Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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natürlich aus allen Wolken“, fuhr Hasso von Manteuffel fort, „und ich sagte diesem Spanier auch, daß ich ihm kaum glauben könne, weil mein Bruder schon seit Jahrzehnten verschollen sei. Er zog daraufhin ein blasiertes Gesicht und erklärte, daß ich schon gezwungen sein würde, ihm zu glauben. Und dann rückte er damit heraus: Sein Schwager Godefroy von Manteuffel habe höchst leichtsinnigerweise in Spanien hohe Spielschulden gemacht, insgesamt die stattliche Summe von zehntausend Goldtalern.“

      „Eine unglaubliche Geschichte!“ rief Arne.

      „Weiter“, bat Hasard atemlos, „ich glaube, das dicke Ende kommt erst noch.“

      „Erraten“, sagte Hasso von Manteuffel. „Ich war mächtig aufgebracht und fuhr dazwischen, daß mein Bruder kein Spieler sei und sich niemals mit einer solchen Summe verschulden würde. Aber dieser de Coria grinste nur zynisch und behauptete, er sei selbstverständlich sofort eingesprungen und habe die zehntausend Goldtaler bezahlt, um die Familienehre zu retten. Nun hört euch das Folgende an: Godefroy habe seine Spielleidenschaft zutiefst bereut und ihm, Rodriguez de Coria, seinen gesamten Kolberger Besitz überschrieben, einschließlich des Gutes Alt-Quetzin.“

      „Völlig ausgeschlossen“, sagte Arne im Brustton der Überzeugung, „ein von Manteuffel würde so etwas niemals tun.“

      Sein Vater hob nur kurz die Hand und sprach dann weiter. „Mein ehrenwerter Besuch gab sich ganz von oben herab und ließ gnädiglichst vernehmen, daß er auf eine Überschreibung des Besitzes verzichten wolle, wenn ihm unsere Familie die verauslagten zehntausend Goldtaler zurückerstatte. Dann glaubte ich, meinen Augen nicht zu trauen, als de Coria ein Schriftstück vorlegte, in Spanisch und Deutsch verfaßt und – unterschrieben von meinem Bruder! Ich sehe es noch deutlich vor mir. Die Übereignung des Besitzes wird dokumentiert, gegeben zu Madrid am 2. November anno 1592 und außerdem noch beglaubigt von einem königlichen Notar.“

      Schweratmend hielt Hasso von Manteuffel inne. Beklemmende Stille lastete plötzlich in dem Wohnraum, nur unterbrochen vom Bullern des Ofenfeuers.

      Hasard war starr. Er hatte das Gefühl, explodieren zu müssen, um seinem Zorn Luft zu verschaffen. Aber derjenige, dem dieser Zorn galt, war weit entfernt, in der Sicherheit einer prunkvoll verschnörkelten Galeone im Hafen von Kolberg.

      Und die Worte des Seewolfs tropften in die Stille.

      „Was dieser de Coria behauptet, ist erstunken und erlogen. Das Schriftstück ist eine Fälschung.“

      „Mit dem Bestätigungsvermerk eines Notars?“ wandte Arne behutsam ein.

      Hasard blies die Luft durch die Nase.

      „Einer Familie de Coria in Spanien ist es möglich, alles und jeden zu kaufen. Es war der 4. Oktober 1580, als mein Vater hinterrücks erstochen wurde, und zwar von Salvador de Coria, der damals Generalleutnant und vom spanischen König Beauftragter für das Festungswesen war. Wie gesagt, ich habe Zeugen dafür. Meine gesamte Crew war dabei, als wir meinen Vater von einer Galeere befreit hatten und den Mord nicht verhindern konnten.“

      „Dann ist es eindeutig“, sagte Hasso von Manteuffel, „Godefroy kann nicht zwölf Jahre nach seinem Tod in Madrid eine Urkunde unterzeichnet haben. Dieser Rodriguez de Coria hat auch von Godefroys Tod kein Wort erwähnt. Wohlweislich, wie mir jetzt einleuchtet.“

      „Ich entsinne mich“, fuhr Hasard fort, „daß meine Mutter drei Brüder hatte. Einer von ihnen war Salvador de Coria, der Mörder meines Vaters.“

      „Rodriguez de Coria ist also einer der beiden anderen Brüder“, folgerte Arne, „unglaublich, daß er es wagt, hier in Kolberg aufzutauchen.“

      Der Seewolf nickte grimmig.

      „Das ist der besondere Familiensinn der de Corias. In betrügerischer Absicht und mit infamen Behauptungen will Rodriguez zehntausend Goldtaler einsacken. Ich werde ihn daran erinnern, wie er und seine beiden sauberen Brüder die eigene Schwester in den Tod getrieben haben, als sie ihr das Kind abnahmen, um es nach Deutschland abzuschieben.“

      „Was dazu führte, daß du bei den Killigrews in Cornwall aufgewachsen bist“, sagte Arne, um es für seinen Vater noch einmal zu verdeutlichen.

