Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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Brighton hatte das Achterdeck ebenfalls erreicht und trat zu Hasard.

      „Ob das unser lieber Freund Arturo Diaz Escribano ist?“ fragte er mit einer Geste zu dem rasch näherrükkenden Verband hin.

      Hasard schüttelte den Kopf. „Selbst wenn er kurz nach seiner Niederlage aufgefischt worden ist, hat er einen neuen Verband nicht so schnell wieder zusammenstellen können. Unmöglich.“ Er blickte nach Südosten. Wie eitle Schwäne schoben sich die fünf Galeonen heran. Die „Isabella“ legte sich derweil mit Backbordhalsen an den Wind und verließ die Bucht.

      „Ich möchte wirklich wissen, mit welchem Draufgänger wir es da zu tun haben“, sagte der Seewolf.

      Er ahnte nicht, daß er dem Mann, der das Kommando über den spanischen Kriegsschiff-Verband führte, schon einmal unter nicht weniger dramatischen, verhängnisvollen Gegebenheiten begegnet war – ohne dessen Namen erfahren zu haben.

      Lucio do Velho, der Mann mit dem ausdrucksstarken Gesicht und den Fähigkeiten eines Mimen, stand in erhabener Pose auf dem Achterdeck seines Flaggschiffes. Er suchte nirgends mit den Händen Halt, sondern hatte die Arme vor der Brust verschränkt und glich die Decksbewegungen durch geschickte Beinarbeit aus.

      Sein Blick war voraus gerichtet, über die Back derViermast-Galeone „Candia“ hinaus, rechts an ihrem Bugspriet vorbei auf die Bucht, in der die vielen Schiffe lagen. „Killigrew“, sagte der Portugiese do Velho. Fast schwang Ergriffenheit in seinem Tonfall mit, aber man hätte diese Färbung leicht falsch interpretieren können. DoVelho war bewegt, aber nicht wegen des Wiedersehens, sondern wegen seines Geschickes, seiner Fähigkeit, eine im Nichts verlaufende Fährte wieder aufzunehmen.

      „Seewolf“, sagte er. „Du elender Bastard, seit mehr als vier Monaten suche ich dich jetzt. Endlich habe ich es geschafft. Diesmal gelingt es dir nicht, dich aalglatt und gerissen meinen Fängen zu entziehen.“

      „Sind Sie sicher, daß wir die ‚Isabella‘ vor uns haben, Senor Comandante?“ erkundigte sich eine Stimme hinter seinem Rücken.

      Unwillig wandte do Velho sich um. Sein zurechtweisender Blick fiel auf das derbe Gesicht von Ignazio, dem Mann aus Porto, der nicht nur sein Landsmann, sondern auch sein treuester Mitstreiter war.

      „Wie oft soll ich dir noch sagen, daß man seinen Comandante nicht von hinten anspricht, Ignazio?“

      „Verzeihung.“ Iganazio tat zwei Schritte und stand neben seinem Herrn und Gebieter. „Ich habe das vergessen.“

      „Du hast überhaupt ein schlechtes Gedächtnis“, erwiderte do Velho ungnädig. „Du kannst von Glück sprechen, daß ich dich auf diesem stolzen Schiff Seiner Allerkatholischsten Majestät überhaupt dulde. Aber man ist eben sentimental.“ Ignazio war außer doVelho der einzige Mann, der seinerzeit nördlich von Formosa lebend jene kleine Insel verlassen hatte, in deren Bucht der Seewolf die „Sao Fernao“ zusammengeschossen hatte.

      „Dir scheint wohl ganz entfallen zu sein, wie das verdammte Schiff des verfluchten ‚Lobo del Mar‘ aussieht?“

      „Comandante, ich kann es auf diese Distanz nicht so gut erkennen.“

      „Dann nimm ein Spektiv zu Hilfe.“

      „Ich habe es getan. Aber die Sonne blendet mich, und die vielen kleineren Schiffe in der Bucht verdecken mir die Sicht auf die Dreimast-Galeone.“

      Do Velho winkte ärgerlich ab. „Du bist ein hoffnungsloser Fall. Du taugst zum Dreinschlagen, Ignazio, zu mehr aber nicht.“

      „Ich bin betrübt, Senor“, murmelte der Mann aus Porto. Er schien es wirklich zu sein, denn er senkte den bulligen Schädel und starrte auf die Decksplanken.

