Arbeitsplatz Tagesschule (E-Book). Regula Windlinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Regula Windlinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783035516296
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mit Belohnung oder Zwang verbunden werden (Bildung und Betreuung, 2010; Conrad Zschaber et al., 2018). Neben pädagogischen Aspekten thematisiert Kibesuisse (2018a) die Verpflegungsabzüge beim Personal. Ein Lohnabzug für Mahlzeiten soll nur dann gemacht werden, «wenn das Essen in einer Pause ausserhalb des Betreuungsauftrags eingenommen wird. Der Verband empfiehlt zudem, bei Lernenden und Mitarbeitenden im Praktikum in jedem Fall auf einen Abzug zu verzichten» (Kibesuisse, 2018a, S. 11).

      2.9 Qualität und Konzepte

      Der Kanton Aargau verpflichtet die Gemeinden, Qualitätsstandards für die Bewilligung und die Aufsicht der in ihrer Gemeinde vorhandenen oder geplanten Betreuungsangebote festzulegen. Dabei soll stets das Kindeswohl im Vordergrund stehen (KiBeG, 2016). Der Kanton Aargau verweist auf diverse bestehende und bewährte Instrumente der Qualitätssicherung und überlässt so den Gemeinden einen Gestaltungsspielraum (Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau, 2016).

      Der Kanton Bern regelt in der Tagesschulverordnung, dass mindestens ein schriftliches Betriebskonzept vorhanden sein muss, das aus einem organisatorischen und einem pädagogischen Teil bestehen soll (TSV, Art. 7, 2008). Im pädagogischen Teil sollen «beispielsweise Regeln zum Zusammenleben, zur Betreuung, Formen der Animation und Rituale» festgehalten werden (ERZ, 2009, S. 42). Ähnlich regelt dies der Kanton Solothurn, wobei «die organisatorischen, personellen, betrieblichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Institution sowie Betreuungs- und Erziehungsgrundsätze, nach denen die Kinder in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung gefördert werden sollen» enthalten sein sollen (ASO, 2015, S. 8). Das pädagogische Konzept soll mindestens folgende Themenbereiche enthalten: «Grundsätze zur Entwicklungsförderung, Aufnahmekriterien, Gestaltung des Alltages, Übertritte (Eingewöhnung, Austritt), Kinder in schwierigen Lebenssituationen, Elternarbeit, Grundsätze zur Körperpflege und Ernährung. Pädagogische Konzepte für schulergänzende Betreuungsangebote bilden zusätzlich den Umgang mit altersbezogenen spezifischen Themen wie Partizipation, Umgang mit Medien, Suchtprävention und Zusammenarbeit mit der Schule ab» (ASO, 2016, S. 16). Zudem wird ein Sicherheits- und Notfallkonzept, sowie Standards zur Prävention von Gewalt sowie grenzwahrende Verhaltensregeln und ein entsprechender Verhaltenskodex vorausgesetzt (ASO, 2015).

      Die Gewerkschaft vpod (2012) fordert ein pädagogisches, nach Alter differenzierendes Konzept, welches von den Kantonen vorgegeben werden soll. Zudem soll die Tagesbetreuung als Bildungsaufgabe begriffen werden (ebd.) und im Idealfall soll es ein gemeinsames Konzept für Schule und Tagesschule geben (Bildung und Betreuung, 2010). Die Fachstelle Kinder&Familien (2017) empfiehlt, dass eine Tagesschule über Folgendes verfügt: Betriebskonzept, Betriebsreglement, Personal- und Besoldungsreglement, Social Media Guidelines, pädagogisches Konzept, Hygienekonzept, Notfallkonzept. Kibesuisse (2018c) hat einen Leitfaden zur Erstellung und Weiterentwicklung eines pädagogischen Konzeptes für schulergänzende Einrichtungen erstellt. Die Checklisten von Radix (Conrad Zschaber et al., 2018) erlauben eine Planung und Umsetzung von Qualitätsentwicklung an Mittagstischen. Sie betonen die Wichtigkeit des Einbezugs aller Beteiligten in den Prozess.

      2.10 Finanzierung

      Der Kanton Aargau legt im KiBeG (Art. 4, 2016) fest, dass die Erziehungsberechtigten die Kosten der familienergänzenden Kinderbetreuung tragen und bei Wenigverdienenden (je nach Gemeinde) sich die Wohngemeinden daran beteiligen. Da im Kanton Aargau viele Einrichtungen der SEBB von privaten Trägern geführt werden (siehe Kapitel 8), müssen sie das Angebot kostendeckend anbieten. Das führt im Vergleich zu anderen Kantonen zu hohen Kosten bei den Eltern.

      Im Kanton Bern sind die von den Erziehungsberechtigten zu tragenden Gebühren in Form von Minimal- und Maximalansätzen pro Betreuungsstunde genau geregelt (TSV, Art. 10–17, 2008). Die Finanzierung erfolgt durch den Kanton und die Gemeinden gemeinsam (Kostenteiler, siehe ERZ, 2009). Seit 2013 erhalten Eltern in der Stadt Bern Betreuungsgutscheine (Subjektfinanzierung, d.h., die Eltern erhalten vom Subventionsgeber einen Beitrag zu den Betreuungskosten, bei der Objektfinanzierung hingegen gehen die Beträge direkt an die Einrichtungen der SEBB, Kibesuisse, 2018b). Der Kanton Bern empfiehlt aus finanziellen Gründen eine Belegung der Einrichtungen der SEBB von durchschnittlich 90 Prozent (ERZ, 2009).

