Mutterboden. Lotte Bromberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lotte Bromberg
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783945611081
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klein.

      »Levi«, sagte Alika sanft.

      Levi stopfte sich die Nüsse in den Mund.

      »Es ist doch nur der Nachmittag«, sagte sie.

      »Ich will aber nicht!«, schrie ihr Sohn und sah sie wütend an.

      »Er ist Dein Vater.«

      »Darauf scheiße ich!«

      Levi sprang auf und lief in die Küche.

      »Der Junge hat Geschmack«, sagte Igor.

      »Jetzt fang Du auch noch an.«

      Igor holte ein Kehrblech und fegte die Nußreste zusammen.

      »Er hat nun einmal Besuchsrecht«, sagte Alika.

      »Deutsche Richter. Du hast sie als Gäste und solltest wissen, was von denen zu halten ist.« Igor setzte sich neben sie. »Was Iwanow dem Jungen alles erzählt, überwacht doch auch keiner.«

      »Levi ist stark, er weiß, was er davon zu halten hat.«

      »Er ist zehn und sollte nicht mit so einem Monster allein sein.«

      »Hör auf, Igor.« Alika wurde zornig.

      »Ich weiß mehr über ihn als Du.«

      »Knastgeschwätz, darauf gebe ich nichts.«

      »Iwanow ist gefährlich, Alika.«

      »Ich habe keine Angst vor ihm.«

      »Das solltest Du aber, zumindest um Deinen Sohn.«

      Die Restauranttür wurde aufgestoßen.

      Jurij Iwanow war ein kleiner, sehniger Mann von beachtlicher Präsenz. Er näherte sich Alika. Sein Blick war kalt. »Wo ist mein Sohn?«

      Igor holte ein Hackbrett aus der Küche, legte es krachend auf den Tresen und ließ eine Lammkeule darauf klatschen. Mit finsterem Blick auf Levis Vater schärfte er sein Messer.

      Iwanow sah unverändert Alika an. »Wo ist mein Sohn?«

      »Versteckt sich vor Dir«, sagte Igor.

      »Haltʼs Maul, Koch.«

      Igor entbeinte die Keule, das Messer glitt durch das Fleisch.

      Alika seufzte. »Setz Dich doch. Kann ich Dir etwas anbieten? Levi ist sicherlich noch etwas holen.«

      »Das geht von unserer Zeit ab.«

      Alika zuckte die Schultern. »An mir liegt es nicht.«

      Igor schob Fleischbrocken auf einen Spieß, dazwischen Zwiebelscheiben und Paprikastücke, immer im Wechsel. Er behielt Levis Vater im Auge.

      Iwanow legte langsam sein Handy auf den Tisch, den Blick auf Alika gerichtet. »Ich kann meine Angestellten rufen«, sagte er, »die finden ihn.«

      Alikas Narbe rötete sich. »Willst Du ihm Angst machen?«

      »Er ist Russe und mein Sohn. Er hat keine Angst.«

      »Vor Deinen Gorillas hat jeder Angst.«

      »Außer Dir.« Levis Vater tippte in sein Handy.

      »Warte«, sagte Alika, »ich hole ihn.«

      Iwanow steckte sein Handy ein. »Ich bin draußen«, sagte er. »Fünf Minuten. Dann schicke ich sie rein.« Er ging zur Tür. »Und Dein Koch«, sagte er, »lebt gefährlich.«

      Rusudans Züge waren zu ernst für ihr Alter. Tanja saß zusammen mit Oskar am Eßtisch der georgischen Familie jenes Bodyguards, der verdächtigt wurde, Komplize beim Attentat auf Guram gewesen zu sein. Ihnen gegenüber hatte Rusudan, eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, ihre schmalen Hände auf dem Tisch abgelegt. Hinter ihr stand ihre Mutter. »Seit wann seid Ihr denn in Berlin?«, fragte Tanja.

