Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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      „Ferris, auf was wartest du noch!“ zischte der Seewolf.

      Der rothaarige Schiffszimmermann sah Hasard zweifelnd an.

      „Soll ich wirklich? Ich meine, sie haben doch keine Chance, wenn ich …“

      „Und wir haben keine andere Wahl“, fiel ihm Hasard ins Wort. „Wenn wir uns nicht augenblicklich die Waffenkammer unter den Nagel reißen, können wir einpacken.“

      Ferris Tucker nickte, sagte nichts mehr. Er lehnte seine Muskete an das Gatter und griff in einen großen Segeltuchbeutel, den er am Gürtel trug. Zum Vorschein brachte er eine Flasche, die mit Pulver, Nägeln und gehacktem Blei gefüllt war. Aus dem Korken, der die Flasche hermetisch verschloß, ragte eine Lunte.

      In vierzig Yards Entfernung stoppte ein schneidender Befehl das Teniente die Reihenformation der Spanier.

      Ferris Tucker biß die Lunte der Höllenflasche ab, so daß sie nur noch um Fingernagelbreite über den Korken hinausragte. Mit zwei Flinten schlug er geschickt Funken und schaffte es im Handumdrehen, die Lunte zu entfachen.

      Die vorderste Reihe der Spanier kniete nieder. Mit einer gutgeübten Synchronbewegung brachten sie die Musketen in Anschlag.

      „Erste Reihe, Feuer!“ schrie der Teniente.

      „Deckung!“ brüllte der Seewolf. Augenblicklich lagen er und seine Männer flach.

      Auf einen Schlag zuckten die Mündungsblitze aus den Musketenläufen der Spanier. Die Schüsse vereinten sich zu einem einzigen weithallenden Krachen. Gefährlich nahe orgelten Kugeln über die Verteidiger hinter dem Gatter weg. Berstend und splitternd hackte Blei auch in die Einzäunung links und rechts vom Gatter.

      Besorgt drehte Hasard sich um. Aber zum Glück hatten die Indios reagiert und sich ebenfalls zu Boden geworfen.

      Blitzartig sprang Ferris Tucker auf. Mit aller Kraft schleuderte er die Höllenflasche.

      „Zweite Reihe …“ schrie der Teniente.

      Weiter gelangte er nicht.

      Der Seewolf feuerte als erster, und sofort bellten auch die Musketen seiner Gefährten. Für die Distanz von vierzig Yards reichte die überdosierte Pulverladung seines Drehlings mühelos.

      Schreie gellten bei den Spaniern, und ihre Reihen lichteten sich.

      „Zweite Reihe, Feuer!“ schrie der Teniente mit sich überschlagender Stimme, während er sich verzweifelt zu Boden warf. Keiner von ihnen achtete auf die Flasche, die ihnen mit glimmender Lunte und dünner kleiner Rauchfahne entgegenrollte.

      Immer noch feuerten die Seewölfe und die Deutschen. Nur vereinzelt schafften es die Spanier, mit Musketenschüssen zu antworten.

      Der Feuerblitz der Detonation löschte alles aus. Schreie gellten markerschütternd, menschliche Körper wirbelten durcheinander. Diejenigen, die es überstanden hatten, warfen sich herum und ergriffen panikartig die Flucht. Kugeln folgten ihnen vom Gatter her, streckten drei, vier von ihnen nieder. Der Teniente brüllte nicht mehr. Reglos lag er dort, wo er sich zu Boden geworfen hatte.

      Hasard schnellte hoch, stieß die Rechte mit dem Drehling in die Luft. Halb wandte er sich dabei auch zu den Indios um.

      „Vorwärts!“

      Die Männer stießen das Gatter auf und stürmten in weit auseinandergezogener Front los. Auch die Indios setzten sich in Bewegung. Alle hatten sich die Ketten um die Gelenke gewickelt, und zu Hunderten quollen sie über die Brükke. Ihr Freudengeschrei tönte weit über die Festung hinaus.

      Der Seewolf und seine Gefährten orientierten sich rasch. In einem der Stabsgebäude am Ende des großen Platzes mußten sich die Waffenkammer und auch die Pulverkammer befinden. Da war niemand mehr, der sich ihnen jetzt noch in den Weg stellte. Es gab nur eine denkbare Erklärung dafür. Die restlichen Soldaten waren abgezogen worden, um die Galeeren zu bemannen – oder zumindest eine. Offenbar rechnete der Festungskommandant mit der größeren Gefahr von See her.

