Arbeitsplatz Tagesschule (E-Book). Regula Windlinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Regula Windlinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783035516296
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den Belastungen grosse Anstrengung erfordert, von welcher sich die Person nicht genügend erholen kann, dann wirken die Belastungen als Stressoren (Bakker & Demerouti, 2014). Mit Belastungen gehen Personen unterschiedlich um. Dies hat mit individuellen Merkmalen wie dem Gesundheitszustand oder vorhandenen Kompetenzen zu tun (Semmer & Udris, 2004). Dementsprechend werden Belastungen in der neueren Literatur teilweise eingeteilt in herausfordernde und hinderliche Belastungen. Herausfordernde Belastungen bezeichnen Belastungen oder Anforderungen, die als Herausforderungen wirken können und deren erfolgreiche Bewältigung motivierend ist und als Lerngelegenheit wahrgenommen wird. Ein Beispiel dafür wäre die erfolgreiche Bewältigung einer Arbeit unter Zeitdruck. Im Gegensatz dazu werden hinderliche Belastungen als für die Zielerreichung hinderlich wahrgenommen. Dazu gehören beispielsweise Rollenkonflikte oder unklare Aufgaben (Crawford, Lepine & Rich, 2010).

      Wenn Personen bei der Arbeit über einen längeren Zeitraum Belastungen ausgesetzt sind, dann müssen sie, um die normale Leistung aufrechtzuerhalten, zusätzliche Anstrengungen erbringen. Diese Zusatzanstrengungen sind mit physischen und mentalen Kosten verbunden. Dazu gehören beispielsweise Müdigkeit oder Irritation (Beanspruchungsreaktionen, vgl. Rudow, 2017). Längerfristig führt die Aufrechterhaltung dieser zusätzlichen Anstrengung zu einem Energieabbau und zu emotionaler Erschöpfung (Bakker & Demerouti, 2007). Emotionale Erschöpfung ist – zusammen mit Depersonalisierung, Zynismus und reduzierter Leistungsfähigkeit – ein Element von Burnout (Demerouti & Bakker, 2008). Es gibt unterschiedliche Definitionen von Burnout, oft wird es als ein Syndrom mit diesen drei Dimensionen beschrieben (Schaper, 2014b). Einigkeit herrscht in der Literatur dahingehend, dass die energetische Dimension, also die emotionale Erschöpfung, den Kern des Burnouts ausmacht (Blöchliger & Bauer, 2018). Die Forschung zeigt, dass Burnout mit verschiedenen negativen gesundheitlichen Konsequenzen sowie mit verminderter Arbeitsleistung und erhöhten Abwesenheitsraten verbunden ist (Bakker et al., 2014).

      3.3 Zusammenwirken von Ressourcen und Belastungen

      Für die Entwicklung von Stress und Motivation ist die Wechselwirkung von Ressourcen und Belastungen wichtig. Ressourcen können den Einfluss von Belastungen auf das Stresserleben und auf Beanspruchungsfolgen wie Burnout vermindern, da sie die Wahrnehmung von und den Umgang mit den Belastungen beeinflussen (Schaper, 2014b). Weiter haben Ressourcen besonders dann einen starken Einfluss auf die Motivation, wenn die Belastungen hoch sind. Ressourcen sind also insbesondere dann bedeutsam, wenn die Bedingungen herausfordernd sind (Demerouti & Bakker, 2011). Neuere Studien haben das Modell erweitert und zusätzlich auch die Ressourcen der Person einbezogen, wie beispielsweise Optimismus oder Selbstwirksamkeitserwartungen. Diese personalen Ressourcen können einen direkten oder indirekten Einfluss auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden haben. Indirekt wirken sie, indem sie die Wahrnehmung der Arbeitsmerkmale beeinflussen oder die Wirkung von Belastungen auf das Beanspruchungserleben abschwächen (Schaufeli & Taris, 2014).

      3.4 Arbeit und Gesundheit in der schulergänzenden Bildung und Betreuung

      In den folgenden Abschnitten übertragen wir den anhand des Job-Demands-Resources-Modells dargestellten Prozess des Zusammenwirkens von Ressourcen und Belastungen auf die Situation von Leitungspersonen und Mitarbeitenden in der SEBB.

      Dabei beziehen wir auch Merkmale der Person und Merkmale der Einrichtung mit ein, da die Belastungen und Ressourcen als Aspekte der Arbeitstätigkeit sowohl durch Merkmale der Mitarbeitenden als auch durch Merkmale der Organisation beeinflusst werden (Blöchliger & Bauer, 2014). Dieses erweiterte JD-R-Modell wurde bereits in Studien im Bereich der frühkindlichen Betreuung eingesetzt (Blöchliger, 2017; Viernickel, Voss, Mauz, Gerstenberg & Schumann, 2013) und dient in unserem Forschungsprojekt als Rahmenmodell (Abbildung 2). Die Merkmale der Person und die Merkmale der Organisation sind gegeben. Zu den Merkmalen der Person gehören beispielsweise die Qualifikation oder das Alter, zu den Merkmalen der Organisation gehören die Raumausstattung oder das Vorhandensein eines pädagogischen Konzeptes.

