Die aktuellste Definition stammt von der AE-PCOS Society und erfordert:
• das Vorhandensein erhöhter Androgene (oder auch nur die Symptome, die mit erhöhten Androgenen einhergehen),
• und eine unregelmäßige bzw. ausbleibende Periode und/oder Zysten an den Eierstöcken,
• den Ausschluss anderer Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik.3
Ich mag diese Definition lieber, weil sie die zwei Hauptaspekte der Erkrankung in den Vordergrund stellt: fehlender Eisprung und Androgenüberschuss. Hierbei finde ich es wichtig zu wissen, welche Hormone genau erhöht sind bzw. außerhalb des Normbereiches liegen. Trau dich, nach einer Kopie des Laborberichts zu fragen, und lerne, deinen Körper zu verstehen.
Wann ist es nicht PCOS?
Das ist eine Frage, die wir uns zwangsläufig stellen müssen, da so einige Frauen fehldiagnostiziert werden oder die Abkürzung »PCO« (was nicht gleich PCO-Syndrom bedeutet) vom Frauenarzt zu hören bekommen und zu Hause schockiert das Internet befragen, was das bedeuten könnte. Das Internet ist Segen und Fluch zugleich. Einerseits bekommen wir eine Fülle an Informationen auf einen Schlag, andererseits können wir nicht immer richtig einordnen, wie sie sich auf uns übertragen lassen und ob sie seriös sind. Der Teufel steckt bekanntermaßen im Detail, so auch beim PCO-Syndrom.
PCO ist nicht gleich PCOS
PCO steht für polyzystische Ovarien. Das hört sich erst mal verdammt nach Polyzystischem Ovarialsyndrom an. Es ist aber trotzdem nicht das Gleiche, denn es fehlt das Syndrom am Ende. Das mag als Kleinigkeit erscheinen, aber es ist doch ein gewaltiger Unterschied. Während PCO lediglich die vielen kleinen Eibläschen an den Eierstöcken beschreibt, benennt es trotzdem nicht die Hormonstörung, von der wir hier sprechen. PCO bezieht sich auf den momentanen Zustand deiner Eierstöcke, den man im Ultraschall sehen kann. Auch wenn zusätzlich deine Periode ausbleibt, ist es – meiner Meinung nach – immer noch nicht unbedingt das PCO-Syndrom. Wie schon erwähnt kommen viele Eibläschen (also PCO) von Zeit zu Zeit bei bis zu 25 Prozent der gesunden Frauen an den Eierstöcken vor. Und auch die Periode bleibt bei gesunden Frauen ab und an mal aus oder kommt später als normal.
Dein Hormon Check Sheet
Die folgenden Hormone sollten getestet werden, wenn überprüft wird, ob bei dir PCOS vorliegt.
• luteinisierendes Hormon (LH)
• follikelstimulierendes Hormon (FSH)
• Testosteron
– frei
– gesamt/total
• sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG)
• Östrogen (Östradiol, E2)
• Androstendion
• DHEAS
• Anti-Müller-Hormon (AMH)
Was sich sonst noch lohnt zu untersuchen bzw. was nach der PCOS-Diagnose untersucht werden sollte:
• Cortisol
• 17-OH-Progesteron (17-OHP)
• IGF-1
• Schilddrüsenwerte
– TSH
– fT4
– fT3
• Lipide
– HDL
– LDL
– Triglyceride
• Vitamin D
• Insulin und Blutzucker
– Glukose
– Insulin
Zum PCO-Syndrom kommt es erst, wenn zusätzlich noch andere Charakteristika vorliegen. Ganz wichtig sind die erhöhten männlichen Hormone. Die sollten vorliegen, wenn das PCO-Syndrom richtig diagnostiziert wurde. Andere typische Charakteristika sind: das Metabolische Syndrom, Insulinresistenz, Akne, Haarausfall, Hirsutismus. Liegen »nur« die kleinen Zysten in Form einer Perlenkette in den Ovarien vor, ist es zwar PCO, aber nicht zwangsläufig das PCO-Syndrom.
