Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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das Wesen, zu dem sich Meister Aberian mithilfe seiner Kräfte verwandelt hatte, mit einem tierhaften Schrei auf Gorian. Es prallte mit solcher Wucht gegen ihn, dass Gorian von den Füßen gerissen wurde. Gleichzeitig bohrten sich sein Schwert und Rächer in den Leib des verwandelten Hochmeisters, doch das schien ihm kaum etwas auszumachen. Seine Pranken legten sich um Gorians Hals. Gemeinsam flogen sie durch das von Ar-Don zertrümmerte Fenster, und Gorian spürte einen eigentümlichen Sog, während Aberian sich aufzulösen begann.

      Scheinbar gewichtslos schwebten sie über den inneren Burghof, umgeben von schwarzem Rauch, der wie in einem Strudel immer dichter um sie beide umherwirbelte.

      Gorian begriff. Aberian versuchte ihn mit sich auf einen Schattenpfad zu reißen! Er stieß erneut einen Kraftschrei aus und lenkte alle Magie, die er aufzubringen vermochte, in die Klingen seines Schwerts und des Rächers, wobei Letzterer aufglühte. Sein Kraftschrei zog sich auf seltsame Weise in die Länge, als würde die Zeit selbst gedehnt, und mischte sich mit dem seines Gegners.

      Dann war der schwarze Rauchwirbel plötzlich verschwunden. Gorian fand sich aus größer Höhe fallend in eisiger Luft wieder, in der einen Hand sein Schwert, in der anderen den Rächer. Unter ihm war eine weite grauweiße Fläche, in der die Hafenmauer nur als Kontur auszumachen war und hier und dort Schiffsmasten aus dem Eis ragten.

      Meister Aberian hatte sich wieder verstofflicht und alles Tierhafte verloren. Er blutete stark. Vielleicht lebte er schon gar nicht mehr. Zumindest hatte er nicht mehr genügend Kraft, um sie beide auf dem Schattenpfad zu halten, und so stürzten sie der Eisdecke entgegen, als hätten die Klauen eines Greifen sie aus großer Höhe fallengelassen.

      Sein bisheriges Leben schien innerhalb eines einzigen Moments vor Gorians innerem Auge vorbeizuziehen. Er sah Sheeras hübsches Gesicht und ihre schlanke Gestalt, Torbas, Meister Thondaril, den Frostgott Frogyrr, seinen Vater ... Und dann kehrten seine Gedanken zu jenem Augenblick zurück, als alles angefangen hatte. Der Moment, in dem seine Erinnerung einsetzte. Das Grau des Eises schien sich in das Blau des wolkenlosen Himmels zu verwandeln, den Gorian gesehen hatte, als er als kleiner Junge im Boot seines Vaters erwacht war.

      So schloss sich der Kreis, dachte er. Wenn auch zu früh ...

      Kapitel 21: Wollnashornreiter

      Gorian fühlte einen Ruck, und abrupt endete sein Sturz. Etwas hatte sich in seinem Rücken in sein Wams gekrallt.

      „Nicht sterben“, vernahm er einen Gedanke. „Wieder helfen.“

      Es war Ar-Don.

      Dann folgte ein wildes Fauchen. Gorian sah, wie der Körper des Hochmeisters durch die Luft taumelte, auf dem Eis aufschlug und regungslos liegen blieb.

      Ar-Don hingegen setzte Gorian sanft ab. Dessen Knie fühlten sich weich an, während er auf dem dicken Eis stand, welches das Hafenbecken bedeckte. Er befand sich nahe der von den Nashornreitern überwundenen Hafenmauer. Überall sah er die Leichen der Erschlagenen. Tod und Frost hatten ihre Züge gleichermaßen erstarren lassen. Von den Katapulten waren nur hier und dort ein Rad oder ein verkohlter Balken geblieben. Die Angreifer hatten dafür gesorgt, dass ihnen keine dieser Maschinen mehr schaden konnte.

      Gorian stieß den Rächer und das Schwert zurück in ihre Scheiden. Seine Finger waren so kalt, dass er sie kaum von den Griffen der Waffen lösen konnte. Seine Handschuhe steckten hinter dem Gürtel, und es bereitete ihm einige Mühe, sie überzuziehen. Er murmelte einen einfachen Wärmezauber, der die Durchblutung förderte und aus dem magischen Repertoire der Heiler stammte. Sheera hatte ihm diesen Zauber beigebracht.

      Ar-Don war ein paar Schritte von ihm entfernt gelandet und hatte die Flügel zusammengefaltet. Er fauchte und zischelte.

      Der Wärmezauber begann zu wirken, und Gorian bekam wieder Gefühl in den Händen. Ein dringender Gedanke erreichte ihn. Er kam von Ar-Don, war aber so chaotisch, dass er nicht schlau daraus wurde. Es war ein Schwall von Bildern, Formen, Farben.

      „Wir sind jetzt quitt“, sagte er. „Auch wenn du vielleicht gar nicht weißt, was das ist.“

      Ar-Don fauchte erneut.

      Gorians Blick suchte nach Hochmeister Aberian. Er wollte sichergehen, dass der Verräter wirklich tot war. Zwischenzeitlich hatte er sich ja auf erschreckende Weise verwandelt, und Gorian wusste nicht, ob das auf die magischen Fähigkeiten des Schattenmeisters zurückzuführen war oder auf etwa anderes.

      Meister Damaraans Worte fielen Gorian wieder ein, alles, was er über die langsame Verwandlung von Untoten gesagt hatte. Es war gut möglich, dass dies auf Aberian zutraf, schließlich wusste Gorian nicht, wie lange der verräterische Hochmeister schon Morygor gedient hatte, und der Herr der Frostfeste plante immer sehr langfristig.

      Gorian ging auf die Leiche des Hochmeisters zu. Das Fauchen des Gargoyle beachtete er nicht weiter. Aberian lag in seltsam verrenkter Haltung auf dem Eis. Sein Gesicht schien im Tode erstarrt.

      „Fort ... warnen ...“

      Ein bruchstückhafter Gedanke erreichte Gorian, dazu einige Bilder, die er in ähnlicher Form schon einmal gesehen hatte. Leviathane, die sich über das Eis schoben, erschienen vor seinem inneren Auge, mit einer Intensität, die ihm für einen Moment sogar von Aberian ablenkte.

      „Zu groß, um Gestalt anzunehmen ... Ich habe große Furcht ... Morygors Schergen sind nah ...“ Die neuerliche Gedankenbotschaft des Gargoyle war beinahe schon von menschlicher Klarheit.

      „Einen Moment, Ar-Don.“ Gorian untersuchte Aberian. Dann nahm er das Amulett des Hochmeisters an sich. Irgendetwas schien damit nicht zu stimmen, doch Gorian hätte nicht zu sagen vermocht, worin sein Unbehagen eigentlich begründet lag. Er konzentrierte seine Kräfte auf das Amulett, und siehe da, es veränderte sich und zeigte schließlich die Caladran-Rune von Morygor. Ein einfacher Illusionszauber hatte die wahre Natur des Amuletts verborgen.

      Plötzlich griff Aberians Hand nach Gorians Fuß, umklammerte seinen Knöchel und verwandelte sich wieder in eine Pranke. Auch Aberians Gesicht veränderte sich und wurde erneut zur tierhaften Fratze. Ein Maul entstand, dessen Raubtierzähne so lang wie die Klinge des Rächers