Die Ausbildungsreformen im Bereich der Gesundheitsberufe führten zu einer Zunahme der Abschlüsse in diesem Bereich. Dies lag vor allem an der Ausbildung für Fachleute Gesundheit (FaGe), die im Jahr 2010 schweizweit am viertmeisten Antritte von Lehrverhältnissen verzeichnete (Blanchard, 2012; BBT, 2010, S. 14; 2012a, S. 15). Gleichzeitig nahm in den ersten Jahren nach der Revision des BBG die Zahl der Abschlüsse von Pflegeassistenten (nach altem Reglement) ab, was noch nicht durch die erst 2010 eingeführte EBA-Ausbildung für Assistenten Gesundheit und Soziales aufgefangen wurde (BBT, 2010, S. 14). Während der ersten Jahre nach der BBG-Revision sank auch die Zahl der Abschlüsse im Pflegebereich auf Tertiärniveau B. Dieser Rückgang konnte zahlenmässig jedoch durch den Aufbau von Angeboten von Fachhochschulen ausgeglichen werden, die vor allem in der Westschweiz als Schlüssel zu mehr Qualifikationen im Gesundheitsbereich betrachtet werden (BBT, 2010, S. 14; Seiler, 2012).
Auch wenn die Reform der Gesundheitsberufe dank der Einführung der FaGe-Ausbildung insgesamt zu mehr Abschlüssen im Gesundheitsbereich geführt hat, wird immer noch deutlich zu wenig Personal für den Gesundheitsbereich der Schweiz ausgebildet. So errechneten die Behörden auf der Basis der Anzahl zwischen 2000 und 2009 im Mittel ausgestellter Diplome, dass in den Jahren bis 2020 ein zusätzlicher jährlicher Nachwuchsbedarf von 2103 Abschlüssen auf der Sekundarstufe II und 2415 Abschlüssen auf der Tertiärstufe bestehe, was einem zusätzlichen Bedarf von 48 bzw. 51 Prozent entspricht (BBT, 2010, S. 38). Aus diesem Grund wurde 2010 der «Masterplan Gesundheitsberufe» lanciert, dessen Umsetzung vom BBT koordiniert wird. Dabei stehen zwei Aspekte im Vordergrund, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll: Zum einen soll eine bedarfsgerechte Zahl an Ausbildungs- und Praktikumsplätzen geschaffen werden. Zweitens soll die im Gesundheitsbereich noch nicht stark verwurzelte Bildungssystematik besser umgesetzt werden, und drittens sollen Massnahmen zur besseren Qualifizierung ausländischer Fachkräfte getroffen werden (BBT, 2010, S. 47–53).
Die Bereitstellung einer bedarfsgerechten Zahl an Ausbildungs- und Praktikumsplätzen ist deshalb wichtig, weil nur so mehr Abschlüsse auf der Sekundarstufe II möglich sind. Tatsächlich übertrifft die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen für die FaGe-Ausbildung das entsprechende Angebot um fünf bis zehn Prozent. Dieser Mangel an Ausbildungsplätzen wird mittlerweile mit dem Hinweis auf effektive Nettokosten für die ausbildenden Spitäler erklärt (BBT, 2010, S. 6, 16). Aus diesem Grund hat etwa der Kanton Bern beschlossen, die Spitäler zwar zur Beteiligung an der beruflichen Grundbildung zu verpflichten (Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern, 2010b, S. 163), jedoch gleichzeitig deren dadurch entstehende Mehrkosten über Zuschüsse aus dem Etat der Gesundheits- und Fürsorgedirektion zu decken. So werden seit 2009 sogenannte FaGe-Pauschalen ausbezahlt, die je nach Ausbildungstyp zwischen 5000 (Ausbildungsplatz ohne Berufsmaturität) und 20 000 Franken (Ausbildungsplatz mit Berufsmaturität) betragen (Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern, 2010a, S. 2). Der Kanton Zürich geht anders vor. Auch er verpflichtet die Spitäler zwar zur Ausbildung; die dadurch entstehenden Mehrkosten werden aber nicht von der Gesundheitsdirektion gedeckt, vielmehr wird von den Spitälern erwartet, dass sie die zusätzlichen Kosten im Rahmen der durch die Fallpauschalen gegebenen Möglichkeiten selbst übernehmen. Spitäler, die sich nicht an der Ausbildung beteiligen, haben eine Entschädigung in einen entsprechenden Fonds zu bezahlen (Kantonsrat des Kantons Zürich, 2011; Regierungsrat des Kantons Zürich, 2012).
