Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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die den Ordenshafen begrenzte, war es besonders kalt und stürmisch. Aber Meister Damaraan ließ sich nichts anmerken. Die Bannsteine waren oft ohne Weiteres gar nicht auszumachen. Erst durch das Murmeln einer Formel öffnete sich der Blick, und sie wurden sichtbar.

      Damaraans Augen waren die ganze Zeit über vollkommen schwarz, was anzeigte, dass er seine Kräfte sehr konzentrieren musste, um diese Aufgabe zu vollbringen. Gorian hatte allerdings auch den Eindruck, dass der Magiemeister ihn beobachtete, dass der Blick der ausdruckslosen Augen immer wieder auf ihm ruhte, dem jungen Fünfhaus-Schüler, wie er inzwischen von manchen mit einer Mischung aus Skepsis und Bewunderung genannt wurde.

      Als die Bannsteine überprüft und alle in den inneren Burghof zurückgekehrt waren, schickte Meister Damaraan die anderen fort, auch Heilerin Hebestis, was diese sehr irritierte. Dann waren Gorian und er allein – wirklich allein, denn Meister Damaraan webte eine Aura um sie beide, die sie vollkommen abschirmte. Das Rauschen des Meeres, sonst ewige Hintergrundmusik auf der Ordensburg, verstummte ebenso wie das Heulen des eisigen Windes und das Klappern der Taue und Haken an den Masten der im Hafen liegenden Schiffe.

      „Du bist es also“, erreichte Gorian ein Gedanke, und angesichts der jeden Laut verschluckenden Stille, die sie beide umgab, war er der Meinung, die einzig angemessene Weise, darauf zu antworten, sei ebenfalls ein Gedanke.

      „Was meint Ihr damit?“

      „Du bist derjenige, von dem Morygor glaubt, dass er seine Schicksalslinie kreuzen und vielleicht sogar beenden könnte.“

      „Das sagen andere. Aber ich werde alles dafür tun, damit genau das geschieht. Schon für meinen toten Vater.“

      „Ich bin überzeugt, du wirst mit der Zeit bessere Gründe finden, um deiner Bestimmung zu folgen. Morygor wird dich unbarmherzig jagen. Bis ans Ende der Welt, wenn es sein muss. Solange er glaubt, dass du eine Gefahr für ihn darstellen könntest, wird er auf deinen Tod erpicht sein. Er wird diejenigen töten oder zu Untoten machen, die du liebst, er wird dir selbst im hintersten Winkel Gryphlands oder des Basilisken-Reichs keinen Moment der Ruhe gönnen. Also sei immer vorbereitet.“

      Gorian erschrak. „Wie kommt Ihr auf das Basilisken-Reich?“

      „Ich habe die beiden Länder genannt, die zu meiner Zeit die entferntesten noch bekannten Länder waren. Mag sein, dass sich dies geändert hat und man neue Reiche entdeckte, während ich im Turm war. Aber das Wichtigste, was ich dir mitteilen will, ist dies: Der Verfolgung durch Morygor kannst du vielleicht entkommen, aber wenn Morygor mit bloßer Gewalt nicht zum Ziel kommt, wird er auf andere Weise versuchen, es zu erreichen. Er wird dir ein Angebot machen, und es wird sehr viel Stärke von dir erfordern, daraufhin nicht auf seine Seite zu wechseln.“

      „Was könnte dieses Ungeheuer mir schon bieten?“, gab Gorian zurück.

      „Ewiges Leben. Eine scheinbare Rettung vor dem Tod, dem alle sterblichen Wesen ausgeliefert sind. Ich verrate dir jetzt, was niemand weiß: Er schickte auch mir seine Boten, einem alten, kranken Mann, den nur die Kraft des durch Magie unterstützten Willens noch am Leben hält. Morygor dachte wohl, es wäre ein Leichtes, aus mir einen Verräter zu machen, aber wie dir mein körperlicher Zustand beweist, bin ich standhaft geblieben. Viele glauben, Morygor verwandle die Untoten auf schnelle Weise in jene Monstren, die er für sich kämpfen lässt, ganz gleich, ob Frostkrieger, Schattenreiter oder was auch immer. Selbst der Großteil der Meister glaubt das. Und das sollen sie auch weiterhin, weil es sie den Feind genügend fürchten lässt. Aber manche verwandeln sich auch ganz langsam und nur nach und nach in einen Untoten. Das sind diejenigen, die aus freiem Willen auf Morygors Seite überwechseln. Die Münze, in der er bezahlt, heißt mal Leben und mal Macht. Aber immer sind es falsche Münzen, Gorian. Daran solltest du denken.“

      „Was auch immer geschieht, ich werde stark bleiben“, versprach Gorian.

