Leben mit dem PCO-Syndrom. Julia Schultz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Schultz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783831270491
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wenn jede Zelle die gesamten Baupläne für alle möglichen Körperprozesse beinhaltet, werden sie nicht in jeder Zelle zum Einsatz kommen. So braucht eine Hautzelle nicht zu wissen, wie Insulin hergestellt wird – das ist Aufgabe der Bauchspeicheldrüse. Eine Zelle verwendet also nur die Gene, die sie auch wirklich braucht. Grund dafür ist eine weitere Ebene des Genoms (Erbguts): das Epigenom. Epigenetische Marker entscheiden im Wesentlichen mit, ob ein Genabschnitt einer Zelle abgelesen wird oder nicht. Ein solcher Mechanismus ist die sogenannte »DNA-Methylierung«, wobei kleine Moleküle an die DNA-Basen angehangen werden. Der Code der DNA (also die Reihenfolge der Basen) wird dabei nicht verändert. Sie bekommen lediglich einen Anhang, der ein bestimmtes Gen markiert und so beispielsweise abschaltet.

      Das »Abschalten« eines Genes passiert also durch die Methylmoleküle, die bestimmte Genabschnitte schwerer zugänglich machen, sodass diese dann nicht abgelesen werden können. Diese Markierungen werden sogar von Zellgeneration zu Zellgeneration weitergegeben und können so auch an unsere Kinder vererbt werden. Die Markierung ist daher sehr stabil, kann jedoch auch durch bestimmte Enzyme wieder entfernt werden. Auf diese Weise kann das Epigenom auf Veränderungen reagieren. So wird aber nicht nur sichergestellt, dass eine Hautzelle kein Insulin produziert, sondern auch Krankheiten können so entstehen oder gemildert werden, wenn beispielsweise durch Umwelteinflüsse bestimmte Veränderungen im Epigenom passieren und Gene so aktiviert oder deaktiviert werden.

      Zellprozesse brauchen Signale

      Eine Zelle braucht immer ein Signal, um bestimmte Stoffe herzustellen. Das Signal kommt durch Umwelteinflüsse, wie Nahrung, Stress, Entspannung oder Atemluft, oder durch interne Botenstoffe, wie Hormone oder Neurotransmitter. Ohne Signal finden bestimmte Prozesse meist gar nicht erst statt. So stellt eine Bauchspeicheldrüse nicht ununterbrochen Insulin her und gibt es rund um die Uhr ins Blut ab. Manchmal ist es aber auch das Ausbleiben eines Signals, das einen Prozess auslöst.

      Zellen brauchen Signale von außen, damit ein Prozess im Inneren stattfinden kann. Glukosemoleküle im Blut sind das Signal für die Bauchspeicheldrüse, mehr vom Hormon Insulin herzustellen und ins Blut abzugeben. Insulin ist wiederum das Signal für unsere Muskelzellen, um die »Schleusen« für Glukose zu öffnen, damit es in die Zellen gelangen kann. Jedoch kann Insulin auch ein Signal für die Zellen der Ovarien sein, bestimmte Hormonprozesse zu aktivieren. So sagt man, dass vermehrtes Insulin im Blut (beispielsweise durch eine Insulinresistenz), das nicht mehr auf die Muskelzellen wirken kann, die Ovarien dazu anregt, mehr Testosteron zu produzieren. Hier könnte das Epigenom eine wichtige Rolle spielen und sozusagen veranlassen, dass der Genabschnitt »Bauplan für Testosteron« leichter zugänglich und eher abgelesen wird.

      Epigenetik ist ein sehr komplexes Thema, und der Raum in diesem Buch ist begrenzt. Ich möchte nur, dass du weißt, dass du vieles, was deine Gesundheit anbelangt, beeinflussen kannst. Du hast das Zepter in der Hand und kannst einiges für deinen Körper bewegen. Fall nicht in die Rolle des Opfers. Glaube nicht, dass es aussichtslos ist, PCOS angehen zu wollen. Glaube an die Kraft, dass du deine Hormone in Zusammenarbeit mit deinem Körper wieder in den »Normalbereich« lenken kannst. Du hast so viel mehr Macht, als du bisher angenommen hast. Diese Macht erlangst du meiner Meinung nach durch Wissen. Ich empfehle ich dir auch das Buch Intelligente Zellen. Wie Erfahrungen unsere Gene steuern von Bruce Lipton, das sich um das Thema Epigentik dreht und dir aufzeigt, welche Rolle du dabei spielst, welche Gene in deinem Körper transkribiert werden.

      Vor dem Hintergrund der Epigentik macht es also Sinn, wenn ich wie so viele andere Frauen behaupte, dass eine Ernährungsumstellung und auch die Veränderung anderer Aspekte des Lebensstils deine Hormone wieder in die richtige Bahn lenken können. Wenn dir die Gene für das PCO-Syndrom vererbt wurden, können deine Ernährung und dein Lebensstil Symptome, die in Zusammenhang mit dem PCO-Syndrom stehen, verschlimmern oder verbessern. Sie stellen Auslöser dieser Erkrankung dar.

