Seewölfe Paket 16. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397747
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Stig Björnson sein Pferd, einen hochbeinigen Falben, gesattelt und aufgezäumt, und die beiden Männer setzten sich in Bewegung. Sie vermieden es, den Marktplatz zu überqueren. Auf einem kleinen Umweg gelangten sie zu dem quadratischen Hof, auf dem Stenmark den Schimmel zurückgelassen hatte. Stenmark überzeugte sich davon, daß mit dem Tier alles seine Ordnung hatte, dann saßen sie beide auf und verließen den Ort.

      Björnson vergewisserte sich immer wieder durch Blicke nach allen Seiten, daß sie nicht verfolgt wurden. In Kungelf schien alles ruhig zu bleiben. Vielleicht hatten die Männer um Olaf Sundbärg und Hamren inzwischen beratschlagt und befunden, daß es keinen Zweck hatte, sich mit dem Landeshauptmann anzulegen.

      So dachte jedenfalls Stenmark, doch es sollte sich herausstellen, daß er sich diesmal getäuscht hatte.

      Sie ritten durch Fichten-, Kiefern- und Mischwald, sahen einmal, als der dunkle Vorhang des Waldes sich vor ihnen öffnete, auch das Wasser des Göta-Flusses im Mondlicht glitzern, gerieten in hügeliges Gelände und schickten sich bald darauf an, einen Hohlweg zu durchqueren. Etwa drei bis vier Meilen mochten sie jetzt von Kungelf entfernt sein, doch es lagen noch mindestens zehn, zwölf Meilen bis nach Göteborg vor ihnen.

      Björnson hob plötzlich den Kopf, doch es war bereits zu spät, um etwas zu unternehmen: Von den Wänden des Hohlweges stürzten sich vier vermummte Gestalten auf sie hinunter. Ihr Erscheinen glich einem Spuk, doch die Art, wie sie sich auf die Reiter warfen, hatte nichts Gespenstisches an sich, sie war ausgesprochen real.

      Einer der Maskierten saß unversehens hinter Hauptmann Björnson im Sattel des Falben. Björnson wandte sich um und rammte dem Kerl den Ellenbogen in die Magengrube, doch der klammerte sich an ihm fest, so daß sie beide zu Boden fielen.

      Stenmark wurde gleich von zwei Kerlen aus dem Sattel geholt, doch dem einen verpaßte er einen Tritt gegen das Bein, so daß zumindest dieser für eine Weile außer Gefecht gesetzt war.

      Der vierte Mann hatte plötzlich eine Steinschloßpistole in der Hand, deren Hahn er mit dem Daumen spannte. Stenmark vernahm deutlich das metallische Knacken, er fuhr herum und beobachtete trotz der Dunkelheit, wie der Kerl auf den Landeshauptmann anlegte.

      Die Pferde waren ein Stück weitergelaufen und schnaubten ängstlich, der Schimmel stieg mit den Vorderläufen auf und wieherte.

      Björnson kämpfte immer noch mit dem Kerl, der ihn aus dem Sattel gerissen hatte. Er brachte ihm mehrere schwere Schläge bei und versuchte, ihn von sich wegzurollen, um aufspringen und es auch mit den anderen Angreifern aufnehmen zu können.

      Stenmark entsann sich in diesem Moment sämtlicher Tricks, die er seinerzeit mit der Crew der „Isabella“ zusammen auf Formosa erlernt hatte. Immer wieder hatte Hasard ihm und den anderen eingeschärft, sie sollten diese Kampfmethoden nur anwenden, wenn sich ihr Leben in äußerster Gefahr befände.

      Das war jetzt der Fall, und Stenmark zögerte nicht, Tritte und Handkantenschläge auszuteilen. Sein erster Gegner, der gerade versuchte, seine Kehle zu packen und sie zusammenzudrücken, flog plötzlich zurück und prallte mit dem Rücken gegen die Felswand. Der zweite – jener, der schon den Tritt gegen das Bein empfangen hatte – brach unter einem wuchtigen Hieb zusammen, den Stenmark auf seinen Nacken niedersausen ließ.

      Stenmark entdeckte einen dicken Ast, der auf dem Boden des Hohlweges lag. Er mußte von einem der Bäume, die über den Wänden der Felsengasse aufragten, bei einem der Winterstürme abgebrochen sein.

      Diesen Ast hob Stenmark auf. Sofort hatte er den Eindruck, daß es sich um frisches Holz handelte, daß es also nicht morsch sein konnte. Er wollte mit dieser primitiven Waffe auf den Mann mit der Pistole losgehen, doch der traf bereits Anstalten, auf den Landeshauptmann abzudrücken.

      Stenmark schleuderte den Ast und traf den Kerl an der Schulter. Dennoch ging der Schuß los. Sein Krachen dröhnte ohrenbetäubend von den Wänden des Hohlweges zurück. Björnson bäumte sich auf, sein Wehlaut jagte Stenmark einen eiskalten Schauer über den Rücken.

      Mit einem Satz war Stenmark bei dem Kerl mit der Pistole und schlug ihn nieder, dann hob er den Ast wieder auf und fuhr zu den anderen herum.

