Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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Tucker.

      Carberry rieb sich mit dem Handrücken über den Mund und schnaufte. „Ja. Das könnte euch so passen, wie? Aber wenn sich auch nur einer die Hucke vollsäuft und über die Stränge schlägt, gibt es dikken Ärger.“

      Ungefähr eine Stunde später, als die Malaien eine Lichtung der oberen Dschungelregion als Festplatz hergerichtet hatten und die Feuer munter aufzuckten, begann aber auch der Profos endlich zu grinsen. Yaira, die Tochter von Otonedju, lächelte ihn nämlich auf hinreißende Weise an und beschrieb mit den Händen ein Zeichen, das in der Sprache der Inselbewohner soviel wie Frieden bedeutete.

      Eine Woge des Frohsinns schien mit den Liedern, die die Eingeborenen anstimmten, über die Insel Rempang zu gleiten. Der Schrecken war gebannt, und die Dankesbezeigungen, die die geretteten Orang Laut dem Seewolf entgegenbrachten, wollten kein Ende nehmen. Hasard hütete sich, die Ovationen abzuwehren. Er hörte sich an, was die Seenomaden ihm zu sagen hatten, ließ es sich von dem Tiger von Malakka übersetzen und schüttelte Hände.

      Schließlich antwortete er: „Ich danke euch, aber ich weiß, daß der Tiger von Malakka das gleiche wie ich getan hätte, nachdem er den einen von euch aufgefischt hatte, der von der Insel fliehen konnte. Und nicht zuletzt möchte ich auch dem jungen Krieger meine Hochachtung aussprechen, der sich im Namen eures Stammes und um eurer Rettung willen freiwillig in die Klauen Bulbas’ begeben hätte.“

      Dies hatte zur Folge, daß die Orang Laut, die malaiischen Freibeuter, Otonedju und seine Leute und die Seewölfe nun den jungen Krieger hochleben ließen.

      Der Tiger von Malakka stand unweit von Hasard und hatte dem Mädchen Yaira eine Hand um die Hüfte gelegt.

      „Ich werde versuchen, Bulbas zu zähmen“, sagte er auf spanisch. „Er darf nicht sterben.“

      „Solange die Hoffnung besteht, daß aus dem gefährlichen Mörder doch noch ein normal handelndes Tier wird, das frei von der Angriffs- und Tötungslust eines Amokläufers ist“, erwiderte der Seewolf. „Sollte das nicht gewährleistet sein, mußt du den Tiger töten.“

      „Ich achte Bulbas.“

      „Ich auch, Aber denke daran, was geschieht, wenn er eines Tages wieder ausbricht.“

      „Ich werde alles daransetzen, ihn zu besänftigen“, entgegnete der Freibeuter ernst. „Ich will dir jetzt verraten, wo sich mein Versteck befindet. Vier Inseln liegen nördlich von Rempang in dem Wasser, das uns mit dem Festland von Malakka verbindet. Die zweitkleinste davon diente uns bisher als Unterschlupf.“

      „Bisher?“

      Der Tiger entblößte seine weißen, untadeliger. Zähne und lachte. „Ja, du hast dich nicht verhört. Ich gehe ganz einfach von der Tatsache aus, daß die Spanier und Portugiesen, kurzum, alle Feinde der Malaien, auch weiterhin annehmen werden, daß Rempang durch Bulbas ein menschenleeres Stück Wildnis im Meer ist, auf das niemand seinen Fuß zu setzen wagt.“

      „Darum wirst du die Insel jetzt zu deiner neuen Domäne machen“, sagte Hasard.

      „Was ist eine Domäne? Ein Staatsbesitz?“

      „So ungefähr.“

      „Du ahnst, auf was ich hinauswill, Seewolf.“

      „Eben. Du bist mehr als ein Seeräuber.“

      Der Tiger von Malakka beschrieb eine ausholende Gebärde, die die Lichtung erfaßte. „Hier werde ich den Grundstein für die Republik legen, die ich gründen will. Die Völker von Malakka und Sumatra, die Stämme der Inseln – alle will ich im Kampf gegen die Spanier vereinen und so ausrüsten, daß sie auch keine Kanonen mehr zu fürchten brauchen.“

      „Du hast dir viel vorgenommen“, sagte Hasard ernst.

      „Glaubst du, ich scheitere?“

      „Nein, du schaffst es.“

      2.

