Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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Mann, aber auch das nutzte nichts. Im Moment des Aufpralls aufs Riff wurden er und seine Männer aus dem Stand auf Deck gerissen und durcheinandergeschleudert. Sie überrollten und wälzten sich. Einige schlugen so hart gegen das Schanzkleid oder andere Widerstände, daß sie sich Verletzungen zuzogen. Ja, zwei Decksleute kippten sogar außenbords und verschwanden in der Nacht.

      Es krachte und knirschte. Der Rumpf der 300-Tonnen-Galeone wurde von den harten, scharfen Formationen der dicht unter der Wasseroberfläche befindlichen Baum- und Rindenkorallen aufgeschlitzt. Gähnende Lecks klafften plötzlich in der hölzernen Schiffshaut, gurgelnd drangen die Fluten ein.

      Der Schiffszimmermann und ein paar Helfer, die sofort in die unteren Räume eilten, wurden durch die rauschenden Wassermassen gestoppt. Obwohl der beherzte Zimmermann ein paar Tauchversuche unternahm, gelangte er an die Lecks nicht heran. Es war ausgeschlossen, die Galeone von innen her auch nur notdürftig abzudichten.

      Die Männer kehrten auf Oberdeck zurück und erstatteten Meldung. Panik drohte um sich zu greifen.

      Die Galeone krängte bedrohlich und schien jeden Moment querzuschlagen.

      „Löscht die Ladung, verstaut sie in den Booten!“ schrie der Capitán de Cubas. „Wir müssen das Schiff aufgeben.“

      „Senor Capitán!“ rief der Zimmermann zurück. „Wir müssen das Frachtgut im Stich lassen. Wir schaffen es nicht mehr …“

      „Niemals! In die Frachträume!“ Rafael de Cubas’ Stimme steigerte sich zu einem Heulen. „Das ist ein Befehl, und ich werde jeden, der ihn nicht befolgt, wegen Meuterei und Feigheit zur Rechenschaft ziehen!“

      Den Männern blieb nichts anderes übrig, sie mußten in die tosende, unheimliche Tiefe des Schiffsrumpfes zurückkehren. Unter Aufbietung all ihren Mutes bildeten sie eine Kette, dessen unterste Glieder in den Frachträumen immer wieder in die schwärzlichen, brodelnden Fluten tauchten und Kisten und Truhen, prall gefüllt mit Diamanten von Kra, heraufzerrten. Der Zimmermann befand sich unter diesen beherzten Männern.

      Die Kisten wurden auf Oberdeck gemannt und in die bereits ausgebrachten Beiboote abgefiert, was nicht ohne Schwierigkeiten abging, weil die „Santa Trinidad“ immer weiter nach Steuerbord krängte.

      So sehr de Cubas sich auch bis zuletzt dagegen sträubte – ihm blieb schließlich nichts anderes übrig, als sich in ein Boot zu begeben und das sinkende Schiff zu verlassen.

      Nur einen Teil des Diamant-Schatzes hatte er bergen können, etwa ein Viertel. Während aber die Beiboote an Steuerbord der Galeone dümpelten, während sich Masten und Rigg bedrohlich den Männern auf den Duchten entgegenneigten, hörten die auf dem Dreimaster Zurückgebliebenen nicht auf, Kisten und Truhen aus dem Schiffsbauch zu mannen.

      Die Wassermengen füllten die „Santa Trinidad“ und ließen sie noch mehr nach Steuerbord krängen. Der jaulende Wind tat ein weiteres – die Galeone schlug endgültig quer.

      Ein einziger Schrei des Entsetzens ging durch die Reihen der Spanier. Mit wilder Kraft der Verzweiflung pullten sie unter dem niederächzenden Mastwerk, der Takelung und dem laufenden und stehenden Gut fort. Zwei Booten gelang es, sich zu lösen, ein drittes, kleineres, wurde untergegraben. Nur ein Teil seiner Besatzung vermochte sich durch Wegtauchen zu retten.

      De Cubas war für Minuten seiner Stimme beraubt. Er ließ in die Bucht hinauspullen, hatte sich auf der Heckducht seines Bootes umgewandt und verfolgte fassungslos die letzte Phase des Unglückes.

      Knarrend rutschte die „Santa Trinidad“ vom Riff. Unglaublich schnell vollzog sich das. Man war versucht an einen bösen Traum zu glauben. Die Schatz-Galeone nahm den Großteil der Diamantenausbeute aus den Minen von Kra mit in die Tiefe, außerdem ein paar Männer, die nicht mehr rechtzeitig den Weg aus den unteren Schiffsräumen zurück auf Oberdeck fanden. Unter ihnen war auch der Zimmermann.

      Sie ertranken in Gesellschaft des phantastischen, unermeßlichen Juwelenreichtums.