      Der eine – er war der Mann, der eben gerade vom Hauptmann abgelassen hatte, bevor der Schuß gefallen war – sprang sofort auf Stenmark zu, doch Stenmark ließ den Ast wild durch die Luft schwingen und fällte ihn mit einem Hieb gegen die Schulter.

      Der nächste Kerl empfing den Ast mit so großer Wucht gegen die Beine, daß er sofort umkippte. Der vierte war eben wieder zu sich gekommen und rappelte sich auf, doch als er Stenmark mit wutverzerrter Miene auf sich zu rücken sah, gab er den Kampf auf und ergriff die Flucht.

      Auch seine beiden Kumpane verzichteten darauf, ihre Pistolen oder Messer zu zücken und damit auf Stenmark loszugehen. Er war derart in Zorn geraten, daß er es ohne weiteres mit zwei, drei Gegnern gleichzeitig aufnehmen konnte, und der Ast wurde in seinen Fäusten zu einer furchtbaren Waffe.

      So flohen auch diese beiden, und nur der Kerl, der auf Björnson gefeuert hatte, blieb am Boden liegen. Stenmark trat zu ihm, blickte aber immer wieder über die Schulter zurück zum Eingang des Hohlweges. Falls die Kerle von neuem angriffen, würde er gewappnet sein. Diesmal ließ er sich nicht von ihnen hereinlegen. Er sah auch zu den Wänden des Hohlweges auf, doch vorläufig zeichneten sich die Umrisse ihrer Gestalten dort nicht mehr ab.

      Der Schimmel und der Falbe entfernten sich immer weiter. Der Schuß hatte ihre Panik gesteigert. Stenmark wußte, daß er kaum eine Chance hatte, die Tiere einzufangen, sie würden ihm nicht gehorchen.

      Er fluchte leise vor sich hin, dann nahm er dem bewußtlosen Kerl die Waffen ab – die Pistole und die dazu passende Munition sowie einen Degen und ein Messer. Er riß ihm die Maske vom Gesicht. Hatte er erwartet, Olaf Sundbärg oder Hamren vor sich zu haben, so wurde er jetzt enttäuscht. Er erkannte in dem Kerl jedoch einen von denen wieder, die Sundbärg bei der Schlägerei in dem Wirtshaus Beistand geleistet hatten.

      Stenmark fluchte wieder, dann kroch er zu Stig Björnson hinüber. Der war ebenfalls besinnungslos. Stenmark untersuchte ihn, so gut es ging, und stellte aufatmend fest, daß nur die linke Schulter des Mannes verletzt war. Es schien sich jedoch um einen Steckschuß zu handeln. Noch schwebte der Hauptmann nicht in Lebensgefahr, aber die Blessur durfte auch nicht unterschätzt werden.

      Natürlich steckte Olaf Sundbärg hinter dem heimtückischen Angriff, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Vielleicht war er sogar selbst mit dabei gewesen. Er schreckte also vor nichts zurück, auch nicht davor, es Björnson zu besorgen.

      Das war ein neuer Beweis für Sundbärgs Schuld. Aber Stenmark steckte in der Klemme. Er erhob sich und lief den Pferden nach, aber es gelang ihm nicht einmal, seinen gemieteten Schimmel einzufangen. Der hochbeinige Falbe des Hauptmanns war längst in der Nacht verschwunden. Der Schimmel schnaubte noch ein paarmal nervös, dann galoppierte auch er davon.

      Nach Kungelf konnte Stenmark nicht zurückkehren, dort würden die Anhänger der Sundbärg-Clique schon auf ihn warten. Außerdem war der Weg in den Ort mit einem verletzten Mann, den er stützen oder tragen mußte, viel zu weit. Wohin sollte er sich also wenden?

      Das Gehöft der Stenmarks lag auch viel zu weit entfernt, außerdem würde er dort wahrscheinlich nur auf Ablehnung und taube Ohren stoßen. Was hatten die Leute, die das Anwesen gekauft hatten, mit den Stenmarkschen Problemen zu tun? Natürlich nichts. Sie würden sich hüten, ihn zu unterstützen. Sicherlich hielten auch sie ihn für einen Mörder und waren hinreichend über die Geschichte von damals unterrichtet. Björnson konnte, wenn er bewußtlos blieb, keine Erklärungen abgeben, die ihnen weiterhalfen.

      Zum Sundbärg-Hof konnte Stenmark schon gar nicht gehen, denn dort bestand die Möglichkeit, mit Olaf persönlich zusammenzutreffen, und der würde dieses Mal nicht zögern, ihn sofort über den Haufen zu schießen. Im übrigen war es Stenmark nach wie vor nicht daran gelegen, den alten Sixten, seinen Onkel, in die Sache mit hineinzuziehen.

      Das war auch der Grund dafür, warum er nicht zu den Magnussons lief und dort um Hilfe bat. Aina mußte aus der Angelegenheit herausgehalten werden, sonst würde sie später unter Olafs Rache zu leiden haben.

      Nein,