      Der Kanton Solothurn verweist auf die PAVO. Eine gesicherte wirtschaftliche Grundlage ist Voraussetzung für eine Bewilligung, weil nur so ein längerfristiger, qualitativer Betrieb möglich sei (ASO, 2015). Der Kanton Solothurn empfiehlt den Einwohnergemeinden die Subventionierung in Form von Subjekt- oder Objektfinanzierung (ASO, 2016).

      Kibesuisse (2017) empfiehlt, dass das Budget eine finanzielle Absicherung über mindestens drei Jahre nachweist. Dazu sollen laut K&F (2017) Kostenrechnung, Budget und eine Finanzplanung vorhanden sein. Die Gewerkschaft vpod fordert mittelfristig eine kostenlose schulische Tagesbetreuung. Dabei sollen Betreuungsstrukturen «Teil der Schule werden und wie die Schule selbst von der öffentlichen Hand […] finanziert werden, damit die gewünschte soziale Durchmischung erreicht wird» (vpod, 2012, S. 5). Weiter fordert vpod, «dass Bund und Kantone umfassend in die Tagesbetreuung investieren und (entsprechend den Empfehlungen der OECD) mindestens 1 Prozent vom BIP für die familienexterne Kinderbetreuung bereitstellen» (ebd., S. 7).

      2.11 Vernetzung und multiprofessionelle Kooperation

      Der Kanton Aargau empfiehlt im Leitfaden zum KiBeG die Vernetzung und Kooperation zwischen den Gemeinden, insbesondere bei der Ausarbeitung der Qualitätsstandards (Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau, 2016). Die meisten Einrichtungen der SEBB haben die Qualitätsstandards der Fachstelle Kinder&Familien übernommen. Weiter haben sich verschiedene Gemeinden zusammen darauf geeinigt, ähnliche Elternbeitragsreglemente zu führen (Fachstelle Kinder&Familien, pers. Kommunikation, Juni 2019). Auch der Kanton Solothurn befürwortet die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden, damit gegenseitig profitiert werden kann (ASO, o.J.). Der Kanton Bern empfiehlt bei der Einführung eines Tagesschulangebotes eine Überprüfung und Festlegung der Zusammenarbeit sowohl mit der Schule als auch mit wichtigen Beratungs- und Unterstützungsangeboten (z.B. Erziehungsberatungen, Sozialdienste, offene Kinder- und Jugendarbeit) (ERZ, 2009).

      Zur Kooperation zwischen Betreuungspersonen an Tagesschulen und Lehrpersonen empfehlen die verschiedenen Verbände regelmässige Austauschgefässe (K&F, 2017; Kibesuisse, 2017). Diverse Organisationen gehen weiter und empfehlen die Vernetzung von Unterricht und Betreuung, indem die Lehr- und Betreuungspersonen ein Team bilden und an den jeweiligen Aktivitäten gegenseitig teilnehmen und eng zusammenarbeiten. Zudem sollen sie gemeinsam Elterngespräche führen und zusammen Entwicklungsziele festlegen (Bildung und Betreuung, 2010).

      Der Verband Bildung und Betreuung empfiehlt in Sachen Kooperation mit den Eltern (2010) ein gegenseitiges Verständnis als gleichwertige Partner zu schaffen und zu pflegen. Zudem empfiehlt er, ein Konzept zur Elternarbeit auszuarbeiten, in dem die Partizipation der Eltern verankert ist. Weiter empfiehlt der Verband die Vernetzung mit gleichartigen Angeboten in der Umgebung, wobei im Idealfall gemeinsame Projekte organisiert werden.

      2.12 Fazit

      Die professionelle Gestaltung der schulergänzenden Bildung und Betreuung braucht klare Richtlinien, die sich an aktuellen Erkenntnissen orientiert. Viele verschiedene Aspekte tragen dazu bei, dass ein hochwertiges Angebot gewährleistet werden kann. Diese beziehen sich einerseits auf Rahmenbedingungen wie die Raumsituation, aber auch auf pädagogische Aspekte und Anstellungsbedingungen sowie Personalauswahl.

      Der Kanton Bern hat im Vergleich zu den Kantonen Aargau und Solothurn zu den meisten Aspekten deutlich spezifischere gesetzliche Vorgaben und Richtlinien für die Tagesschulen und die Tagesstätten (Tagi). Zudem wird die SEBB im Fall der Tagesschulen, die den grössten Anteil im Kanton ausmachen, nicht als soziales Angebot, sondern explizit als ergänzendes Angebot der Volksschulen verstanden (Schüpbach, 2018a) und die Tagesschulen werden als öffentlich-rechtliche Einrichtungen geführt. Im Gegensatz dazu sind die Einrichtungen der SEBB in den Kantonen Aargau und Solothurn öfter private Einrichtungen. In beiden Kantonen gelten für sie andere gesetzliche Anforderungen und Richtlinien als für Einrichtungen der SEBB, die von den Gemeinden oder Schulen geführt werden. Im Kanton Aargau besteht