Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
Скачать книгу
der Eingeborenen ließ sich dadurch motivieren, daß die Malaien beispielsweise der „Isabella“, einem harmlosen Handelsfahrer, im Sturm geholfen hatten. Oder daß sie dem Kapitän der Kriegsgaleone „Isabella“ wertvolle Tips zur Ergreifung des gefürchteten Tigers von Malakka geliefert hatten. Es gab viele Möglichkeiten.

      Ben lachte rauh. „Das glaubst du doch selbst nicht.“

      Hasard wandte den Kopf und musterte ihn erstaunt. „Was denn?“

      „Ach, ich rede mit mir selbst. Ich schätze, die Dons dort wissen, wen sie vor sich haben. Entweder kennen sie die ‚Isabella‘, die ja allmählich bekannt wird wie ein bunter Hund – oder die Prahos des Tigers. Oder gleich den ganzen Verband.“

      „Ben, ich bin sicher, daß sie uns darüber nicht lange im unklaren lassen“, versetzte der Seewolf.

      So war es. Vom Bug des Viermasters, der nach Hasards Schätzungen jetzt nur noch knapp eine Meile entfernt an der Spitze des Fünferverbandes segelte, stieg eine weiße Rauchwolke hoch. Das Buggeschütz sandte eine Kugel herüber, die auf diese Distanz zwar nur in etwa gezielt sein konnte, die aber die Reichweite hatte, dicht vor dem Vorsteven der „Isabella“ in die Fluten zu klatschen und eine rauschende Fontäne hochzujagen.

      „Jetzt schlägt’s aber dreizehn!“ brüllte Carberry, dem solche Manieren sofort erheblich auf den Magen schlugen.

      „Sir!“ rief Bill aus dem Großmars. „Der Don signalisiert uns aus den Toppen!“

      „Was will er? Daß wir uns zu erkennen geben?“ fragte der Seewolf zurück.

      „Das kann er haben“, sagte Ben Brighton. „Haltet die Flagge der spanischen Galeonen bereit. Vielleicht fallen die Hurensöhne ja doch auf unsere Parade herein.“

      „Sir!“ schrie Bill entsetzt. „Der Don gibt uns zu verstehen, wir sollen Unverzüglich die Flagge streichen!“

      „Da schau mal einer an“, sagte Hasard. Sein Lächeln war verwegen. „So packt er es also an. Er will uns gar nicht erst zum Zug kommen lassen. Was antworten wir darauf, Ben?“

      „Daß wir ihm was husten.“

      Carberry drückte es mal wieder drastisch aus. „Wir scheißen diesen Kakerlaken und Bastarden was. Wir hauen ihnen die Jacke voll, daß ihnen die Ohren wackeln und ihnen der Hintern abfällt, Männer!“ dröhnte sein mächtiges Organ über Deck.

      „Dan“, sagte Hasard zu dem jungen O’Flynn, der schräg hinter ihm in Nähe des Besanmastes stand. „Ich frage dich, wie können wir kapitulieren, wenn wir uns überhaupt nicht mit dem überheblichen, krankhaft siegessicheren Don herumgeschlagen haben?“

      „Praktisch ist das kaum drin“, erwiderte Dan grinsend. „Jedenfalls nicht, soweit es unsere Gewohnheiten betrifft.“

      „Dann hiß mal schnell unsere Flagge.“

      Dan befolgte die Aufforderung des Seewolfs, und Sekunden später flatterte der White Ensign, die weiße Flagge mit dem roten Georgskreuz, munter im Besantopp unter dem Einfluß des frischen Morgenwindes.

      „So“, sagte Big Old Shane, dessen Platz vorläufig noch auf dem Achterdeck war. „Jetzt spielen wir mit offenen Karten.“ Den Köcher mit den Pfeilen hatte er sich schon umgehängt, und auch der Bogen hing von seiner breiten Schulter. Im Getümmel würde er zweifellos wieder seine Position im Großmars beziehen und mit Batuti, der in denVormars aufzuentern pflegte, ein Zielschießen auf die Gegner verüben.

      Daß es ein Getümmel gab – daran zweifelte keiner der Seewölfe.

      Das Flaggschiff des spanischen Verbandes ließ mit der Reaktion auf den White Ensign nicht auf sich warten. Die rasch nachgeladene Kanone im Vordeck und das zweite Buggeschütz krachten, wieder stiegen weiße Qualmgebilde in den Himmel auf, und bedrohlich nah heulten die Kugeln heran. Eine saß sehr, sehr nah vor dem Bug der dahinrauschenden „Isabella“, die zweite schlug an Steuerbord in Höhe der Fockwanten in die See.