Herausforderungen ergeben sich auch bei der Umsetzung der Bildungssystematik, wobei der Bund und die Behörden zum Teil unterschiedliche Vorstellungen haben, wie diese zu bewerkstelligen sei. Besonders kontrovers wird in diesem Zusammenhang die Rolle der Fachmittelschulen diskutiert, die nach drei Jahren über den Fachmittelschulabschluss – als Alternative zur FaGe-Ausbildung – direkt zu höheren Fachschulen (HF) und nach einem zusätzlichen, stark praxisorientierten Jahr über die Fachmaturität zu Fachhochschulen führen sollen (vgl. EDK, 2003). Auch dafür gibt der Kanton Zürich ein instruktives Beispiel ab: Hier plante der Bildungsrat zur Erhöhung der Zahl von FaGe-Abschlüssen die Schaffung eines Profils «Gesundheit und Naturwissenschaften» an Fachmittelschulen, deren Lernende nach drei Jahren einen Fachmittelschulabschluss und nach einem weiteren Schuljahr einen FaGe- und einen Berufsmaturitätsabschluss hätten erwerben können. So wollte man erreichen, dass die Lernenden nach Abschluss der Fachmittelschule direkt in den Arbeitsmarkt eintreten könnten und gleichzeitig die Möglichkeit erhielten, auf Stufe der höheren Berufsbildung eine Ausbildung (etwa als Pflegefachfrau/-mann) zu absolvieren (Bildungsrat des Kantons Zürich, 2006). Der Ausbildungsgang konnte allerdings nie angeboten werden. Dies lag primär an Vorbehalten des BBT, das diesen Weg zum Abschluss als FaGe als nicht mit den Vorgaben des BBG konform betrachtete, vor allem was den Anteil der Bildung in beruflicher Praxis betraf. Entsprechend wurde das geplante Studienprofil zwar geschaffen, doch führt es nun nach vier Jahren lediglich zur Fachmaturität und nicht zum EFZ FaGe (Bildungsrat des Kantons Zürich, 2011).
Eine doppelte Herausforderung ergibt sich auch für die Fachmittelschulen in der Westschweiz, deren Ausbildungen im Gesundheitsbereich im Vergleich zur Deutschschweiz überproportional grosse Nachfrage erzeugt haben. Zum einen erwerben die meisten Studierenden bloss den Fachmittelschulausweis, der sie in Zukunft nur noch dazu berechtigen soll, ihre Ausbildung an einer höheren Fachschule (HF) fortzusetzen – und nicht an Fachhochschulen, wie dies zurzeit noch Praxis ist. Allerdings gibt es bis heute in der Westschweiz nur eine einzige höhere Fachschule im Pflegebereich – bezeichnenderweise im französischsprachigen Teil des Kantons Bern –, da die Westschweizer Kantone auf den Ausbau der Fachhochschulen setzen (BBT, 2010, S. 23). Zum anderen ist besonders für die Westschweizer Kantone auch der Zugang zur Fachhochschule über die Fachmittelschule noch mit grossen Unsicherheiten behaftet, da er grundsätzlich nur jenen Absolventinnen und Absolventen von Fachmittelschulen offensteht, die auch die Fachmaturität erworben haben. Da dies jedoch nur nach einem Praxisjahr in entsprechenden Einrichtungen der Gesundheitswesens möglich ist und Praktikumsstellen besonders in der Westschweiz rar sind, erwerben in der Westschweiz unterdurchschnittlich viele Schülerinnen und Schüler von Fachmittelschulen die Fachmaturität. Die Bundesbehörden, insbesondere das BBT, sind daher der Ansicht, dass die Westschweizer Kantone auf den Aufbau von höheren Fachschulen setzen sollten (BBT, 2010, S. 20, 23). Doch selbst in der Deutschschweiz ist der Status von Abschlüssen an vielerorts erst im Aufbau befindlichen höheren Fachschulen nicht ganz klar, was wegen der grossen Zahl von Arbeitskräften aus dem Ausland bei möglichen Studierenden Unsicherheit schafft und sicherlich auch seinen Teil dazu beiträgt, dass die Nachfrage