      „Die Tatsache als solche ist noch zu ertragen“, sagte Hasard grimmig, „aber ich darf nicht daran denken, was sich diese sauberen de Coria-Brüder noch alles geleistet haben. Da war beispielsweise das Lösegeld, das meine Mutter gezahlt hatte, um meinen Vater als Galeerensklaven aus dem Dienst eines gewissen Uluch Ali freizukaufen. Ihre drei ehrenwerten Brüder haben dafür gesorgt, daß das Geld nie den Empfänger erreichte, sondern in die Taschen eines Dunkelmannes in Cadiz wanderte.“

      „Diesem angeblichen Gesandten des spanischen Königs haftet der Gestank von Schmutz und Verleumdung an“, sagte Hasso von Manteuffel angewidert, „mein Gott, wenn ich das alles gewußt hätte, ich hätte ihn sofort mit einem Fußtritt vor die Tür befördert.“

      „Es hat sich nichts geändert“, sagte Hasard erbittert. „In all den Jahren ist es geblieben, wie es war: Ein de Coria bleibt ein de Coria. Ihre niederträchtigen Geschäfte wollen sie jetzt hier fortsetzen.“ Er erinnerte sich an den Blick durch das Spektiv. Jetzt wurde ihm klar, warum ihm dieser alte hagere Geck auf der spanischen Galeone so bekannt erschienen war. Die Ähnlichkeit mit Salvador de Coria! Hasard wandte sich wieder an seinen Onkel und fragte, was er auf die unverschämte Forderung des höchst ehrenwerten Besuchers geantwortet habe.

      „Natürlich habe ich mich nicht entschieden“, erwiderte Hasso von Manteuffel, „ich habe diesem Betrüger nur erklärt, daß die ganze Angelegenheit im Familienrat besprochen werden müsse. Und dazu gehöre nun einmal mein ältester Sohn, der in Kürze zurückerwartet werde. Ich hatte sowieso starke Bedenken. Nur erschien mir die Unterschrift auf der Urkunde echt. Ich habe sie eigens noch mit einer alten Signatur meines Bruders verglichen.“

      „Die Unterschrift ist gefälscht“, sagte Hasard mit Bestimmtheit, „daran gibt es nichts zu rütteln. Es ist einfach ungeheuerlich, was sich dieser de Coria hier leistet.“

      Die Vorstellung, daß dieser Mann auch sein Onkel war, jagte dem Seewolf einen Schauer über den Rücken. Welch ein Unterschied zwischen Hasso von Manteuffel und diesem spanischen Geck! Eine Welt trennte diese beiden Männer.

      „Nun“, sagte Hasso von Manteuffel nach kurzem Nachdenken, „wir müssen uns jetzt darüber klarwerden, wie wir weiter vorgehen wollen.“ Er sah seinen Neffen besorgt an. Wie sehr die Empörung in Hasard brodelte, war leicht zu erkennen. Und auch Arne war nicht minder aufgebracht.

      „Schicken wir einen Boten zu den Spaniern“, schlug Hasard kurzerhand vor, „und bitten wir den ehrenwerten Señor de Coria hierher zu einer Unterredung.“

      Es gab keinen Einwand.

       4.

      „Zurück!“ brüllte Mac Pellew. „Willst du wohl abhauen, du Mistvieh!“

      Big Old Shane, schon im Begriff, durch die Grätingsluke abzuentern, grinste breit. Plymmie ließ sich nicht abschütteln. In Ermangelung der Zwillinge, die sonst ihre ständigen Begleiter waren, hatte sie sich dem Mann aus der Kombüse angeschlossen, zumal auch Arwenack und Sir John nicht verfügbar waren. Denn der Schimpanse und der karmesinrote Arara-Papagei turnten wieder einmal hoch oben in den Wanten herum.

      „Laß sie in Ruhe“, sagte Shane und winkte ab, „ein Hund ist nicht gern allein.“

      „Weiß ich doch.“ Mac Pellew zog hilflos die Schultern hoch. Mit Trinkwasserkanne in der einen und Henkeltopf in der anderen Hand war er ohnehin nicht in der Lage, sich die Wolfshündin vom Hals zu halten. „Aber ich entsinne mich, daß es mit dem Knilch da unten schon mal Schwierigkeiten gegeben hat. Ihretwegen.“ Er hob die Kanne und deutete auf den grauen Vierbeiner, der auf einstimmigen Beschluß der Seewölfe zum Bordhund ernannt worden war.

      „Hunde sind manchmal wie Menschen“, entgegnete Shane, „an unsympathische Zeitgenossen müssen sie sich erst gewöhnen.“

      „Zeit