119Vgl. Communicationes 9 (1977), 123: „Circa secundam quaestionem aliqui Consultores non sunt contrarii ut mentio fiat etiam de fine personali matrimonii, quare variae propositiones perpenduntur et tandem ex compositione duarum formularum propositarum a duobus Consultoribus trahitur haec nova formula, quae omnibus Consultoribus placet […].“
120Vgl. ebd., 212.
121C. 1008 Schema/1980. Vgl. auch Communicationes 10 (1978), 125f. Die Formulierung entspricht bis auf wenige Änderungen c. 1055 CIC/1983. Bei einer Vorstellung der Arbeit der Kommission 1980 fehlte das Adjektiv intima bereits; vgl. Communicationes 12 (1980), 227.
122Die anonymisierten Eingaben sind abgedruckt in Communicationes 14–16 (1982–1984). Der Text der Relatio mit Klarnamen wurde zudem als Relatio complectens veröffentlicht.
123Vgl. Konzil von Florenz: Bulle Exsultate Deo: Dekret für die Armenier, DH 1327.
124Vgl. Catechismus Romanus, pars II, cap. VIII.
125Vgl. Relatio complectens, 242 bzw. Communicationes 15 (1983), 219f.
126Vgl. cc. 1104–1107 CIC/1917 bzw. cc. 1060–1064 CIC/1917. Vermutlich zielt der Einwand darauf ab, dass bei einer geheimzuhaltenden ebenso wie bei einer konfessionsverschiedenen Ehe gewisse Bereiche des gemeinsamen Lebens ausgeschlossen sind. Dem wäre zu entgegnen, dass der Gesetzgeber diese besonderen und sehr unterschiedlichen Konstellationen im Codex berücksichtigt und damit die u. U. auftretenden Herausforderungen an das Eheleben als nicht so gravierend ansieht, dass bei Beachtung der rechtlichen Vorgaben keine gültige Ehe zustande kommen würde. Außerdem verwies Palazzini auf die Unvereinbarkeit der Formulierung mit einem Urteil der Rota. Dabei handelt es sich um eine Sententia coram Wynen v. 22.01.1944, die auf Wunsch Papst Pius’ XII. in den AAS veröffentlicht wurde und die Ehezwecke und ihr Verhältnis ausführlich behandelt; vgl. Relatio complectens, 242f. bzw. Communicationes 15 (1983), 220. Aus den veröffentlichten Unterlagen zur Codexrevision wird allerdings nicht klar, worauf sich der Relator konkret bezieht. In den nn. 20–24 referierte der Ponens die damalige Rechtslage, nach der das ausschlaggebende Vertragsobjekt das ius in corpus ist und einem Ausschluss der Sekundärzwecke keine rechtliche Relevanz zukommt. Womöglich wird auf die Aussage in n. 21 des Urteils abgezielt, dass nämlich ein totius vitae consortium auch zwischen Bruder und Schwester möglich sei und es sich daher um keine spezifisch eheliche Gemeinschaftsform handle. Da der Gesetzgeber die Ehe in c. 1055 § 1 als totius vitae consortium beschreibt und angesichts der beiden ehewesentlichen Hinordnungen die sexuelle Dimension miteinschließt, ist eine Verwechslung nicht zu befürchten.
127„[F]inis rei creatae est semper extra essentiam rei. Nunc vero bonum coniugum non est res extra matrimonium, sed pertinet ad eius essentiam tanquam mutuum complementum […] principaliter in plano sexuali physico et psychico. Praesentari ergo nequit uti finis matrimonii. Esset finis operantis sed non operis.“ (Relatio complectens, 243 bzw. Communicationes 15 (1983), 220 (Übersetzung B. V.)).
128„Est philosophice absurdum ad aliquod ens assignare plus quam unum finem essentialem et principalem.“ (Communicationes 15 (1983), 220 (Übersetzung B. V.)).
129Vgl. ebd., 220. Zur Unterscheidung von finis operis bzw. finis operantis vgl. oben Kapitel 4.2.4 sowie Lüdicke: Ehezwecke, 42: „Der finis operantis ist die Zielsetzung, die jemand mit seinem Handeln verbindet, das, was er damit erreichen will. Der finis operis ist hingegen das, was den Akt selbst wesentlich bestimmt, was als Zweck zu seiner Definition gehört. Wird dieser Zweck abgesondert, ausgeschlossen, wird das Wesen selbst verletzt.“.
130Vgl. Relatio complectens, 243 bzw. Communicationes 1 (1983), 221.
