Thriller Spannung ohne Ende! Zehn Krimis - 2000 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745202786
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nicht hören, was Smith noch gesagt hat?«, traf ihn die erregende Stimme. Er blieb stehen und sah sie stumm an. »Das, was Sie erwarten, geht nach Marseille. Na, ist das was?«

      »Das hat Smith gesagt?«

      »Wörtlich. Es sei die bulgarische Lieferung, sagte er. Von der anderen wisse er noch nichts. Worum geht es eigentlich?«

      »Um Sojabohnen und Schwalbennester. Au revoir.«

      »Ich kenne auch den Namen des Schiffes.«

      Travers setzte langsam den Koffer ab. Aus schmalen Augen betrachtete er das Girl. »Smith scheint Ihnen viel erzählt zu haben«, meinte er.

      »Hat er. Ich bin Ihr Briefkasten. Nicht Johnny Parr.«

      Mit einem wuchtigen Fußtritt beförderte Travers den Koffer auf das Bett zurück. »Okay, ich nehme nicht an, dass Sie mir Smiths Worte ohne große Umstände übermitteln?«

      Jo Anne strahlte. »Erraten. Sie haben einen scharfen Verstand!«

      »Das hat Smith gesagt!«

      »Nein, das habe ich festgestellt. Kommen Sie, ich kenne da ein nettes kleines Lokal in der Altstadt. Es wird Ihnen gefallen.«

      »Wie kommen Sie darauf, dass ich ein kleines Lokal aufsuchen möchte?«

      »Sie haben Hunger. Das Zeug, das man in den Flugzeugen serviert, schmeckt doch wie Schaumstoff.«

      Travers lachte. »Gehen wir.«

      Sie schlenderten über die breite Promenade, vorbei an den Luxushotels, den exklusiven Geschäften. Dann stiegen sie durch enge kühle Gassen in die Altstadt hinauf, wo es nach heißem Öl und gebratenem Fisch und Knoblauch roch.

      Hier war es, wo Travers feststellte, dass sie verfolgt wurden.

      Er war noch nicht sicher, das Gedränge war zu groß. Er trug die Jacke am Aufhänger über der Schulter, weil es warm war, und deshalb hatte er auch das Pistolenholster nicht angelegt und die MK IV nicht eingesteckt.

      Er blieb vor einem offenen Eingang stehen und sah scheinbar interessiert zu, wie ein alter Mann eine Schale aus Olivenholz schnitzte.

      Er konnte den Typ, den er für seinen Verfolger gehalten hatte, nicht mehr entdecken. Langsam ging er weiter. Er hatte Jo Anne am Arm gefasst und schob sie die steilen Stufen hinauf. Sie sah ihn lächelnd an. Ihr Mund war die pure Verheißung. Travers' Zorn auf Smith verflog.

      Jo Anne deutete auf eine Tür in einem winzigen weiß gestrichenen Haus, dessen Giebel sich weit über die Gasse neigte. »Gefällt es Ihnen?«

      »Mir gefällt es überall«, antwortete er. Er schob den Schnurvorhang zu Seite.

      Der Gastraum war nahezu leer, aber in den verschiedenen Pfannen auf dem großen Herd hinter der Theke brutzelte Undefinierbares. Sie setzten sich an einen kleinen Tisch gleich neben der Tür.

      Der Chef, ein kleiner dicker Mann mit Glatze, watschelte herbei. Er lächelte, wischte die Hände an seiner Schürze ab und fragte auf Französisch, was die Herrschaften wünschten.

      Jo Anne sah Travers an, und als er nickte, bestellte sie Dinge, deren Namen Travers noch nie gehört hatte. Der Chef grinste anerkennend, zog sich unter Verbeugungen zurück.

      Travers sah Jo Anne misstrauisch an, aber er sagte nichts. Der Dicke begann sofort zu servieren: Pan Bagnat, mit Olivenöl beträufeltes Brot, gefüllte Zwiebeln und Cannelonis. Travers aß mit gutem Appetit, und als er sich zurücklehnte, lachte Jo Anne.

      »Das waren nur die Vorspeisen. Warten Sie ab, was noch kommt.«

      Danach gab es Nounat, das waren kleine gekochte Fische, Supion à la Nicoise, die sich als kleine gebackene Tintenfische herausstellten, und gefüllte Sardinen nach provenzalischer Art. Auf eine Nachspeise verzichtete er, er nahm stattdessen eine Tasse mit starkem schwarzem Kaffee und Cognac.

      Travers hatte den kleinen Ausschnitt der Gasse, den er durch die Schnüre im Türrahmen überblicken konnte, nicht aus den Augen gelassen. Als er am Cognac nippte, stieß er Jo Anne an.