      „Das sagt sich leicht. Du wirst es irgendwann beweisen müssen.“

      Am darauf folgenden Tag rief Meister Rhaawaan eine Versammlung aller Schüler und der wenigen in der Burg verbliebenen Meister ein und gab bekannt, dass Meister Damaraan in der Nacht verstorben sei und nun ewige Ruhe gefunden habe.

      ––––––––

      Ein Ritterheer erreichte eine Woche später den Hafen der Ordensburg. Die Ritter - zum Großteil Nemorier und Estlinger - blieben nur eine Nacht, ehe sie an Bord von Schiffen gingen, die sie nach Ameer übersetzen sollten. In ihrem Gefolge befanden sich auch mehrere tausend Oger-Söldner, die wohl in aller Eile angeworben worden waren, denn die grünhäutigen Krieger ordneten sich in ihrem ungehobelten Auftreten kaum der militärischen Disziplin des Ritterheers unter, das von einem kaiserlichen Heerführer namens Entrok befehligt wurde.

      Entrok genoss eine gewisse Bekanntheit. Vor zwanzig Jahren war er für den Kaiser gegen den Herzog von Omont gezogen, nachdem dieser den Austritt seines Herzogtums aus dem Heiligen Reich erklärt und sich selbst zum König proklamiert hatte. Eigentlich erhielt Entrok längst eine Veteranenpension und hatte sich auf einem Landgut in Quellanien zur Ruhe gesetzt. Die Tatsache, dass der Kaiser ihn zurückgeholt hatte, zeigte, dass man auch am Hof von Olandor die Lage im Norden inzwischen als sehr ernst einstufte.

      Im Morgengrauen entschwanden die Schiffe über die Mittlinger See Richtung Ameer, und es sollten die letzten sein, die es noch schafften, diesen Hafen zu verlassen. Schon zuvor waren durch Handelsschiffe von den Mittlinger Inseln Gerüchte in Umlauf gebracht worden, nach denen der nördliche Teil der Mittlinger See bereits zugefroren sei und sich das Eis mit unnatürlicher Geschwindigkeit ausbreite. Die Schiffe, die von Estia aus regelmäßig die Küste Richtung Osten bis Nemor oder Tania entlangfuhren und dabei normalerweise im Ordenshafen anlegten, blieben aus, weil die Meerenge zwischen den Inseln der Axtlande zugefroren war. Aber auch aus Ameer und von den Mittlinger Inseln kamen keine Schiffe mehr. Über Brieftaubennachrichten erfuhr man auf der Ordensburg, dass die dortigen Häfen bereits vereist waren.

      Seit Menschengedenken war die Mittlinger See nicht mehr zugefroren gewesen. Allenfalls an den Küsten des Adhelandes oder Ost-Orxaniens kam es vor, das einzelne Buchten und Häfen von Eis blockiert waren, und in ganz besonders schlimmen Wintern, wie sie seit dem Erscheinen des Schattenbringers immer häufiger auftraten, konnte es selbst an den nördlichen Küstenabschnitten des Herzogtums Ameer zu schweren Vereisungen kommen.

      Aber dass sich eine Eisbrücke über die Inseln der Axtlande bildete, war ungewöhnlich. Und viele befürchteten, dass innerhalb kurzer Zeit die gesamte Mittlinger See zufrieren würde.

      Brieftauben zu versenden wurde aufgrund der heftigen Winterstürme bald unmöglich, und die einzigen Neuigkeiten erreichten die Ordensburg nun über die des Handlichtlesens mächtigen Ordensmeister.

      Im Seher-Haus, wo man sich auch mit der Prognose des Wetters beschäftigte, glaubte man, dass das Eis innerhalb der nächsten zwei bis drei Wochen Gontland erreichen würde. Gorian nahm als Seher-Schüler an der Erstellung dieser Prognose teil. Seinen Einwand, dass Morygor doch die Frostgötter zu seinen Sklaven gemacht habe und deren Magie die Kälte sehr viel schneller heraufbeschwören könne, wies Meister Rhaawaan persönlich zurück.

      „Was du sagst, fußt nicht auf seherischer Erkenntnis oder gar einer vertieften Analyse der metamagischen Schwingungen des Polyversums“, erklärte er unmissverständlich, „sondern ist nichts als eine Vermutung.“

      Gorian sah ein, dass es sinnlos war, Meister Rhaawaan noch widersprechen zu wollen. Dabei hatte er während der Invasion der Frostkrieger in Thisilien gesehen, welche Auswirkungen schon der Kältehauch eines einzelnen Frostgottes haben konnte. Dabei war Frogyrr, soweit bekannt war, noch nicht einmal einer der mächtigeren unter den Kreaturen gewesen, die einst durch die Weltentore vertrieben worden waren und die Morygor dann in die diesseitige Welt zurückgeholt hatte.

      Die