      In dieser warmen Mainacht 1585 drang ein spanischer Schiffsverband von Norden her tief in die Malakkastraße ein. Aus einer 300-Tonnen-Galeone mit dem Namen „Santa Trinidad“ sowie zwei leichteren, jedoch gut armierten Kriegskaravellen bestand dieser kleine Verband, und er wurde von dem Kommandanten Francisco Lozano der Dreimast-Karavelle „San Rafael“ befehligt, dessen Order sich der Kapitän der Zweimast-Karavelle „Estremadura“, Raoul Souto Alonso, und der Kapitän der „Santa Trinidad“, Rafael de Cubas, zu unterwerfen hatten.

      Vor zwei Nächten waren die drei Schiffe in Ban Na Kah am Isthmus von Kra ankerauf gegangen, und den Berechnungen des Comandante Francisco Lozano zufolge hätten sie eigentlich bereits am Nachmittag dieses heutigen Tages die spanische Niederlassung Bengkalis erreichen müssen. Doch der wechselhafte, ständig umspringende Wind bei der Überfahrt und ein kurzer, jäh über die Andamanensee fegender Sturm hatten Lozano einen dicken Strich durch die Rechnung gezogen.

      Er konnte noch froh sein, nur die Verzögerung in Kauf nehmen zu müssen. Es hätte schlimmer kommen können – was wäre gewesen, wenn die „Santa Trinidad“ in Havarie geraten wäre, was, wenn sie im Sturm den Kontakt mit ihrem Geleitschutz verloren hätte und möglicherweise Piraten in die Hände geraten wäre?

      Lozano grauste es, wenn er nur daran dachte. Im Grunde genommen durfte er zufrieden sein. Bengkalis war fast erreicht und die kostbare Fracht der „Santa Trinidad“ somit nahezu vor allen Unbilden der Natur und menschlichen Hinterhältigkeiten bewahrt.

      Der Verlust dessen, was in den Frachträumen der „Santa Trinidad“ ruhte und ihr ansehnlichen Tiefgang verschaffte, hätte sehr ernste Konsequenzen für den Kommandanten nach sich gezogen. Man hätte ihn nicht nur degradiert, sondern mit größter Wahrscheinlichkeit auch vor ein Gericht gestellt. Seine unrühmliche Rückkehr ins Mutterland wäre unabwendbar gewesen.

      Die „San Rafael“, ein wendiges Schiff mit Lateinersegeln wie die „Estremadura“ und wie diese ein guter Am-Wind-Segler, führte den Verband und geleitete ihn auf die Einfahrt der langgestreckten Bengkalis-Bucht zu. Die Pulau Rupat, die Insel Rupat, Sumatra im Nordosten vorgelagert, lag bereits achteraus. Bald mußte jene Passage erreicht sein, die zwischen Sumatra und der Insel Bengkalis hindurch auf den nördlichen Einlaß der großen Bucht zu verlief.

      Auf dem Achterdeck der „San Rafael“ trat der etwas untersetzte Comandante mit dem gewellten Haupthaar und dem sorgfältig gestutzten Knebelbart zu dem Steuermann, der sich hinter dem Rudergänger postiert hatte und ihm immer wieder Kurskorrekturen angab.

      „Wir laufen Bengkalis ohne Aufenthalt an“, sagte Francisco Lozano. „Wenn nötig, werden wir die Wassertiefe ausloten.“

      „Comandante …“

      „Ich weiß, was Sie sagen wollen, Timonero. Wir haben den Wind aus OstNord-Ost. Wir müssen sehr hoch darangehen, um die Buchteinfahrt bis zum Hafen Bengkalis durchsegeln zu können. Aber glauben Sie mir, die Passage ist breit genug, auch bei Nacht.“

      „Trotzdem ist es ein Wagnis.“

      „Das Mondlicht reicht aus, uns den rechten Weg zu weisen, Timonero.“

      „Im westlichen Bereich der Bucht befinden sich tückische Korallenriffe“, erwiderte der Steuermann. „Ich fahre diese Strecke nicht zum erstenmal.“

      „Ich auch nicht!“

      „Es ist meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, daß wir durch den Wind auf die Korallenbänke gedrückt werden könnten.“

      „Danke, das reicht“, entgegnete Francisco Lozano scharf. „Weitere Ausführungen können Sie sich ersparen, Senor. Ich führe das Kommando, und ich lasse mir nicht gern aufschwatzen, was ich zu tun oder zu lassen habe.“

      Die Augen des Steuermannes verengten sich ein wenig, aber er gab sich Mühe, so freundlich wie irgend möglich zu bleiben. „Comandante, das lag auch nicht in meiner Absicht …“

      „Dann halten Sie den Mund“, fuhr Lozano ihn an. „Ich trage die Verantwortung, nicht Sie. Haben