      »Kennst du den Mann?« Seine Stimme klang angespannt, und Jo Anne blickte zur Tür.

      Ein Mann schlenderte vorbei. Ein typischer Südfranzose mit lockigem schwarzem Haar, olivfarbener Gesichtshaut und langen Koteletten.

      Sie schüttelte den Kopf. »Warum fragst du?« Der Mann blickte starr geradeaus. Etwas zu starr. Gleich darauf war er verschwunden. »Ich habe ihn noch nie gesehen, er kam mir auch nicht auffällig vor.«

      »Er war in der Gasse schon einmal hinter uns, und jetzt kommt er zum zweiten Mal hier vorbei.«

      »Calvin ...«

      »Travers. Oder Cal.«

      »Cal, wenn du hier eine Stunde spazieren gehst, wirst du mindestens zwei Dutzend Leuten zweimal begegnen!«

      Travers hob die Schultern. »Mag sein.« Er legte ein paar Geldscheine auf den Tisch und stand auf. »Komm, wir gehen.« Travers dachte an seine Verabredung mit Johnny Parr und daran, dass er noch keinen Wagen hatte. Außerdem wollte er die Pistole aus dem Hotel holen.

      Er ging ziemlich schnell, und Jo Anne hatte Mühe, ihm zu folgen. Sie spürte die plötzliche Anspannung, die den großen Mann beherrschte, und sie fühlte sich ausgeschlossen und hilflos.

      Travers sah sich mehrmals unauffällig um. Der Lockenbubi war hinter ihm, aber er verfolgte sie nicht. Er suchte etwas, und unvermittelt betrat er ein Café.

      Travers wirbelte auf dem Absatz herum. Er stieß Jo Anne zur Seite, schob sich durch die Müßiggänger, rannte auf den Eingang des Cafés zu.

      Der Lockige hatte offenbar gerade eine Telefonmünze gekauft, mit der er zu dem Telefon neben dem Hingang zur Toilette ging. Er hatte Travers noch nicht bemerkt.

      Travers glitt wie eine Katze durch den länglichen Raum. Der Bubi hatte ihm den Rücken zugewandt, während er wählte. Lautlos blieb Travers hinter ihm stehen. Die letzte Ziffer schnurrte über die Wählscheibe.

      Travers grub dem Kerl seine Finger in die Schulter. Der Bursche unterdrückte einen Schreckensschrei. Mit einem heftigen Ruck riss Travers ihm den Hörer aus der Hand, und mit dem ausgestreckten Arm schob er den Gelockten außer Reichweite.

      Er presste den Hörer ans Ohr. Das Rufzeichen schnarrte, dann meldete sich eine weibliche Stimme. »Hotel Westminster ...«

      Travers drückte die Gabel nieder. Das Gesicht des Mannes vor ihm war blass. Er wand sich unter Travers' Griff, versuchte, sich zu befreien. Travers schob ihn durch die Tür in den Gang, der zu den Toiletten führte. Dort stieß er ihn gegen die Wand.

      »Wen wolltest du sprechen?«, fragte er.

      Travers hörte einen hastig hervorsprudelnden Wortschwall aus italienischen und französischen Wörtern, von denen er nur die Flüche verstand; der Kerl hatte einen schauderhaften Akzent.

      Travers zog ihn zu sich heran und stieß ihn mit dem Köpf gegen die Wand. Der Bubi wurde blass und verdrehte die Augen, aber er hatte immerhin so viel Courage, sein Knie hochzureißen. Travers wich aus. Mit einem Ruck riss er dem Kerl die Jacke über die Arme, fischte ihm die Brieftasche heraus und das Kleingeld. »Damit du nicht noch einmal jemanden warnen kannst«, knurrte er. »Das Geld und die Brieftasche kannst du dir in einer Stunde beim Portier im Westminster abholen.«

      Der Kerl riss den Mund auf. Eine üble Knoblauchwolke traf Travers' empfindliche Nase. Bevor der Kerl schreien konnte, setzte Travers ihm die Faust auf den Mund.

      Der Bubi rutschte an der Wand zu Boden.

      Travers stürmte nach draußen. Jo Anne hatte vor einem Schaufenster gewartet. Sie sah ihn fragend an, aber Travers gab keine Erklärung ab. Er bewegte sich schnell, ohne zu rennen. Jo Anne blieb zwei Schritte hinter ihm.

      Er betrat das Hotel nicht durch den Haupteingang. Vielleicht wartete dort noch ein Aufpasser. Travers lief jetzt in die