Hypothalamische Amenorrhö
Es kommt sehr häufig vor, dass eine hypothalamische Amenorrhö mit dem PCO-Syndrom verwechselt wird. Grund dafür sind meist die polyzystischen Ovarien – also wieder die PCO-Problematik.
Amenorrhö ist der medizinische Fachbegriff für das Ausbleiben der Menstruationsblutung.
Bei der hypothalamischen Amenorrhö bleibt die Periode für mehr als sechs Monate aus, und unter Umständen kann es dann zu den perlenkettenartigen Eibläschen an den Eierstöcken kommen. Allerdings finden sich hier keine erhöhten Androgenwerte. Es ist wichtig, sich den LH-Wert im Blut anzuschauen. Beim PCO-Syndrom ist er meist erhöht und liegt über dem Wert vom FSH. Bei hypothalamischer Amenorrhö ist der LH-Wert jedoch häufig niedrig und somit niedriger als das FSH.
Hormon | Hypothalamische Amenorrhö | PCO-Syndrom |
LH (luteinisierendes Hormon) | niedrig bis normal | normal bis hoch, höher als FSH (follikelstimulierendes Hormon) |
Östradiol | niedrig bis normal | normal bis hoch |
Androgene | niedrig bis normal | normal bis hoch |
Bei der hypothalamischen Amenorrhö bleibt das Signal vom Hypothalamus (der Master-Hormondrüse im Gehirn) aus, dass ein Eisprung stattfinden soll. Der Hypothalamus reagiert auf Stress jeglicher Form und möchte in stressigen Situationen verhindern, dass eine Frau schwanger wird. Also unterdrückt er den dafür nötigen Eisprung.
Meist fühlen sich diese Frauen sehr gesund: Sie essen extrem gesund, treiben viel Sport und sind vielleicht sogar untergewichtig oder an der Grenze zum Untergewicht. Genau hier legt das Problem. Zu wenige Kalorien, zu viel Sport, ein zu geringes Gewicht nimmt der Hypothalamus als Stress wahr. In so einer Zeit macht es für eine Frau evolutionär gesehen keinen Sinn, ein Kind in die Welt zu bringen, da das viel Energie benötigen würde. Diese Energie kann der Körper aber im Moment nicht aufbringen. Als Schutzmechanismus wird die Hormonproduktion zurückgefahren und der Eisprung »abgeschaltet«, um eine mögliche Befruchtung und Schwangerschaft auf jeden Fall zu verhindern. Isst man wieder ausreichend, treibt weniger Sport und nimmt gesund an Gewicht zu, kann sich die Periode nach einer Weile wieder von selbst einstellen.
Mit dem PCO-Syndrom hat das alles nichts zu tun. Wenn du dich in dieser Beschreibung wiederfindest, kannst du trotzdem dieses Buch für dich nutzen. Du solltest aber auf keinen Fall deine Kohlenhydratmenge herunterschrauben, sondern tendenziell eher nach oben.
Mögliche Ursachen von PCOS
Die genaue Ursache von PCOS kennen wir nicht. Man geht von einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren aus. Da das Hormonsystem und somit jedes Hormon des Körpers in engem Zusammenhang stehen, kann man die Ursache auch nicht nur auf eine Störung der Geschlechtsorgane beschränken.
Hormone kontrollieren und beeinflussen so viel mehr als unsere Geschlechtsorgane, und auch PCOS beschränkt sich nicht nur auf ein Zuviel an männlichen Hormonen im weiblichen Körper. Vielmehr spielen bei dieser hormonellen Dysbalance mehrere Organe und Ursachen zusammen. So sind in das Polyzystische Ovarialsyndrom meist auch andere hormonproduzierende Drüsen und nicht nur die Ovarien involviert, wie zum Beispiel der Hypothalamus und die Hypophyse im Gehirn, die Bauchspeicheldrüse, die Schilddrüse und die Nebennieren. Jede Drüse ist für die Produktion und Ausschüttung von einem oder mehreren bestimmten Hormonen verantwortlich, die wiederum Signale für andere Organe und Drüsen darstellen, um bestimmte Hormone zu produzieren.
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