Seewölfe Paket 11. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395002
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aber wieder blitzte es in der Dunkelheit auf, und eine Kugel schwirrte heran. Der Engländer ließ sich in den Schlamm fallen. Das Geschoß flog über seinen Rücken weg.

      Im Mündungsfeuer der Muskete hatte er Romero genau erkennen können. Der Zufall hatte gewollt, daß er auch gleich das Loch gesehen hatte, das in dem Schädel des Jungen klaffte.

      Romero war tot.

      Und jetzt nahten die Verfolger – ein Trupp, der gut vierzehn, fünfzehn Mann zählen mochte. Sie drangen in das Dornengestrüpp ein, um auch Youngs Flucht ein Ende zu setzen.

      Wieder blaffte ein Schuß.

      3.

      Auf der „Isabella“ waren sämtliche Luken und Niedergänge verschalkt und auch die Manntaue ordnungsgemäß gespannt. Ed Carberry schloß seinen Kontrollgang über die heftig schwankenden Decks mit einem Brummeln ab, das wohl so etwas wie Anerkennung ausdrücken sollte. Immerhin hatten die Männer schnell und gut gearbeitet, das mußte man ihnen lassen. Jeder Handgriff hatte da gesessen, und so sehr der Profos auch herumwetterte, er mußte doch wieder einmal gestehen, daß es eine hervorragende, prächtig aufeinander eingespielte Crew war, die die „Isabella“ voranbrachte und manövrierte.

      Schweren Schrittes erklomm Carberry jetzt das Achterdeck und erstattete seinem Kapitän Meldung, wie die Borddisziplin es verlangte.

      „Gut, Ed“, sagte der Seewolf. „Wir sind also für den Ernstfall gerüstet. Im Augenblick sieht es zwar noch nicht so aus, als würden wir den Sturm voll zu spüren kriegen, aber du weißt ja, wie das in den Tropen ist. Das Wetter kann unversehens, von einem Moment auf den anderen, über uns hereinbrechen.“

      „Ja, Sir.“ Carberry dachte an den Taifun, den sie vor Jahren südlich von Formosa erlebt hatten, und konnte sich eines leichten Schauders auf seinem Rücken nicht erwehren. Ärgerlich schüttelte er das „dämliche Kribbeln“ aber wieder ab und fragte: „Kann ich die Freiwache jetzt zum verspäteten Backen und Banken im Logis anrücken lassen?“

      „Ja.“

      „Danke, Sir.“

      „Du solltest selbst auch einen Happen zu dir nehmen, Ed“, sagte Hasard. „Ben wird dich solange ablösen. Du kannst dir ruhig Zeit lassen, denn ich möchte, daß du nachher bei der Mittelwache voll bei Kräften bist.“

      „Da kannst du ganz beruhigt sein, Sir“, versicherte ihm der Profos, der es selbst beantragt hatte, die Mittelwache mit übernehmen zu können, die im Anschluß an die erste Nachtwache von Mitternacht bis vier Uhr morgens dauerte. Eine doppelte Wache abzureißen, das war für Carberry auch dann keine Strafe, wenn sie den Sturm wirklich noch abwettern mußten – im Gegenteil. Lieber war er gleich von Anfang an dabei, als daß er sich mitten im schönsten Schlaf aus der Koje scheuchen ließ. Verantwortungsgefühl und Disziplingeist gingen ihm eben über alles, wie sich das für ein Profos gehörte, auch wenn die Arbeiten an Deck und die Segelmanöver ohne sein Gebrüll ebenso sauber und ordentlich ausgeführt wurden.

      Hasard las in den Zügen seines Profos’ und lächelte.

      „Ed“, sagte er. „Der Kutscher soll eine Extraration Rum austeilen und sie von mir aus mit heißem Wasser verdünnen – damit euch das Essen leichter ’runterrutscht.“

      Carberry grinste, daß einen das kalte Grausen packen konnte, zeigte klar und rief: „Aye, Sir, schönen Dank, ich werde das sofort weitermelden!“

      Damit stieg er wieder auf die Kuhl zurück und hangelte in den Manntauen zum Vordeck. Ständig um sein Gleichgewicht bemüht, erreichte er das Schott, riß es auf und verschwand im Niedergang. Er rammte das Schott hinter sich zu und paßte auf, daß die Verschalkung sich nicht löste.

      Dann suchte er das Logis auf und blieb im Eingang stehen.

      Es war stockfinster in dem Mannschaftsraum. So sehr Carberry auch die Augen zusammenkniff und Ausschau hielt – er konnte niemanden erkennen.