131„Ordinatio enim matrimonii ad bonum coniugum est revera elementum essentiale foederis matrimonialis, minime vero finis subiectivus nupturientis.“ (Relatio complectens, 244 bzw. Communicationes 15 (1983), 221 (Übersetzung B. V.)). Da Palazzini für seine Kritik zwar mehrfach auf Thomas von Aquin verwies, die Stellen aber nicht miteinander in Bezug setzte oder eine „philosophische Standortbestimmung“ vornahm, fällt eine Auseinandersetzung schwer. So ist es fraglich, ob sich die Ehe nicht auch bereits innerhalb des mittelalterlichen Ordo-Denkens in mehr als einem Ordo und somit mit mehreren „Primär“-Zwecken denken lässt. Dass eine Auseinandersetzung mit den Argumenten innerhalb der Relatio ausblieb, kann darauf hindeuten, dass man sich des begrenzten Nutzens einer philosophischen Diskussion auf dieser Grundlage bewusst war. Zur Unzulänglichkeit einer scholastischen Antwort auf die heutige Frage nach dem „Warum“ der Ehe vgl. Kahler: Ausschluss, 302f.
132Vgl. Relatio complectens, 244 bzw. Communicationes 15 (1983), 221.
133„Nuptiae sunt coniunctio maris et feminae et consortium omnis vitae, divini et humani iuris communicatio.“ (Digesten lib. 23, 2, 1).
134Vgl. Relatio complectens, 244 bzw. Communicationes 15 (1983), 222.
135Vgl. Relatio complectens, 244f. bzw. Communicationes 15 (1983), 222.
136Vgl. c. 1055 § 1 SchemaNov.
3. DAS BONUM CONIUGUM IM CIC/1983
Nach der Darstellung der Textgeschichte soll im Folgenden untersucht werden, wie der Begriff des bonum coniugum im geltenden Recht verwendet wird und wie er formal zu bestimmen ist.
3.1 Die Hinordnung auf das bonum coniugum in c. 1055 § 1
Der Begriff des bonum coniugum kommt im geltenden Recht ausschließlich in c. 1055 § 1 vor.137 Die Ehe wird hier als ein Bund beschrieben, durch den Mann und Frau eine Gemeinschaft gründen, die ihr ganzes zukünftiges Leben umfasst und betrifft. Dieses totius vitae consortium138 als Wirkung des ehelichen Bundes bleibt nicht unbestimmt, sondern wird durch die anschließende Partizipialkonstruktion mit indole spezifiziert. Es handelt sich um eine Gemeinschaft, die „durch ihre natürliche Eigenart“ zum einen auf das bonum coniugum, zum anderen auf die Zeugung und die Erziehung von Nachkommen hingeordnet ist.139 Das Partizip ordinatus ist von ordinare140 abgeleitet, das in seinen verschiedenen Konjugationsformen zusammen mit ad mehrfach im Gesetzestext vorkommt.141 Stets wird damit die Ordnung oder Ausrichtung auf ein bestimmtes Ziel hin ausgedrückt.142 Die Ehe ist demnach auf Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft sowie auf das bonum coniugum ausgerichtet.
Der Begriff bonum hat ein breites Bedeutungsspektrum: Er kann erstens einen guten Zustand beschreiben oder ein moralisches, physisches und psychisches Gut, Glück sowie eine Tugend bezeichnen, zweitens einen Vorteil oder einen Nutzen und schließlich drittens ein materielles Gut im Sinne von Vermögen.143 Eine Hinordnung der Ehe auf materielles Vermögen hat keinen Rückhalt in der kirchlichen Ehelehre, daher scheidet diese Bedeutungsebene aus. Dass die Ehe auf einen Nutzen oder Vorteil der Eheleute ausgerichtet sein soll, lässt nach einem Bezugspunkt fragen: Einen Nutzen was oder wem gegenüber hätte die Ehe und in welcher Hinsicht sollte dieser bestehen? Auch diese Bedeutungsebene scheidet aus. Übrig bleibt die erstgenannte Bedeutung, die sich zudem als schlüssig und sinnvoll erweist: Es geht um einen guten Zustand, um ein Wohlbefinden bzw. Wohlergehen. Dieser Befund wird von den kodikarischen Parallelstellen für bonum bestärkt.144 Auch hier bezeichnet bonum, abgesehen vom vermögensrechtlichen Kontext, in den meisten Fällen das Wohl einer oder mehrerer Personen.145
Die Personengruppe auf deren Wohl die Ehe hingeordnet ist, wird durch das Attribut coniugum angegeben: Es geht