      Abbildung 2: Rahmenmodell (adaptiert nach Bakker und Demerouti, 2007, Bauer und Jenny, 2012, und Blöchliger, 2017)

      3.5 Woraus besteht die Arbeit der Mitarbeitenden in der SEBB?

      Die Arbeit besteht hauptsächlich aus der unmittelbaren pädagogischen Arbeit, also der direkten Arbeit mit den Kindern, und der mittelbaren pädagogischen Arbeit. Die mittelbare pädagogische Arbeit «bezeichnet diejenigen Tätigkeiten einer Betreuungsperson, die nicht die direkte Arbeit mit dem Kind betreffen, aber in mittelbarem Zusammenhang damit stehen. Dazu gehören beispielsweise Sitzungen, Anleitungsaufgaben, Elterngespräche, Dokumentationen, Qualitätsmanagement oder Weiterbildungen» (Kibesuisse, 2017, S. 15).

      Zur unmittelbaren pädagogischen Arbeit, der Betreuung, Begleitung und Förderung der Kinder, gehören beispielsweise das gemeinsame Essen, die Unterstützung bei den Hausaufgaben, die Begleitung der Kinder auf dem Weg vom Kindergarten in die Einrichtung, oder die Begleitung bei Freizeitaktivitäten. Schüpbach, Rohrbach-Nussbaum und Grütter (2018) unterscheiden zwischen geleiteten und freien Aktivitäten. Die geleiteten Aktivitäten werden von den Mitarbeitenden geführt, haben einen zeitlichen Anfangs- und Endpunkt, finden in einer festen Gruppe statt und werden regelmässig wiederholt. Weiter sind sie freiwillig, jedoch verbindlich, wenn sie gewählt wurden (Schüpbach et al., 2018). Die Autorinnen zählen dazu beispielsweise gemeinsame Mahlzeiten, Hausaufgabenbetreuung, sportliche Aktivitäten oder gemeinsame Bibliotheksbesuche. Unter freien Aktivitäten «werden Tätigkeiten verstanden, die während der Phase des freien Spiels stattfinden» (ebd., S. 148). Die Kinder können auswählen, womit und wo sie ihre Zeit verbringen möchten, und auch zwischen verschiedenen Aktivitäten wechseln. Die Rolle der Betreuungsperson unterscheidet sich zwischen diesen beiden Arten von Aktivitäten. Geleitete Aktivitäten werden angeleitet oder geführt, bei den freien Aktivitäten werden die Kinder bei Bedarf unterstützt. Rudow (2017) unterscheidet insgesamt für Erzieherinnen (in Ganztagsschulen aber auch in Kitas) folgende Teiltätigkeiten: Bildungsarbeit, Sprachförderung, Beobachtung, Dokumentation und Administration, Pflegearbeiten, Verpflegung, Beaufsichtigung, Elternkontakt, Reinigungstätigkeiten, Weiterbildung/Supervision, Einzelkontakt mit Kind, Weg und Pause, Spielen, Basteln, Besprechung sowie Qualitätssicherung und -entwicklung. Dabei hebt er als wesentliches Merkmal dieser Arbeit hervor, dass oft mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen sind («Multitasking», z.B. Unterstützung eines einzelnen Kindes bei einer Aufgabe und gleichzeitige Beaufsichtigung der ganzen Gruppe).

      3.6 Arbeit und Gesundheit in der SEBB: Stand der Forschung

      Das Personal und die Arbeitsbedingungen in der SEBB wurden bisher wenig erforscht. Es fehlt somit empirisch basiertes Wissen zu den Zusammenhängen zwischen den Arbeitsbedingungen, Merkmalen der Mitarbeitenden und deren Gesundheit, Zufriedenheit und Arbeitsfähigkeit. Die Erkenntnisse aus der Forschung, die uns als Ausgangspunkt für die Entwicklung unseres Forschungsprojekts dienten, stammen darum nur teilweise aus der SEBB in der Schweiz, sondern auch aus Ganztagsschulen in Deutschland oder aus Forschungsprojekten im Bereich der vorschulischen Betreuung in Kitas in der Schweiz und in Deutschland.

      Die Evaluation «Schülerclubs und Tagesschulen in der Stadt Zürich» (Forrer & Schuler, 2010) untersuchte neben der Zufriedenheit der Eltern mit dem Angebot die Gestaltungsmöglichkeiten und Strukturen der Einrichtungen. Sie konnten zeigen, dass ein hoher Kooperationsgrad in den multiprofessionellen Teams ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Weiter gibt die Evaluation auch Hinweise zu den Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden in den Einrichtungen: Diese erleben die Arbeit als intensiv, es bestehen Ungleichheiten in den Anstellungsbedingungen, Stellen können teilweise nicht adäquat besetzt werden. Gleichzeitig erleben die Mitarbeitenden die Arbeit mit den Kindern an sich und auch die Kooperation im Team als Ressourcen und zeigen eine hohe Zufriedenheit. Auch eine Untersuchung zu Tagesschulmitarbeitenden im Kanton Bern (Jutzi, 2015) zeigt, dass diese sich bei der Arbeit und in ihren Teams wohlfühlen und das Arbeitsklima sowie den Umgang mit Schülerinnen und Schülern als angenehm empfinden. Eine Studie zu Arbeitsbedingungen in Zürcher Kindertagesstätten (Kitas), also in der Arbeit mit Kindern im Vorschulbereich, zeigt hingegen,