      Gleich darauf eröffneten auch die anderen vier Galeonen der Spanier das Feuer. Etwas nach achtern versetzt pflügten sie in breiter Formation zusammen mit ihrem Flaggschiff „Candia“ die Fluten. Die Meile Abstand zwischen ihnen und der „Isabella“ schrumpfte schnell auf eine halbe zusammen.

      Acht Buggeschütze donnerten – hervorragend koordiniert — fast gleichzeitig los. Die Seewölfe zogen instinktiv die Köpfe ein und standen mit ausgebreiteten Armen und abgespreizten Fingern, um sich notfalls platt auf Deck zu werfen.

      Hasard stand mit schmalen Augen hinter der Five-Rail. „Noch warten wir“, sagte er kaum verständlich. „Lassen wir uns nicht nervös machen, Männer. Wenn wir vielleicht auch scheitern, die Probe bestehen wir.“

      Die Geschosse der Spanier waren heran und orgelten gegen die „Isabella“ an. Das Gros ging fehl, aber eine Kugel hieb in die Steuerbordrüsten der Fockwanten und richtete zu Ferris Tuckers Wut beträchtlichen Schaden an. Eine zweite knallte knapp unterhalb des Bugspriets in die Galion, so daß ein feiner Ruck durch das ganze Schiff lief.

      „Satansbraten!“ tobte der Profos. „Hurensöhne von Dons! Das werdet ihr büßen!“

      Von der „Yaira“ gellte ein Schrei herüber. Hasard und seine Männer fuhren herum und spähten zu dem in Backbord laufenden Schiff des Tigers. Zunächst dachten sie, eine der Kugeln habe den großen Praho erreicht und jemand verletzt oder gar getötet, aber dann stellte sich heraus, daß es Sotoro gewesen war, der diesen Schrei ausgestoßen hatte.

      Wild schwang er seinen Parang.

      „Hitzkopf“, sagte Hasard. „Seiner Meinung nach ist das Maß voll. Er fragt sich, wieso wir uns das gefallen lassen.“

      „Leider können wir es ihm nicht erklären“, meinte Ferris Tucker. „Aber er wird auch so begreifen, wie unsere Taktik ist.“

      Hasard blickte bereits wieder zum Gegner. Er hob das Spektiv vors Auge und gewahrte, wie die Galeonen sich anschickten, abzufallen, um ihnen auf diese Weise die Steuerbordbreitseiten zu präsentieren – alle fünf.

      „Das wird ein eindrucksvolles Manöver“, befand Ben Brighton, der ebenfalls durchs Fernrohr beobachtete. „Übrigens hat der Viermaster meiner Ansicht nach vierundvierzig Geschütze, die Bug- und Heckkanonen mitgerechnet.“

      „Ja“, entgegnete Hasard. „Ich versuche, die Männer auf seinem Achterdeck zu erkennen, aber es gelingt mir noch nicht. Dieser fanatische Bursche, der dort das Kommando führt – wer ist das bloß?“

      „Weiß der Henker, wie sein Name lautet und welche Hure ihn gezeugt hat“, brummte Shane. „Bitte um Erlaubnis, in den Großmars aufentern und anfangen zu können, Hasard – Sir.“

      Hasard grinste. Er sah verwegen aus mit seinem sonnengegerbten Gesicht und der Narbe, die von der Stirn über seine Wange lief, mit dem Verband der rechten Schulter, der unter dem Hemd hervorschaute, aber es war mit einemmal auch etwas beinahe Lausbübisches in seinen Zügen.

      „Ab mit dir“, sagte er. „Und Batuti soll ’rauf in den Vormars. Ben, wir fallen ab und gehen platt vor den Wind.“

      „Ed, Pete!“ rief Brighton dem Profos und dem Rudergänger zu. „Abfallen und vor den Wind!“

      „Aye, aye!“ schallte es zurück, und Pete Ballie legte mit seinen schwieligen Pranken Hartruder, während Carberry „Schrickt weg die verdammten Schoten, ihr elenden Rübenschweine!“ schrie und die Rahen der Galeone herumschwangen.

      Schnell vollzog die „Isabella“ das Manöver, geradezu unheimlich schnell und mit überragender Präzision. Obwohl sie später angesetzt hatte als die spanischen Kriegsschiffe, war sie um Sekunden eher auf dem neuen Kurs und beschleunigte ihre Geschwindigkeit vor dem Wind segelnd von zwei auf vier, schließlich auf über fünf Knoten.

      Rund zweieinhalb Kabellängen trennten die feindlichen Parteien.

      Hasard kannte die Vorzüge seines Schiffes, die zum Teil in einer überaus fortschrittlichen Bauweise begründet lagen – nicht