Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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dem Komplott gehörten, das hier geschmiedet worden war, konnte Sampiero nicht feststellen.

      Er blieb aber stehen, hob die Pistole mit beiden Händen und schrie: „Halt! Stehenbleiben!“

      Der Mann rannte weiter, obwohl er die Stimme seines Kapitäns erkannt haben mußte und es auf jeden Fall ratsam gewesen wäre, die Order zu befolgen. Er rannte und hoffte, seine Flucht würde gelingen, doch Sampiero drückte ohne jede weitere Warnung ab.

      Der Schuß brach donnernd. Im Aufblitzen des Mündungsfeuers sah der Kapitän den Mann zusammenbrechen. Er lief zu ihm, beugte sich über ihn und stellte fest, daß es sich tatsächlich um einen von Zorzos Kumpanen handelte. Er sah auch, daß er einen Sterbenden vor sich hatte.

      „Erleichtere dein Gewissen“, sagte Sampiero eindringlich, während er seine Radschloßpistole wegsteckte und dem Mann die geladene Waffe aus dem Gürtel zog. „Sag mir, wer Medola, Cavenago und Teson niedergestochen hat. Es war Zorzo, nicht wahr?“

      „Fahr – zur Hölle“, keuchte der Mann.

      „Du hast dich mit Meuchelmördern eingelassen“, sagte der Kapitän.

      „Und dieser Kahn säuft ab – endlich.“

      „Aber auch für dich ist es das Ende.“

      „Egal – die anderen werden meinen Tod rächen.“

      „Das sehe ich“, zischte Sampiero. „Du warst der letzte, der die Flucht ergriff. Sie haben dich einfach zurückgelassen, statt dich mitzuschleppen. Es kümmert sie einen Dreck, was mit dir wird.“

      Der Mann riß die Augen weit auf. „Ist das – die Wahrheit?“

      „Sie springen von Bord, und keiner kann sie mehr aufhalten. Dein Tod hat keinen Sinn, du Narr“, sagte der Kapitän.

      „Zorzo“, wisperte der Sterbende. „Er hat Medola und Cavenago mit dem Messer niedergestochen. Aber Teson – das war Prevost. Und jetzt – sind sie auf der Galionsplattform, weil – Lodovisi – es so befohlen hat …“

      Der Mann sprach nicht mehr weiter, er verdrehte die Augen und sank auf die Stufen des Niederganges zurück. Sampiero erhob sich, war mit wenigen Sätzen oben beim Mannschaftslogis und stürmte auf das Schott zu, das nach vorn auf die Galionsplattform führte.

      Er stieß es auf und sah gerade noch Roi Lodovisi, der ihm sein höhnisch grinsendes Gesicht halb zugewandt hielt. Sampiero riß die Waffe hoch und zielte auf ihn.

      Er schrie: „Zurück, Profos, oder du bist des Todes!“

      Aber im selben Augenblick stieß sich Lodovisi bereits vom Rand der Plattform ab.

      Sampiero schoß, ohne zu zögern. Die Kugel raste im Krachen der Pistole auf den Leib des Profos’ zu, doch durch seine rasche Vorwärtsbewegung entzog sich Lodovisi dem Tod, und das Geschoß strich um gut eine Handspanne an seinem Rücken vorbei.

      Mit einem Fluch schleuderte der Kapitän die Pistole fort. Er sprang vor, beugte sich über die Umrandung und sah die Kerle neben der Bordwand der „Novara“: Lodovisi, der jetzt eingetaucht war und gerade wieder hochschoß, Zorzo, Prevost und fünf andere, die alle mit zu jener Bande gehörten, die in der bewußten Nacht mit Lodovisi zusammengehockt und dunkle Pläne gewälzt hatte.

      Narr, schimpfte Sampiero sich selbst, wie einfältig und nachgiebig bist du doch gewesen! Du hättest Lodovisi hinrichten und die anderen Hunde sofort auspeitschen lassen sollen!

      „Signor Capitano!“ schrie über ihm Domenico Gori, der Zweite Offizier. „Signor Venturi ist mit ein paar Helfern ins Achterdeck hinunter, um das Ruder zu richten!“

      Sampiero fuhr zu ihm herum. Gori hatte die Kuhl überquert und die Back geentert, um nach dem Strudel Ausschau zu halten. Dabei hatte er überraschend seinen Kapitän entdeckt, den er überall, nur nicht auf der Galionsplattform vermutet hätte. Er stand an der Balustrade und blickte fragend und fast hilflos zu Fosco Sampiero. Er war ein noch sehr junger Offizier mit relativ wenig See-Erfahrung.

