Thriller Spannung ohne Ende! Zehn Krimis - 2000 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745202786
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Senovec. Er hielt eine schwere Luger in der schlanken Faust.

      »Keine Gewaltaktionen, bitte«, sagte Gorjanow leise.

      Gorjanow hob eine Hand, er steckte die Mauser ein und wandte sich um. Auf dem Tisch am Fenster stand ein kleiner Holzkasten. Der Russe klappte den Deckel auf und holte eine Ampulle heraus. Er sägte den Hals ab, ergriff eine Injektionsspritze und zog den Inhalt der Ampulle in den Glaskolben. Ein Wahrheitsserum, eine Droge, die ihn in ein lallendes willenloses Individuum verwandeln würde.

      Travers blieb stehen. Der Bulgare kam langsam um ihn herum. Er sah Gorjanow an.

      Der Russe nickte. »Schieß ihn ins Knie.«

      Dies war seine letzte Chance. Travers schwang seinen Oberkörper herum. Die rechte Faust war geballt. Er hatte lange Arme, und die Faust streifte das Ohr des Bulgaren.

      Gorjanow ließ die Injektionsspritze fallen, seine Hand zuckte unter die Jacke. Travers rammte Senovec mit der schmerzenden linken Schulter. Glas klirrte, ein Schuss hatte sich aus der Luger gelöst und eine Vase zertrümmert. Travers schleuderte den Bulgaren gegen das Bett, er warf sich auf ihn, zerrte ihn mit einem wilden Ruck in die Höhe und schleuderte ihn gegen die Wand. Mit einem Hechtsprung brachte er sich hinter dem Bett in Sicherheit. Im Sprung riss er die MK IV an sich, die der Bulgare achtlos auf das Bett geworfen hatte.

      Unter dem Bett her konnte Travers die Füße des Russen erkennen. Die Mauser wummerte los. Zwei Kugeln klatschten über Travers' Kopf in den Putz. Travers zielte kurz und drückte ab.

      Pulverdampf biss in seine Augen, der Rauch hielt sich unter dem Bett. Travers sah den braunen Schuh des Russen, der einen breiten Riss aufwies, aus dem Blut quoll. Dann machten die Füße taumelnde Schritte.

      »Lass die Kanone fallen!«, zischte Travers. Die Mauser polterte auf den Teppich.

      »Du wirst es überleben, Hundesohn«, sagte Travers, während er zur Tür glitt. Er riss sie auf.

      Er holte seinen Koffer hinter dem Blumenkübel hervor und lief über die Treppe in die Halle hinunter. Wenige Sekunden später saß er in seinem Renault.

      *

      CHUCK KAM AUF IHN ZU. Travers stieß die hintere Tür auf, und der CIA-Mann verstaute seine langen Beine im Fond.

      »Ich hänge mich an den Russen, und Sie bleiben hinter mir. Ich lasse mich abhängen. Dann sind Sie dran. Okay?«

      Chuck kletterte aus dem Wagen und ging davon. Kurz darauf kamen Senovec und Gorjanow aus dem Hotel. Sie hatten es sichtlich eilig. Sie trennten sich sofort. Senovec lief zum Taxistand. Gorjanow humpelte über die Straße und stieg in den Simca, den Senovec zuvor gefahren hatte. Er sah sich nicht um. Er fuhr hart an, und Travers hatte tatsächlich Mühe, ihm zu folgen. In der Umgebung der Notre Dame de la Garde schaffte es der Russe dann. Travers raste mit voller Geschwindigkeit in eine Sackgasse, und als er zurücksetzte und die alte Fahrtrichtung wieder aufnahm, war von dem Simca nichts mehr zu sehen.

      Travers stoppte an der nächsten Telefonzelle und rief das Konsulat an.

      Die Nachrichtenzentrale verband ihn mit Chucks Wagen.

      »Ich habe ihn!«, berichtete Chuck triumphierend. »Ich habe ihn. Er fühlt sich jetzt sicher! Er fährt zur Autobahn Richtung Avignon!«

      »Hinterher. Ich komme nach.«

      Er trieb den Renault auf die Ausfallstraße zu und jagte ihn dann auf Touren. Neun Minuten später bremste er hart neben Chucks Fiat. Er blieb im Wagen sitzen. Er versuchte, den Simca des Russen auszumachen, doch das war vergeblich. Zu viele Fahrzeuge waren auf dem unübersichtlichen Gelände abgestellt.

      Chuck kam ihm entgegen. An Chucks Gesichtsausdruck konnte Travers erkennen, dass etwas schiefgelaufen war.

      Chuck zog Travers hinter einen Laster. »Er ist weg, einfach weg.« Ratlos blickte er Travers an. Travers ballte die Fäuste.

