3.2.5 Allgemeinsprachliche vs. wissenschaftliche Evaluation
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs Evaluation Klarheit schaffen soll, ist die Abgrenzung der allgemeinsprachlichen Evaluation von der wissenschaftlichen Evaluation. Spricht man von einer allgemeinsprachlichen Evaluation, wie etwa jener im oben angeführten Zitat von Kromrey (vgl. 2001:21) bei welcher irgendetwas von irgendjemandem nach irgendwelchen Kriterien in irgendeiner Weise bewertet wird, oder handelt es sich um eine Evaluation im wissenschaftlichen Kontext, die auch wissenschaftlichen Kriterien und Standards gerecht werden muss? Für letztere sind, wie Stockmann (2004:2) ausführt, »empirische Methoden zur Informationsgewinnung und systematische Verfahren zu Informationsbewertung anhand offengelegter Kriterien« erforderlich, »die eine intersubjektive Nachprüfbarkeit möglich machen«.
Kromrey (2001:22) verdeutlicht diesbezüglich, dass bei einer wissenschaftlichen Evaluation nicht irgendetwas beurteilt werden soll, sondern »ein eindeutig zu definierender und empirisch abgrenzbarer Gegenstand oder Sachverhalt«. Zudem ist nicht irgendjemand für die Informationssammlung und Analyse zuständig, sondern »eine mit der notwendigen Kompetenz versehene Evaluations-Instanz«. Darüber hinaus soll nicht nach irgendwelchen Kriterien und nicht in irgendeiner Weise evaluiert werden, sondern »nach explizit auf den Sachverhalt bezogenen und begründeten Beurteilungskriterien und Standards, sowie in einem objektivierten Verfahren im Rahmen eines im Detail geplanten Evaluationsdesigns«.
Demgemäß müssen, wenn es sich bei einer Evaluation nicht nur um die einfache Abgabe eines subjektiven Werturteils handeln soll, wie dies bei den in 1.3 analysierten Evaluationsmodellen vielfach der Fall war, sondern wenn es sich um eine Evaluation im wissenschaftlichen Kontext handelt, wesentliche Kennzeichen und Kriterien erfüllt bzw. Standards berücksichtigt werden, die eine empirisch-wissenschaftliche Evaluation von einer Alltagsbewertung unterscheiden.
3.2.5.1 Kennzeichen wissenschaftlicher Evaluation
Wottawa/Thierau (vgl. 1998:14) führen folgende Kennzeichen für eine wissenschaftliche Evaluation an:
1 Evaluation dient als Planungs- und Entscheidungshilfe und hat daher etwas mit der Bewertung von Handlungsalternativen zu tun.
2 Evaluation ist ziel- und zweckorientiert. Ihr primäres Ziel besteht darin, praktische Maßnahmen zu überprüfen, zu verbessern oder über sie zu entscheiden.
3 Evaluationsmaßnahmen sollten dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Techniken und Forschungsmethoden angepasst sein.
Neben den drei genannten Kennzeichen führen sie (ibid.) zudem an, dass ethisch-moralische Überlegungen nicht vernachlässigt werden dürfen, denn EvaluatorInnen »verändern durch ihre Arbeit beratend (manchmal sogar als Entscheider) die Lebensumstände anderer Menschen gezielt und erheben dabei den Anspruch, aufgrund ihrer ›Wissenschaftlichkeit‹ über Kompetenzen zu verfügen, die dem ›Laien‹ fehlen«.
3.2.5.2 Kriterien wissenschaftlicher Evaluation
Für Stockmann (vgl. 2010:66) zeichnet sich eine wissenschaftliche Evaluation durch folgende Kriterien aus:
1 Die Evaluation ist auf einen klar definierten Gegenstand bezogen.
2 Für die Informationsgenerierung werden objektivierende empirische Datenerhebungsmethoden eingesetzt.
3 Die Bewertung erfolgt explizit auf den zu evaluierenden Sachverhalt und anhand präzise festgelegter und offengelegter Kriterien.
4 Die Bewertung wird mit Hilfe systematischer Verfahren vorgenommen.
5 Die Evaluation wird von dafür besonders befähigten Personen (EvaluatorInnen) durchgeführt.
6 Ziel der Evaluation ist, auf den Evaluationsgegenstand bezogene Entscheidungen zu treffen.
Zudem stellen Evaluationen keinen Selbstzweck dar und sind nicht nur dem puren Erkenntnisinteresse verpflichtet, sondern sollen einen Nutzen stiften und dazu beitragen, Prozesse transparent zu machen, Wirkungen zu dokumentieren und Zusammenhänge aufzuzeigen, um dadurch Entscheidungen treffen zu können, die dazu beitragen, die Qualität einer Maßnahme, eines Programms oder einer Dienstleistung zu optimieren (vgl. Stockmann 2006:65).
Ist im wissenschaftlichen Kontext der systematische Zugang essentiell, stellt dieser im Alltag keine Notwendigkeit dar. In beiden Fällen verfolgt die Evaluation jedoch ein bestimmtes Ziel oder einen bestimmten Zweck, wie z.B. auf Basis der aus der Evaluation gewonnenen Erkenntnisse eine Entscheidung zu treffen, die zu einer Optimierung eines Prozesses oder Produktes – im konkreten Fall, des universitären Fremdsprachenunterrichts – führt.
Damit eine wissenschaftliche Evaluation auch die für jede andere wissenschaftliche Untersuchung geforderten Kriterien der Neutralität, Objektivität, Validität und Reliabilität erfüllt, ist eine Herangehensweise zu wählen, die man auch für andere wissenschaftliche Untersuchungen anwenden würde: Zuerst ist eine Fragestellung zu formulieren, dann muss eine Methode gewählt und beschrieben werden, die jene Daten erhebt, die zur Beantwortung der Frage führen. Der bewertende Aspekt, der bei einer Evaluation besonders stark im Vordergrund steht, darf jedoch nicht mit der Abgabe eines subjektiven Werturteils verwechselt werden. Hier ist von eminenter Wichtigkeit, dass die Kriterien, anhand welcher der Ist-Soll-Vergleich durchgeführt wird, sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, exakt festgelegt werden und nicht nur für alle nachvollziehbar sind, sondern sich auch auf etablierte Standards beziehen, wie beispielsweise die Evaluationsstandards und die ESG.
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