      „Venturi soll versuchen, das Ruder hart Backbord zu legen!“ rief Sampiero zurück. „Lieber brumme ich mit dem Höllenkahn auf das Korallenriff, als daß ich wie ein Narr mitten in den Trichter fahre! Gori, wir sind einer Verschwörung und Meuterei anheimgefallen! Hölle, wirf mir eine Muskete zu, damit ich auf diese Dreckskerle feuern kann!“

      Gori wies entsetzt voraus. „Signor Capitano, sehen Sie doch!“

      Sampiero richtete seinen Blick über den Bugspriet und die Blinde der „Novara“ hinweg und konnte sich nur mit Mühe eines erschrockenen Ausrufes enthalten.

      Zum Greifen nah schien der mörderisch kreisende Sog der Galeone jetzt zu sein. Keine drei Kabellängen trennten ihn von dem Schiff. Obwohl Sampiero das Tuch hatte wegnehmen lassen, lief die Galeone immer noch Fahrt, genug, um in die zupakkende Strömung des Strudels zu geraten.

      „Das Ruder hart Backbord legen!“ schrie Sampiero. Dann lief er zurück ins Vorschiff und von dort aus hinaus auf die Kuhl. Vergessen war sein Vorhaben, wenigstens Lodovisi, Zorzo oder Prevost noch auf die Höllenreise zu schicken, verdrängt der Haß, den er gegen die Übeltäter verspürte. Jetzt galt es nur noch, die nackte Haut zu retten.

      Sampiero bahnte sich einen Weg zwischen den aufgeregt durcheinanderrufenden Männern hindurch. Er wollte zu Emilio Venturi und den anderen stoßen und ihnen beim Herumdrücken der Ruderpinne helfen. Er spürte, wie die Panik auch ihn mit eisigkalten Klauen packte und nicht mehr losließ.

      3.

      Hinter den Palmen der Westbucht erstreckte sich im Inselinneren ein breiter Streifen Savanne, der mit Dornengebüschen und niedrigen Kakteen durchsetzt war. Hasard und seine sieben Männer mußten diese Landschaft erst durchqueren und in die üppiger bewachsenen Hügel aufsteigen, um auf Wasser zu stoßen.

      Ihr Marsch nahm jedoch nicht sehr viel Zeit in Anspruch, da sie gut vorangelangten, und so entdeckten sie, noch ehe die Dämmerung einsetzte, eine Quelle, die zwischen flachen Steinen hervorsprudelte und sich zu einem Rinnsal entwickelte.

      Der Fund der Quelle fiel mit einem Geräusch zusammen, das von Nordosten zu ihnen herüberdrang und wie ein gedämpfter Peitschenschlag klang.

      „Ein Schuß, Sir“, sagte Bill. „Und wieder diese Schreie. Diesmal habe ich mich ganz bestimmt nicht getäuscht. Ich wäre bereit, meinen Kopf dafür hinzuhalten, daß es ein Pistolenschuß war.“

      „Schon gut, Bill“, sagte der Seewolf. „Ich habe ihn auch gehört, und jetzt höre ich auch die Schreie. Verdammt, da scheint sich jemand in der Klemme zu befinden.“

      „Im Busch schlagen sich die Wilden gegenseitig die Köpfe ein“, brummte Old O’Flynn. „Und ich werde keinen Sand essen.“

      „Du wiederholst dich“, sagte Shane. „Aber erstens ist es fraglich, ob die Eingeborenen – wenn es welche gibt – Schußwaffen besitzen, und zweitens könnten das Geschrei und das Schießen auch von See her kommen. Womit also noch lange nicht bewiesen wäre, daß die Insel bewohnt ist.“

      „Du weißt immer alles besser, wie?“

      „Ich glaube schon.“

      „Aufhören, ihr beiden“, sagte der Seewolf. „Hört zu. Ich will jetzt endlich wissen, was hier gespielt wird. Wir trennen uns. Shane, Ed und Dan gehen mit mir. Wir steigen in die Berge nördlich der Bucht auf und halten mit dem Kieker Ausschau nach Nordosten, dann werden wir ja rauskriegen, was los ist. Ihr anderen bleibt hier. Wenn wir bei Dunkelwerden nicht zurück sind, gehen zwei von euch zur Bucht und alarmieren Ben Brighton. Die beiden anderen bleiben hier und behalten die Quelle als Orientierungsmarke im Auge. Wenn wir nicht pünktlich zurückkehren, soll Ben gefechtsklar machen und einen Trupp von sechs bis acht Männern an Land schicken, der nach uns sucht. Klar?“

      „Klar, Sir“, antwortete Old O’Flynn stellvertretend für alle anderen. „Ihr solltet aber zusätzlich zu euren Waffen auf jeden Fall noch ein paar Höllenflaschen mitnehmen, ehe