      Es gab einen weiteren Grund, den weder Hasard noch die anderen einkalkuliert hatten. Capitán Gutiérrez hatte alle sonstigen noch verfügbaren Kräfte auf die Batterietürme gescheucht.

      Das wurde den Seewölfen und den befreiten Ruderknechten jäh deutlich, als von der Landseite der Festung Geschützdonner herüberhallte. Das Orgeln der Kugel war zu hören, und der darauffolgende Einschlag ließ das Freudengeschrei der Indios in blankes Entsetzensgeheul übergehen.

      Die Kugel war in den Graben vor dem Gefangenenlager gerast. Dreck und Schlamm spritzten hoch, vermischt mit den zerfetzten Leibern von Alligatoren und Kaimanen.

      Hasard wich zur Seite und verlangsamte seine Schritte. Die ersten seiner Männer hatten bereits den Schutz der Gebäude erreicht.

      „Schneller!“ brüllte er den Indios zu. „Dort hinüber!“ Er deutete auf die Baracken, hinter deren Bohlenwänden sie wenigstens fürs erste einigermaßen sicher sein würden.

      Die Indios flohen panikartig, als die nächste Kanonenkugel heranheulte. Die Brücke erwies sich als Nadelöhr. Diesmal lag der Einschlag im Gefangenenlager. Hasard schloß die Augen, als er die markerschütternden Schreie hörte. Er wußte nicht, wie viele der Indios sich noch dort hinter der Einzäunung befanden.

      Aber die übrigen schafften es, sich rechtzeitig vor dem nächsten Schuß in Sicherheit zu bringen.

      Hasard winkte Gerhard von Echten und die Männer von der „Isabella“ zu sich heran.

      „Übernehmen Sie die Waffenkammer“, forderte er den Deutschen auf. „Verteilen Sie alles, was Sie finden, an die Männer.“

      Von Echten nickte nur, wirbelte herum und war in der nächsten Sekunde in der Riesenschar der Gefangenen untergetaucht.

      Abermals orgelte eine Kanonenkugel über die Köpfe der Männer weg. Reaktionsschnell warfen sie sich zu Boden.

      Der Einschlag riß einen Krater in die Mitte des Appellplatzes.

      „Batuti!“ rief der Seewolf. „Schieß das Signal!“

      Während sie sich wieder aufrappelten, zog der schwarze Herkules einen besonders präparierten Pfeil aus dem Lederköcher. Eine Lunte hing von der verdickten Spitze herab. Mit seinen Flinten setzte Ferris Tucker sie in Brand, und dann legte Batuti den Pfeil auf die Bogensehne und schoß ihn steil in die Luft, zum Meer hin.

      Hasard war sich indessen darüber im klaren, daß sie keine Zeit mehr zu verlieren hatten. Die Batterietürme, deren Geschütze auf das Innere der Festung gerichtet worden waren, bildeten jetzt die größte Gefahr für sie.

      „Ferris!“ rief er. „Wie viele Höllenflaschen hast du noch?“

      „Fünf, Sir.“

      „Dann los!“

      Geduckt hasteten sie auf die Unterkunftsbaracken zu und drangen in deren Schutz vor.

      8.

      Gleich nachdem sie im Nebel verschwunden waren, hatte Ben Brighton den Kurs ändern und die „Isabella“ in langen Schlägen gegen den Wind kreuzen lassen. Dann waren sie erneut auf Ostkurs gegangen und näherten sich nun abermals dem Hafen von Macuro aus der ursprünglichen Richtung.

      „Deck!“ schrie Bill, der Moses, aus dem Großmars. „Leuchtkugel an Backbord!“

      Die Köpfe der Männer ruckten herum. Deutlich sahen sie den hellroten Feuerball, der hoch am Himmel zerplatzte und einen Funkenregen niederschweben ließ. Es war das vereinbarte Zeichen.

      Längst war die Galeone klar zum Gefecht. Murrend zwar, doch letztlich folgsam, hatten sich die Zwillinge ins Mannschaftslogis verzogen, nachdem sie Sand ausgestreut sowie Kohlenbecken und Pützen mit Wasser aufgestellt hatten. Und wieder standen die Geschützmannschaften unter Al Conroys Kommando an Backbord bereit.

      Unvermittelt tauchten die zerschossenen Galeeren