      Unsere westliche Ernährung ist Auslöser vieler Krankheiten. Wir essen zu viel Zucker, zu viel Fertigprodukte und zu wenig frische gesunde Lebensmittel. Die gleichen Auslöser führen zu unterschiedlichen Krankheiten in uns – ganz abhängig von unserer individuellen genetischen Vorbelastung. Die typisch westliche Ernährung stört das hormonelle Gleichgewicht in vielerlei Hinsicht, worauf ich in den folgenden Kapiteln genauer eingehen werde. Du wirst erfahren, welche Lebensmittel das Gleichgewicht deiner Hormone ins Chaos versetzen und somit PCOS begünstigen, und du wirst lernen, welche Lebensmittel die bessere Wahl für dich sind. Egal, welche Art von PCOS du hast – du wirst die unterschiedlichen Typen im nächsten Kapitel kennenlernen –, die Ernährungstipps und Rezepte in diesem Buch sind darauf ausgelegt, deinen Körper dabei zu unterstützen, ins Gleichgewicht zu kommen.

      Doch ist deine Ernährung nicht der einzige Faktor, mit dem du darüber Einfluss nehmen kannst, ob du das PCO-Syndrom entwickelst oder nicht und ob du es mildern oder heilen kannst. Stress zum Beispiel spielt eine genauso große Rolle. Die Gewichtung der verschiedenen Aspekte ist von Individuum zu Individuum unterschiedlich und hängt von der jeweiligen Konstitution ab. Für manche Frauen wird Stress eine größere Rolle spielen als für andere. Ebenso vertragen manche mehr Kohlenhydrate, bevor es die Hormone durcheinanderbringt, andere essen nur wenig davon und die Hormone spielen verrückt. Genau aus diesem Grund ist es so wichtig, nach dem Laborbericht über deine Hormone zu fragen, mehr über das Funktionieren deines Körpers zu erfahren und mehr auf seine Zeichen zu achten.

      All die angesprochenen Faktoren können Aufschluss über die Ursache deines PCOS geben und dir dabei helfen, bessere Entscheidungen für dein tägliches Leben zu fällen. Aber ganz egal, welche Art des PCO-Syndroms du hast: Deine Ernährung spielt immer eine Rolle und ist ein Faktor, der deinen Körper erheblich »stressen« kann. In wie vielen Gestalten dies vorkommen kann, lernst du im Laufe der nächsten Kapitel.

      Die verschiedenen Arten von PCOS

      Jedes PCO-Syndrom ist anders. In der Schulmedizin gibt es jedoch nur diesen einen Begriff. Als ich erfuhr, dass ich eigentlich nicht in das »typische Muster« von PCOS reinpasse, überlegte ich, warum ich es dann überhaupt habe. Gehen wir nach den typischen Begleiterscheinungen, müsste jede Frau mit PCOS an einer Insulinresistenz und Übergewicht leiden. Ich war jedoch mein Leben lang immer eher untergewichtig, sehr schmal, aber gesund. Eine Insulinresistenz hatte ich auch nicht. Wieso habe ich dann also das PCO-Syndrom entwickelt?

      Jedes PCOS ist anders.

      Bei meiner Recherche stellte ich fest, dass es tatsächlich verschiedene Formen von PCOS gibt.9 In meiner Arbeit als Gesundheitscoach bestätigt sich das. Dementsprechend gibt es unterschiedliche Aspekte, die priorisiert werden müssen, und es ist wichtig, die verschiedenen Arten des PCO-Syndroms zu betrachten. Das kann uns einen wichtigen Einblick geben, warum unser Körper PCOS entwickeln konnte, und wir können unseren Lebens- und Ernährungsstil besser anpassen.

      Je nach Quelle unterscheidet man unterschiedlich viele Typen von PCOS. Ich möchte dir die vier wesentlichen Typen vorstellen, wobei es durchaus Mischformen geben kann.

      Dies ist der »Standardtyp«. Die Mehrzahl der PCOS-Patientinnen (rund 70 Prozent) sollen in diese Kategorie fallen10 und die Verbindung zum bereits genannten Metabolischen Syndrom ist hier besonders groß. Da eine Insulinresistenz beim PCO-Syndrom so häufig vorkommt, sollte nach der PCOS-Diagnose immer ein Insulintest beim Endokrinologen oder Diabetologen gemacht werden. Sollte dies nicht vom Arzt aus passieren, frage danach.

      Oft werden aus dem Blutbild die Werte von Blutzucker und Insulin genommen und in ein bestimmtes Verhältnis gesetzt (HOMA-Index). Das kann einen ersten Hinweis darauf geben, ob eine Insulinresistenz vorliegen könnte. Jedoch fallen hier nicht so eindeutige Blutwerte unters Radar. Am aussagekräftigsten ist ein oraler Glukosetoleranztest: Hierbei werden Blutzucker und Insulin jeweils am Morgen nüchtern und zwei Stunden nach dem Trinken einer Zuckerlösung gemessen.