      „Vorhin, als der Ausguck die Schiffe in der Bucht von Rempang erspäht hat, bin ich selbst in denVormars aufgeentert“, setzte Lucio doVelho dem einfachen Mann auseinander. „Von dort oben habe ich die ‚Isabella‘ einwandfrei identifiziert.“

      „Si, Senor. Aber was haben die verflixten Kähne der Eingeborenen in der Nähe der Galeone verloren?“

      „Das sind Prahos, du Einfaltspinsel. Ich frage mich, wie ich in Manila so närrisch sein konnte, dich durch meinen Zuspruch zum Bootsmann avancieren zu lassen.“

      „Ich habe Ihnen das Leben gerettet.“

      „Das war deine Pflicht. Brüste dich bloß nicht damit. Außerdem wäre ich auf der Insel auch allein mit den Meuterern fertiggeworden. Du brauchst dir auf deine Tat nichts einzubilden.“

      „Nein, Senor“, antwortete der Mann aus Porto untertänigst.

      „Also – ich kann dich jederzeit selbst wieder zum einfachen, dreckigen Decksmann degradieren, vergiß das nicht. Unterlasse deine idiotischen Bemerkungen, sie beleidigen meine Ohren und verletzen meinen Geist. Ignazio, es interessiert mich nicht, warum die Prahos der Malaien bei den Seewölfen liegen, ich frage auch nicht danach, welche Begleitumstände dazu beigetragen haben, daß wir hier und heute auf die Hunde stoßen konnten.“

      Sein Blick wanderte zur Kuhl ab, wo zwanzig bronzene 17-Pfünder-Culverinen ausgerollt und schußbereit gestellt worden waren. Auf dem darunter befindlichen Batteriedeck der „Candia“ stand noch einmal die gleiche Zahl Kanonen desselben Kalibers bereit, das Feuer auf den verhaßten Feind zu eröffnen.

      „Ich bin jetzt froh, heute nacht den Sturm abgeritten zu haben“, sagte der Portugiese. „Anderenfalls hätte uns der Zufall nicht auf Rempang zugetrieben.“

      „Niemals, Senor“, sagte Ignazio. „Aber mir ist etwas eingefallen. Die Eingeborenen auf den Prahos könnten Verbündete des Seewolfs sein.“

      „Sehr gut, Ignazio. Ich rechne fest damit, daß es so ist. Da sie offenbar in trautem Einvernehmen bei den Bastarden von Engländern weilen, stufen wir auch die Malaien als unsere Todfeinde ein, die keine Rücksicht verdienen.“

      „Mehr als ein Dutzend Schiffe gegen uns, Senor Comandante …“

      „Mit unserer Armierung sind wir denen haushoch überlegen“, entgegnete do Velho. „Wage nicht, auch nur eine Sekunde daran zu zweifelh.“

      „Gewiß nicht. Welches ist nun aber Ihr Plan?“

      Lucio do Velhos Züge verhüllten die Grausamkeiten, die sein Geist sich ausmalte, um keinen Deut. „Wir greifen ohne jede Vorwarnung an. Wir schießen sofort aus vollen Rohren, das ist die einzige Art, diesem Dreckskerl von einem Korsaren zu begegnen.“

      4.

      Die „Isabella VIII.“ hatte die Bucht als erstes Schiff verlassen, jetzt ließ der Seewolf noch weiter anbrassen, luvte so weit wie möglich an und segelte tollkühn direkt auf den feindlichen Verband zu.

      Die „Yaira“ folgte der großen Galeone in nach Backbord schräg versetzter Kiellinie und segelte somit am dichtesten unter Land. Sechs Kanonen schwer bestimmbaren Kalibers fuhren auf dem dreimastigen Praho des Tigers von Malakka mit. Sotoro hatte sie von einem chinesischen Freibeuter ergattert, dessen Dschunke er gekapert und anschließend versenkt hatte, als dieser ihm gefährlich geworden war. Al Conroy hatte die Geschütze als 15-Pfünder eingestuft, als die Seewölfe in der Nacht einen kurzen Abstecher an Bord der „Yaira“ unternommen hatten.

      Nach und nach stießen nun auch die anderen Prahos der Rebellen von Malakka aus der geschützten Bucht, und danach glitten auch die kleinen, einmastigen Fahrzeuge der Orang Laut auf die offene See hinaus. Kutabaru und seine Krieger hatten keinen Augenblick gezögert, an dem drohenden Gefecht teilzunehmen.

      Ben Brighton stand neben seinem Kapitän an der Five-Rail. Er hätte den Seewolf fragen können, wieso sie nicht durch rasches Runden der Insel nach Nordwesten und Norden versuchten, den Spaniern zu entgehen. Sotoro hätte ihnen auch helfen können, irgendwo zwischen den weiter nördlich verstreut liegenden Eilanden unterzutauchen.

      Aber das wäre nicht nur ein Schwächebeweis gewesen. Sie hätten den auf sie lauernden Verband auch weiterhin ständig am