Zur Zeit schienen sich etwa ein Dutzend Männer im Camp aufzuhalten.
Sie waren gut bewaffnet. Überall sah ich die kurzläufigen Uzis, eine Waffe, die sich wegen ihrer Handlichkeit hervorragend für Attentäter eignete.
Noch waren sie ahnungslos. Die G-men kreisten das Lager langsam aber sicher ein. Sie warteten nur auf das Signal, um loszuschlagen. Aber man musste dabei vorsichtig sein. Es war wie beim Ausheben eines Wespennestes. Wen man nicht höllisch auf der Hut war, konnte das in einer Katastrophe enden.
Und dann erblickte ich Chuck Belmont.
Er war es, daran gab es keinen Zweifel. Ich erkannte ihn von den Fotos wieder, die ich im Computer gesehen hatte. Er hatte eine Automatik im Gürtel und zündete sich eine Zigarre an. Das Streichholz warf er achtlos weg. Er zog zweimal tief an dem dicken Stängel und blickte sich um. In seinem grobschlächtigen Gesicht zuckte ein Muskel. Er wirkte etwas nervös.
Dann kam das Signal.
Milo gab es, indem er einfach : "Los!" in sein Walkie Talkie rief. Über ein Megafon ertönte dann Orrys Stimme: "Hier spricht das FBI! Werfen Sie die Waffen weg und heben Sie die Hände! Sie sind umstellt! Jeder Widerstand ist zwecklos!"
Die LICHTKÄMPFER standen wie erstarrt da. Dann sahen sie sich hektisch um. Als sie von allen Seiten die G-men in den dunkelblauen FBI-Jacken auftauchen sahen, erkannten sie, dass es sinnlos war, noch Gegenwehr zu leisten. Einer nach dem anderen ließ die Waffe sinken. G-men durchsuchten sie nacheinander und steckten ihre Hände in Handschellen.
Ich kam aus dem Unterholz heraus.
Mein Blick hing an Belmont.
Er stand mit erhobenen Händen da. Aber sein Körper war angespannt. Jeder Muskel und jede Sehne. Mit einem schnellen Blick taxierte er die Lage. Dann stürzte er zur Blockhütte und fiel praktisch in die Tür.
"Bleiben Sie, wo Sie sind, Belmont! Sie sind verhaftet!"
rief ich ihm hinterher. Aber das schien ihn nicht zu kümmern. Er wusste, dass er wegen Mordes drankommen würde.
Eiskalt und in Perfektion ausgeführt. Das konnte in der Todeszelle enden. Darum setzte er alles auf eine Karte. Ich hatte das Blockhaus beinahe erreicht, da donnerte bereits der Feuerstoß eines Schnellfeuergewehrs durch das Fenster. Glas splitterte, und ich warf mich zur Seite.
Noch im Fallen feuerte ich mit der Waffe zweimal kurz hintereinander zurück. Dann rappelte ich mich wieder auf und hatte Sekunden später das Blockhaus erreicht. Ich presste mich gegen die Wand. Die anderen G-men waren so gut es ging mit ihren Gefangenen in Deckung gegangen. Andere, die noch noch nicht in Handschellen waren, mussten mit der Waffe in der Hand in Schach gehalten werden. Der Gedanke an Flucht war jedem dieser Männer von den Augen abzulesen. Aber keiner wagte es schließlich. Und das war auch besser so.
"Geben Sie auf, Belmont! Es hat keinen Sinn!", rief ich.
Ich erhielt keine Antwort. In geduckter Haltung schlich ich um das Haus herum.
Dann ballerte Belmont drauflos.
Die großkalibrigen Kugeln drangen einfach durch das Holz, und ich hatte großes Glück nicht erwischt zu werden. Eine Art Lotteriespiel, das mir nicht gefiel.
Er ist ein Marine gewesen!, rief ich mir ins Gedächtnis zurück. Er hatte gelernt, wie man tötet - und wie man gegebenenfalls auch mit einer Übermacht fertig wird.
In kurzen Abständen schoss Belmont mehr oder minder aufs Geratewohl durch das Holz.
Dann herrschte einige schreckliche Augenblicke lang wieder Stille.
Ich schlich weiter um das Blockhaus herum.
Milo hatte sich inzwischen von der anderen Seite an das Haus herangearbeitet.
Und dann...
Ein Geräusch!
Ich kannte dieses Geräusch nur zu gut und mir war in dieser Sekunde klar, dass ich blitzschnell handeln musste.
Belmont wechselte sein Magazin.
Ich sprang auf.
Aus den Augenwinkeln heraus sah ich Milo Tuckers entsetzten Blick, aber mein Freund hatte nicht hören können, was ich gehört hatte.
Ich stürmte zur Tür des Blockhauses, trat sie mit einem wuchtigen Tritt ein und blickte in den Lauf von Belmonts Schnellfeuergewehr. Ein kräftiger Ruck nur und er hätte das Magazin eingeschoben. Seine Sehnen waren gespannt wie ein Bogen. Aber er hielt in der Bewegung inne. Eine Sekunde und er würde mich über den Haufen schießen können. Ein Feuerstoß von mehr als zwanzig Geschossen innerhalb einer Sekunde würde mich durchsieben.
Aber ich brauchte nicht einmal eine halbe Sekunde, um meine Waffe abzudrücken.
Und das wusste er.
Er ließ die Waffe sinken.
Sein Mörderspiel war ausgespielt.
41
Paul Mincuso machte ein ziemlich erstauntes Gesicht, als er von unseren Leuten in Empfang genommen wurde.
Er hatte wohl vorgehabt, möglichst schnell dafür zu sorgen, dass das Camp spurlos verschwand. Und dem Telefon hatte er nicht mehr getraut. In den Verhören, die in den nächsten Tagen durchgeführt wurden, entwirrte sich dann nach und nach alles. Es dauerte nicht lange und die unteren Chargen in Mincusos Killer-Organisation hatten keine Lust, die Schuld allein auf sich zu nehmen. Einer belastete bald den anderen und so kam alles ans Tageslicht. Mincuso war der geistige Kopf der KÄMPFER DES LICHTS gewesen. Er hatte sogar die Opfer zum Teil selbst ausgewählt. Die Durchführung lief weitgehend unter dem Kommando von Chuck Belmont, der von dem Security Man, nach dessen Aussage ein Phantombild von Shokolevs Mördern erstellt worden war, als einer jener Männer wiedererkannt wurde, die Big Vlad ermordet hatten.
Dem Prozess konnten wir in aller Gelassenheit entgegenblicken.
Und das galt auch für Catherine Dobbs. Da sie bereit war, umfassend auszusagen, plädierte der Staatsanwalt dafür, die Strafe, die sie wegen Verdunkelung einer Straftat erwartete, zur Bewährung auszusetzen.
ENDE
Travers - Heroin für heiße Tipps
von Uwe Erichsen
Uwe Erichsen, Film-, Tatort- und Fahnder-Autor, ist auch ein Meister des Spionagekrimis.