Seewölfe Paket 30. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966881043
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er dennoch nicht.

      „Trotzdem brauchen wir zwei neue Anker“, sagte Hasard nach einer Weile.

      Er blickte Don Juan de Alcazar an, und dann grinsten alle beide – Hasard und der hochgewachsene sehnige Spanier.

      Carberry räusperte sich, und weil er das Grinsen der beiden immer noch nicht zu deuten wußte, schlug er etwas boshaft vor, doch einfach einen spanischen Hafen, anzulaufen und dort bei einem Schiffsausrüster zwei Anker zu kaufen. Notfalls könnten sie ja auch ein anderes Schiff aufbringen und zwei Anker „beschlagnahmen“.

      „Dann hat das andere Schiff aber keine Anker mehr und befindet sich ebenfalls in einer üblen Lage“, sagte Hasard. „Da halte ich deine erste Idee schon für wesentlich besser, einen spanischen Hafen anzulaufen, um dort das Erforderliche zu besorgen.“

      Der Profos lachte pflichtschuldigst, als sei das ein guter Witz. Aber das Lachen blieb ihm dann doch gleich im Hals stecken, als Hasard wieder das Wort ergriff.

      „Mit dem Gedanken spiele ich schon seit gestern abend, als ich mir überlegte, woher wir die Anker kriegen. Gleichzeitig wäre das eine Gelegenheit, einmal zu prüfen, ob mich ein Don erkennt.“

      „Es gibt genaue Beschreibungen von dir, Sir“, wandte der Profos entsetzt ein. „Der Vorschlag war nur als Spaß gedacht. Wir können doch nicht im Süden von Spanien einen Hafen anlaufen.“

      „Die Beschreibung von mir ist schon ein paar Jahre alt“, erwiderte Hasard. „In der Höhle des Löwen ist man immer am sichersten aufgehoben. Ich glaube nicht, daß mich jemand erkennt. Wir müssen ja nicht unbedingt Cartagena oder Malaga anlaufen, wo die Kriegsschiffe liegen. Ein anderer kleiner Hafen tut es auch.“

      Carberry betrachtete seinen Kapitän eingehend. Dann kratzte er sich mit der Hand über das Kinn.

      „Die Señoritas werden dir nachlaufen, Sir. Du siehst mit den Silberstreifen unheimlich interessant aus.“

      „Das ist meine geringste Sorge“, sagte Hasard lachend. „Hauptsache, die Schergen laufen mir nicht nach. Ich bin aber sicher, daß man mich mit dem Bart nicht erkennt. Es würde mir jedoch eine diebische Freude bereiten, das zu tun.“

      Jetzt grinsten auch die anderen Kerle bis zu den Ohren.

      Carberry stellte sich das ebenfalls vor, und dann sah er die Sache auch schon ganz anders.

      „Direkt in die Höhle des Löwen, was, wie? Das wäre natürlich der absolute Hammer. Mit spanischen Uniformen?“

      „Das nicht gerade, aber mit spanischer Kluft. Dazu gehören ja auch Kürbishosen. Haben wir doch alles an Bord. Wir können den Dons ein prächtiges Theater vorspielen.“

      Don Juan begann schallend zu lachen. Einstmals hatte ihn die Casa de Contratación ausgeschickt – im Range eines Generalkapitäns und Sonderbeauftragten der spanischen Krone – den Seewolf zu fangen, um ihn der spanischen Gerichtsbarkeit zu überstellen. Jetzt waren El Lobo del Mar und Don Juan de Alcazar die besten Freunde.

      „Cartagena und Malaga können wir ausklammern“, sagte er, „ebenso Alicante, das ehemals römische Lucentum. Dort treiben sich zu viele Kriegsgaleonen und Bewaffnete herum. Aber wir könnten Denia anlaufen, eine kleine Hafenstadt im Norden der Weißen Küste. Sie war einmal die Hauptstadt eines kleinen maurischen Königreiches. Dort wird ganz bestimmt niemand Spaniens Erzfeind Nummer eins vermuten.“

      Der einzige, der ernsthafte Bedenken anmeldete, war der Kutscher. Er schüttelte besorgt den Kopf.