      »Ich bin vor zwei Jahren gekommen.«

      »Du allein? Wie alt bist Du denn?«

      »Achtzehn.«

      »Du warst mit sechzehn allein in Berlin?«

      »Für ein Musikstipendium.« Rusudan lächelte Tanja an. »Meine Familie hatte erst keine Visa bekommen.«

      Deshalb also der schwarzglänzende Flügel, der Mittelpunkt des Zimmers. Die Familie lebte zu fünft, außer dem Mädchen und seiner Mutter gab es noch einen bettlägerigen Großvater und zwei kleine Brüder, auf drei Zimmern in der Charlottenburger Zillestraße. Die Wohnung war überladen mit plüschigen Stoffen, schweren, dunklen Vorhängen und sehr vielen Sitzgelegenheiten. Am allenfalls mittelgroßen Eßtisch zählte Oskar zwölf Stühle. »Schöner Flügel«, sagte er.

      Rusudan nickte. »Eine Leihgabe, damit ich nicht immer zum Üben in die Hochschule muß.«

      »Warum wohnt Ihr denn nicht näher dran?«

      »Meine Mutter findet es sicherer. Und in Charlottenburg leben viele Georgier.«

      Rusudans Mutter folgte dem Gespräch mit Blicken.

      »Wir sind hier, weil wir Deine Mutter etwas fragen möchten zu einem Landsmann, der in Berlin zu Gast war.« Tanja sah die Mutter freundlich an. »Er ist verschwunden und wir suchen ihn.«

      Rusudan nickte. »Meine Mutter spricht nur Georgisch.«

      »Er war Politiker in Eurer Heimat«, sagte Tanja.

      Das Mädchen übersetzte leise.

      »Dein Vater war für seine Sicherheit verantwortlich.«

      Die Frau nickte eifrig und setzte sich neben ihre Tochter.

      »Er war Personenschützer«, sagte Rusudan, »und kam bei seiner Arbeit umʼs Leben.«

      »Ich weiß«, sagte Tanja. »Es geht um den Tod Deines Vaters.«

      Die Mutter sah von Tanja zu ihrer Tochter und redete leise und schnell. Rusudan antwortete kurz.

      »Weißt Du, wie Dein Vater starb?«, fragte Tanja.

      »Er rettete einem Mann das Leben«, sagte sie, »und verlor seins.«

      »Dein Vater wurde verdächtigt, an dem Attentat auf einen Politiker beteiligt gewesen zu sein, den er eigentlich hatte schützen sollen«, sagte Tanja.

      Das Mädchen schwieg.

      »Übersetzt Du das bitte für Deine Mutter, Rusudan?«

      Sie schwieg weiter.

      »Der Name des Mannes, der hier in Berlin verschwand«, Tanja sah in das Gesicht der Mutter, »ist Guram Geladse.«

      Die Frau schlug die Hände vor das Gesicht.

      »Wir sind hier, weil wir wissen möchten, ob Deine Mutter oder jemand, den sie kennt, Kontakt zu ihm hatte.«

      Die Frau redete auf ihre Tochter ein.

      »Ist das der Mann, dem die linke Hand fehlt?«, fragte Rusudan.

      Tanja nickte. Die Mutter ging in den Nebenraum und kehrte mit einem gerahmten Photo wieder, das sie vor Tanja auf den Tisch stellte. Ein junger Mann in Uniform. Dunkel, ernst wie seine Tochter und etwas wild. Die Mutter sprach auf Tanja ein.

      »Was sagt sie?«

      »Daß mein Vater ein guter Mann war, und daß er niemals Geld genommen hätte, um zuzulassen, daß jemand stirbt.«

      Die Frau sprach immer lauter.

      »Meine Mutter sagt, sie wurde damals unter Druck gesetzt. Man suchte einen Schuldigen. Und ein toter Personenschützer ist ein guter Sündenbock.« Rusudan saß kerzengerade am Tisch, die Hände im Schoß. Ihr Gesicht zeigte keine Regung.

      »Aber hattet ihr nicht viel Geld kurz nach dem Attentat?«

      Das Mädchen übersetzte, ihre Mutter schüttelte heftig