      »Mann!«, schrie er. »Sie sind doch nicht von gestern! Dieser Trick ist uralt! Er ist zum Lokus gegangen, stimmt's?«

      »Ja, aber ich habe den Wagen nicht aus den Augen gelassen! Mann, Mac, der Simca steht da drüben!«

      Travers rannte davon, und Chuck hetzte hinter ihm her. Neben Chucks Fiat blieb Travers stehen. »Haben Sie Waffen? Ein Gewehr? KO-Geschosse? Irgendetwas?« Travers hatte nur seine MK IV.

      »Eine Maschinenpistole«, sagte Chuck. »Sonst nichts.«

      Travers schüttelte den Kopf. Er warf sich in den Renault und startete den Motor.

      »Soll ich mitkommen?«

      »Nein. Was ich vorhabe, ist eine Privatsache. Sie erledigen, was ich Ihnen aufgetragen habe. Ich hole Jo Anne. Ich weiß jetzt, wo sie ist.«

      »Sagen Sie es mir«, bat Chuck ernst. »Nur für den Notfall.«

      »Er hat hier keinen Stützpunkt. Und er brauchte mehr als eine Stunde, um Jo Anne an ein Telefon zu bringen. Sie ist in dem ersten Heroinlabor. Die Anlage dürfte für ihn sicher sein, nachdem die Rauschgiftpolizei das Nest leer vorgefunden hat.«

      Chuck nickte. »Sie könnten recht haben. Aber Sie sollten nicht allein dort hingehen.«

      Travers stieß einen wütenden Knurrlaut aus und schob den ersten Gang ins Getriebe. Smith durfte von dieser Aktion nichts erfahren. »Wenn Sie bis Mitternacht nichts von mir hören, können Sie unsere Leichen aus den Sümpfen holen.« Dann war nämlich sowieso alles egal.

      Travers jagte vom Platz. Er ging auf die Autobahn, drängelte die anderen Fahrzeuge rücksichtslos zur Seite. An der Ausfahrt Marignane verließ er die Bahn wieder und folgt der Landstraße. Er hatte keinen Wagen gesehen, in dem Gorjanow hätte sitzen können. Der Vorsprung des Russen war zu groß. Travers vermutete, dass der Russe einen Wagen an der Raststätte in Reserve gehabt hatte, einen geländegängigen Jeep oder einen Land Rover. Ein solcher Wagen hätte in Marseille einiges Aufsehen erregt, deshalb dürfte er ihn hier, in der Nähe der Autobahn, abgestellt haben. Die Sache wurde für Travers immer klarer.

      Er fand den kaum sichtbaren Fahrweg, der in die Sümpfe führte. Er lenkte den Renault von der Straße und trat das Gaspedal rücksichtslos durch. Erst als er von der Landstraße aus nicht mehr gesehen werden konnte, hielt er an und stieg aus. Er untersuchte den Boden, der hier noch zu trocken war, um Spuren festhalten zu können. Travers fuhr weiter, vorsichtiger jetzt, da das Gelände unebener wurde. Er erkannte den Wassergraben wieder, in dem er vor drei Nächten den Range Rover des Russen zuschanden gefahren hatte. Der Wagen war abgeschleppt worden, dafür hatte Gorjanow gesorgt. Travers stieg wieder aus, und diesmal entdeckte er frische Spuren eines breiten Profilreifens im schlammigen Grund des Grabens. Die Spur hatte sich noch nicht ganz mit Wasser gefüllt.

      Travers schwenkte nach Süden ab, da der Graben für den Renault zu tief war. Nach einer halben Meile fand er eine flache Stelle, und nachdem er ein paar Büsche und Sträucher aus dem Boden gerissen und in den Graben geworfen hatte, lenkte er den Wagen vorsichtig hindurch.

      Das Gelände zeigte eine geschlossene harte Grasnarbe, doch an den Bewegungen des Renaults spürte Travers, dass der ganze Untergrund auf dem Sumpf schwamm. Er fuhr so schnell wie möglich, doch er konnte nicht verhindern, dass der Wagen zweimal in ein Schlammloch geriet. Beide Male verlor Travers jeweils eine Viertelstunde, um den Renault wieder freizubekommen.

      Travers hielt nach dem flachen Hügel und der Mulde Ausschau, die eine Landmarke für ihn bedeutete. Die Sonne war hinter einer dichten Wolkendecke verborgen, und Travers fürchtete mehrmals, die Orientierung verloren zu haben.

      Als er nach eineinhalb Stunden immer noch keine Spur des verlassenen Heroinlabors entdeckt hatte, wusste er, dass er sich verirrt hatte. Er hielt an. Es war achtzehn Uhr dreißig, und in einer Stunde würde es dunkel sein.

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