      „Soll man das Glück wirklich herausfordern? Sich in die Höhle des Löwen zu begeben, heißt nicht unbedingt, dort auch sicher aufgehoben zu sein. Der Löwe könnte aus einem Schlummer erwachen und einen guten Bissen wittern.“

      „Keine Sorge“, sagte Hasard. „Juan hat mir versichert, daß die Leute in dem Ort noch fast hinter dem Mond leben. Die wissen vermutlich nicht einmal, wer ich bin, wenn man es ihnen erklärt. Außerdem brauchen wir die Anker ganz dringend.“

      „Und wenn zufällig doch eine Kriegsgaleone der Dons in jenem Hafen liegt, Sir?“

      „Dann drehen wir ab und segeln sofort weiter. Bis die aus dem Hafen heraus sind, sind wir längst über alle Meere.“

      Das beschwichtigte den Kutscher ein wenig, obwohl er das ganze Unternehmen doch für etwas leichtsinnig hielt.

      Die anderen Arwenacks waren jedenfalls von diesem Gedanken geradezu begeistert.

      „Wie weit ist es bis dahin?“ fragte Hasard.

      „Wir brauchen nur auf Westkurs zu gehen und nördlich an Ibiza vorbeisegeln“, sagte Don Juan. „Dann stoßen wir schon fast darauf. Ich denke, es sind bestenfalls hundert Meilen, mehr nicht.“

      „Kein Problem für uns. Wer hat nun noch wirkliche Bedenken gegen das Vorhaben?“

      Der Kutscher wollte sich noch einmal melden, doch dann unterließ er es, weil sich die anderen offenbar einen ausgefallenen und tollen Spaß darunter vorstellten. Da wollte er kein Spielverderber sein, denn die Anker brauchten sie ja wirklich.

      Als sich Hasard zu Old O’Flynn umdrehte, ob der vielleicht wieder mit dem erhobenen Zeigefinger wedelte, mußte er feststellen, daß der alte Haudegen über das ganze granitharte Gesicht grinste.

      „Kriege ich dann eine spanische Halskrause?“ wollte er wissen.

      „Selbstverständlich kriegst du die.“

      „Damit sieht er bestimmt wie ein alter Geier aus“, flüsterte der Profos Mac Pellew zu. „Ich könnte mich jetzt schon kranklachen. Das ist doch mal ein Spaß, was, Mackileinchen?“

      „Mackileinchen“ Pellew fand das auch sehr lustig. Daher setzte er sein fröhlichstes Gesicht auf – eine Trauermiene, als wolle er gleich losheulen.

      „Gut, dann ändern wir den Kurs und laufen nördlich an Ibiza vorbei, wie Don Juan das vorgeschlagen hat“, sagte der Seewolf zu Batuti, der am Ruder stand. „Kurs West also.“

      „Auf der ‚Isabella‘ hättet ihr jetzt kräftig brassen müssen, ihr faulen Säcke!“ tönte der Profos. „Aber hier zieht man bloß ein bißchen an den Schnupftüchern, und schon geht’s rund.“

      Er motzte weiter, weil die Kerle alle grinsten.

      Kurs West wurde angelegt.

      Die Klamotten- oder Plünnenkiste auf der Schebecke gab eine ganze Menge her. Es war mehr eine kleine Kammer für sich, die mit Stoffen und Kleidung aller Art angefüllt war.

      Auf ihren zahlreichen Raids hatten die Seewölfe auch spanische Kupferhelme, Uniformen, Brustpanzer und Waffen erbeutet. Das alles hegte und pflegte der alte Segelmacher Will Thorne, der Mann, der immer zurückgezogen und bescheiden im Hintergrund lebte und ohne dessen stilles Wirken die Mannschaft einfach nicht auskam.

      Will Thorne nähte die Segel, faßte sie ins Liek, verstärkte sie mit Leder, nähte Hemden und Hosen für die Crew und fertigte Flaggen an wie jene mit den gekreuzten Degen auf schwarzem Tuch – die Flagge der Freiheit und des Bundes der Korsaren.

      Der grauhaarige Segelmacher war wohl der unermüdlichste Mann an Bord, denn für ihn gab es immer etwas zu tun, und so war er der gute Geist der Mannschaft.

      Heute staffierte er sozusagen als Requisiteur die Arwenacks aus und hörte sich vor der Kammer geduldig ihre Wünsche an.

      „Ich möchte mal so richtig als spanischer Grande auftreten“, sagte Old O’Flynn, „aber mein verdammtes Holzbein paßt einfach nicht dazu.“

      „Willst du etwa in Denia auf den Straßen als spanischer Grande herumstolzieren?“ fragte Ben Brighton.

      „Absolut nicht“, wehrte Old Donegal ab. „Ich will nur so auf dem Achterdeck herumstehen, als spanischer Adliger, den Blick heroisch auf das Volk gerichtet, oder etwas hochmütig und naserümpfend, wie die Stiesel das immer tun.“

      „Und du meinst, das wirkt nicht mit einem Holzbein?“

      „Das