      Die Überlebenden pullten zu den wartenden Karavellen. Der Kapitän Rafael de Cubas wußte, daß sein Davonkommen vor dem so nahen Tod kein dauerhafter Trost für den Verlust des Schatzes war. Man würde ihn wie den Kommandanten Francisco Lozano und den Kapitän der „Estremadura“, Raoul Souto Alonso, für das Unglück zur Rechenschaft ziehen.

      Ob man die Diamanten vom Grund der Bengkalis-Bucht bergen konnte, hing in erster Linie davon ab, wie tief die „Santa Trinidad“ sank.

      3.

      Sotoros Männer hatten die Feuer auf Rempang rechtzeitig gelöscht, dann hatten sich alle an dem Fest Beteiligten zu den Booten begeben – außer den Wachen, die am Käfig des Tigers verharrten und die mit gemischten Gefühlen darauf warteten, daß das Tier wieder erwachte.

      Im Sturmwind hatten die Männer und Frauen zu ihren Schiffen übergesetzt und die Prahos und die „Isabella“ in eine geschützte Bucht an der Leeseite der Insel Rempang verholt. Den Orang Laut war es im weiteren Verlauf der Nacht auch gelungen, ihre Auslegerboote von dem Landeplatz in die Bucht zu verholen. Bei ihrem Eintreffen waren sie an der Nordküste an Land gegangen und mußten jetzt mit den Booten die halbe Insel runden, was kein leichtes Stück Arbeit war. Aber sie waren glücklich, feststellen zu können, daß die kleinen Prahos keinerlei Schaden genommen hatten. Der Seewolf hatte vor seinem Kampf gegen Bulbas angenommen, der Tiger habe die Boote kurz und klein geschlagen, aber in diesem Punkt hatte er sich getäuscht. Bulbas heiliger Respekt vor dem Wasser hatte eine schützende Barriere vor den Booten errichtet, die der Mörder nicht hatte überbrükken können.

      Die geschützte Bucht wurde zum provisorischen Lager der Seewölfe und der Malaien.

      Kutabaru, der Häuptling der Wassernomaden, hatte sich inzwischen bereiterklärt, für Sotoros Sache mitzukämpfen. Mit Otonedjus Männern und den Orang Laut zählte der Trupp des Tigers von Malakka mittlerweile also weit über hundert Köpfe.

      „Genug, um eine Republik zu gründen“, sagte Sotoro zu Hasard, als er sich auf die Einladung des Seewolfs hin mit Yaira an Bord der „Isabella“ begab. „Wir werden auf Rempang Dörfer bauen, das Land urbar machen und als Alleinversorger auf keine Hilfe von außen angewiesen sein.“

      „Die Spanier dürfen davon nichts merken“, gab der Seewolf zu bedenken.

      „Wir werden den Dschungel als Sichtschutz an den Ufern wuchern lassen“, erwiderte der Tiger. „Und für unsere Schiffe gibt es genügend Versteckmöglichkeiten. Ich denke, wir können Jahre unter diesem Tarnmantel leben, ohne eine Invasion befürchten zu müssen.“

      „Meinen Segen dazu habt ihr“, sagte Hassard. „Sotoro, ich möchte dir jetzt ein paar Seekarten zeigen, die ich auf dem Weg von China hierher ergattert habe. Vielleicht kannst du mir noch ein paar Hinweise geben, die für die Fortsetzung unserer Reise von großem Wert sind.“

      „Du weißt ja, ich bin unter den Spaniern gefahren.“

      „Eben deswegen. Gehen wir in meine Kammer im Achterkastell.“

      Kurze Zeit darauf betraten sie die gemütliche Kammer im Heck der leicht schwankenden „Isabella“. Ein mittelschwerer Sturm tobte über die Insel Rempang weg, doch die Bucht lag behütet genug in Lee, und die beiden Männer und das schöne Mädchen konnten noch lange über den Karten und in ihre Erzählungen vertieft beim Schein der Öllampe zusammensitzen.

      Erst kurz vor Anbruch des neuen Tages verließen Sotoro und Otonedjus Tochter die große Galeone wieder, um auf die „Yaira“ zurückzukehren. Hasard legte sich in seiner Koje zur Ruhe. Er wollte wenigstens noch ein oder zwei Stunden schlafen.

      Im Morgengrauen ließ der Wind wieder nach, und die Wogen auf offener See glätteten sich. Hasards traumdurchwebtes Dahindämmern wurde jedoch abrupt durch einen Ruf unterbrochen, der über die Bucht hallte.

      „Mastspitzen in Südost!“

      Hasard war sofort wach. Kein Zweifel, es war Bill gewesen, der die Worte ausgestoßen hatte. Bill, der Schiffsjunge der „Isabella“, hockte seit der Wachablösung im