      „Nun?“ fragte er deshalb barsch. „Seid ihr alle da, ihr Helden?“

      „Aye, Sir“, antwortete ihm Smoky, der Deckälteste. „Batuti, Gary Andrews, Bob Grey, Sam Roskill, Stenmark, Luke Morgan, die Zwillinge und der Kutscher – die Freiwache ist vollzählig versammelt.“

      „Sollen wir wieder ’raus und mit anpacken, Mister Carberry?“ fragte Philip junior, einer von Hasards beiden Söhnen.

      „Luke halten“, sagte der Profos. „Dich hat keiner gefragt, und du hast nur zu reden, wenn du was gefragt wirst, du Hering.“

      „Jawohl, Sir.“

      „Kutscher!“ rief Carberry. „Was drückst du dich in deiner Koje herum? Sollen diese Himmelhunde Kohldampf schieben, während die Deckswache pünktlich ihren Fraß gekriegt hat?“

      „Melde, daß ich nicht in meiner Koje liege, sondern auf entsprechende Anweisungen warte, Sir“, entgegnete der Kutscher – und die anderen konnten sich ihr Lachen kaum verkneifen.

      „Dann schieb ab in die Kombüse und roll mit deinen Essenskübeln an, Mensch!“

      „Zu Befehl, aber es wird kalt serviert, weil ich bei diesem Seegang die Feuer unter den Kesseln nicht anheizen kann.“

      „Versteht sich“, sagte Carberry und schob dabei grimmig sein Rammkinn vor. Er hielt sich am Türrahmen fest, um nicht aus der Balance zu geraten. „Aber ich habe eine zusätzliche Order von Hasard erhalten, und die lautet: Besanschot an, damit wir deinen saukalten Brei auch ’runterwürgen können!“

      „Besanschot an“, wiederholte der Kutscher. „Eine Extraration Rum für die Freiwache?“

      „Mit heißem Wasser verdünnt!“ rief der Profos.

      „Aye, Sir!“

      „Und daß mir auch die Deckswache ihre Ration Schnaps kriegt!“

      „Aye, Sir, sofort!“

      „Das ist keine Belohnung, bildet euch bloß nichts darauf ein, ihr Satansbraten!“ brüllte der Narbenmann. „Mit irgendwas muß man deinen Labskaus ja wegspülen, Kutscher, sonst kleistert er uns die Kehlen zu!“

      „Jawohl – bin schon unterwegs“, sagte der Kutscher, und damit löste er sich von seinem Halt, stolperte quer durchs Logis und stieß prompt mit dem Profos zusammen.

      Carberry fluchte, daß es durch die Vordecksgänge bis in die Frachträume hinunterschallte, torkelte rückwärts, ruderte mit den Armen und prallte mit dem Rücken gegen die Gangwand, die dem Eingang des Logis’ gegenüberlag. Hier verlor er endgültig das Gleichgewicht und rutschte zu Boden. Mit einem dumpfen Laut setzte er sich auf die Planken.

      Der Kutscher stieg über seine Beine und entzog sich Carberrys zornigen Hieben und Tritten, ehe es zu spät war.

      „Kutscher, du verlauster Heringsbändiger!“ brüllte der Profos ihm nach. „Warte, wenn ich dich zu fassen kriege! Ich zieh dir die Haut in Streifen ab!“

      Er wollte noch einen ganzen Schwall seiner schönsten Verwünschungen anhängen, unterbrach sich aber, weil ihm jetzt etwas mitten ins Gesicht flatterte. Das raschelte und schnatterte, wirbelte und kratzte, und er mußte sich mit den Händen schützen, bis es sich schließlich friedlich auf seiner Schulter niederließ.

      Etwas zwackte den Profos liebevoll ins rechte Ohrläppchen, und eine heisere Stimme sagte: „Backbrassen, wir laufen auf Grund. Backbrassen, backbrassen, ihr Stinkstiefel.“ Das war Sir John, der karmesinrote Aracanga, wie er leibte und lebte.

      Carberry wollte sich den Papagei von der Schulter nehmen, aber der Vogel entzog sich seinem Zugriff und flog ins Logis zurück, wo er vorher bei Philip junior und Hasard junior, den Zwillingen, gesessen hatte.

      „Sir John“, sagte Carberry nur mühsam beherrscht. „Eines Tages rupfe ich dich, du Nebelkrähe, und dann landest du beim Kutscher im Kochtopf, zusammen mit diesem krummbeinigen Kombüsenhengst, dem ich anständig den Hintern