Isometrische Kontraktion
Bei der isometrischen Kontraktion spannt sich der Muskel an, ohne seine Länge zu verändern. In anderen Worten: Obwohl sich der Muskel verhärtet, bewegt sich das zugehörige Gelenk nicht. Dies ist z. B. der Fall, wenn man bei angewinkeltem Ellenbogen einen schweren Gegenstand ruhig in der Hand hält, oder wenn man versucht, etwas hochzuheben, das jedoch zu schwer dafür ist. Auch ein Teil der Haltemuskulatur arbeitet über Reflexe größtenteils isometrisch. So neigt der Körper z. B. in aufrechter Haltung dazu, über das Sprunggelenk nach vorn zu kippen, wird aber durch die isometrische Kontraktion der Wadenmuskeln daran gehindert. Ebenso würde der Schwerpunkt des Schädels den Kopf nach vorn kippen lassen, wenn die Nackenmuskulatur nicht isometrisch gegensteuern würde. Isometrische Kontraktionen kommen im Yoga sehr häufig vor, wenn Stellungen gegen einen unbeweglichen Widerstand wie den Boden oder eine Wand gehalten werden.
Abb. 1.40: Isometrische Kontraktion
Isotonische Kontraktion
Isotonische Kontraktionen bringen uns in Bewegung. Es gibt zwei Typen: die konzentrische und die exzentrische isotonische Kontraktion.
Konzentrische Kontraktion
Bei der konzentrischen Kontraktion verkürzt sich der Abstand zwischen den Muskelansätzen, und das Gelenk bewegt sich. Im Falle des Gegenstands, den wir halten, bedeutet das: Bei konzentrischer Kontraktion des Bizeps beugt sich das Ellenbogengelenk, und die Hand bewegt sich gegen die Schwerkraft in Richtung Schulter. Auch die Bauchmuskeln bei einem Sit-up kontrahieren konzentrisch, um den Oberkörper anzuheben.
Abb. 1.41: Konzentrische Kontraktion der Bauchmuskeln beim Anheben des Oberkörpers
Exzentrische Kontraktion
Bei der exzentrischen Kontraktion arbeiten die Muskelfasern kontrolliert gegen eine Bewegung an, um sie abzubremsen, wenn die Schwerkraft sie sonst zu stark beschleunigen würde – z. B., wenn man einen in der Hand gehaltenen Gegenstand abstellt, sich hinsetzt oder den Oberkörper nach dem Sit-up wieder absenkt (wobei die Bauchmuskeln exzentrisch kontrahieren, um den Oberkörper zu halten). Kurz gesagt: Bei der konzentrischen Kontraktion verkürzt sich der Muskel, bei der exzentrischen verlängert er sich.
Abb. 1.42: Exzentrische isotonische Kontraktion
Zusammenarbeit von Muskeln
Die Muskeln arbeiten mit- oder gegeneinander, um ein weites Bewegungsspektrum zu ermöglichen. Jeder Muskel hat seinen Gegenspieler. Muskeln werden gelegentlich auch benötigt, um Bewegungen an einem anderen Körperteil zu unterstützen und zu stabilisieren.
Muskeln werden in vier funktionelle Gruppen eingeteilt:
1. Agonisten
2. Antagonisten
3. Synergisten
4. Stabilisierer
Agonisten
Ein Agonist ist ein Muskel, der durch seine Kontraktion eine bestimmte Bewegung hervorruft. So ist z. B. der Bizeps der Agonist bei der Beugung des Ellenbogens. Andere Muskeln, die dieselbe Bewegung mit weniger Wirkung ausführen, können dem Agonisten helfen. Solche Muskeln heißen Assistenten. Sie werden auch zu den Synergisten gerechnet. Der Brachialis etwa assistiert dem Bizeps beim Beugen des Ellenbogens.
Antagonisten
Der Antagonist liegt meist auf der dem Agonisten gegenüberliegenden Seite des zugehörigen Gelenks. Er muss sich entspannen, damit der Agonist kontrahieren kann. Wenn der Bizeps auf der Vorderseite des Arms kontrahiert, um den Ellenbogen zu beugen, muss der Trizeps auf der Rückseite des Arms nachgeben, damit die Bewegung ausgeführt werden kann. Bei der Gegenbewegung, wenn der Ellenbogen gegen einen Widerstand gestreckt wird, wird der Trizeps zum Agonisten und der Bizeps übernimmt die Rolle des Antagonisten.
Abb. 1.43: Zusammenarbeit von Muskeln. a) Beugen des Arms im Ellenbogen, b) Strecken des Arms im Ellenbogen (mit wechselnden Rollen von Agonist und Antagonist)
Synergisten
Synergisten verstärken die Bewegung des Agonisten. Sie können außerdem unerwünschte Bewegungen bei der Kontraktion des Agonisten verhindern. Das ist besonders wichtig, wenn ein Antagonist zwei Gelenke kreuzt. In diesem Fall würde seine Kontraktion auf jeden Fall die Bewegung beider Gelenke verursachen, würden nicht andere Muskeln eines der Gelenke stabilisieren. So kreuzen die Fingerbeuger nicht nur die Fingergelenke, sondern auch das Handgelenk, und können theoretisch beide Gelenke bewegen. Da das Handgelenk aber durch weitere Muskeln synergistisch stabilisiert wird, kann man die Hand zur Faust ballen, ohne dabei im Handgelenkt abzuknicken.
Ein Agonist kann auch mehr als eine Bewegung am selben oder einem anderen Gelenk hervorrufen, und auch hier springen die Synergisten helfend ein. Der Bizeps z. B. beugt den Ellenbogen, aber durch seinen Zug wird gleichzeitig auch der Unterarm nach außen gedreht (Supination). Für eine Beugung ohne Supination müssen andere Muskeln aktiv werden, um diese zu verhindern. In diesem Fall nennt man die Synergisten auch Neutralisierer, da sie eine unerwünschte Bewegung ausgleichen.
Stabilisierer
Ein Synergist wird, etwas konkreter, Stabilisierer genannt, wenn er den Knochen ruhigstellt, an dem der Agonist ansetzt, sodass dieser eine stabile Ausgangsbasis hat. Ein gutes Beispiel sind zum einen die Muskeln, die die Schulter bei der Bewegung des Oberarms stabilisieren, zum anderen Sit-ups. Die Bauchmuskeln setzen am Brustkorb und am Becken an. Bei der Kontraktion für den Sit-up kontrahieren auch die Hüftbeuger, um zu verhindern, dass die Bauchmuskeln das Becken kippen. Dadurch kann sich der Oberköper aufrichten, während das Becken an seinem Platz bleibt.
Viele Yogastellungen werden isometrisch gegen einen unbeweglichen Widerstand, etwa eine Wand, gehalten. Das ist eine Art von Krafttraining. Beim Einnehmen oder Lösen einer Stellung kontrahieren Muskeln jedoch konzentrisch oder exzentrisch. Zur Verdeutlichung dieses Konzepts dient die folgende Analyse des Bootes (Navasana).
Abb. 1.44: Das Boot (in Sanskrit: Navasana)
Das Boot (Abb. 1.44) beruht in erster Linie auf der Beugung der Hüfte und der Streckung der Wirbelsäule. Bei nach vorn gestreckten Armen kommt auch noch die Beugung der Schultern dazu.
Einnehmen der Stellung: Die Hauptmuskeln, die auf dem Weg ans Ziel konzentrisch (Verkürzung) kontrahieren, sind die Hüftbeuger – Rectus femoris, Sartorius und Iliopsoas. Die Hüftadduktoren helfen,