hochschulen im Interesse der Gesellschaft und/oder der Wirtschaft unter dem Deckmantel der Wettbewerbsfähigkeit auferlegt werden (vgl. Neave 2012:3). Weingart (vgl. 2003:110) bezeichnet diese sogenannte »dritte Mission« als kommerziell orientierten Innovationsmotor für die Industrie. Der damit in Verbindung stehende Druck auf Universitäten vergrößerte sich besonders auch in Europa durch die Lissabon-Strategie2, die darauf abzielte, die Europäische Union bis zum Jahr 2010 »zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum« der Welt zu machen.

      Trotz dieser hier angeführten Veränderungen und dem damit vielfach einhergehenden Wandel hinsichtlich der Finanzierung der Universitäten beziehen öffentliche Hochschulen nach wie vor einen Großteil ihrer finanziellen Mittel aus staatlichen Ressourcenzuwendungen, wenngleich diese heute nicht mehr so bedingungslos sind wie etwa noch vor 30 Jahren. Als Ausnahmebeispiel für Finanzierung wäre hier das britische Hochschulsystem vor