OHNE AUSWEG (Holly Lin). Robert Swartwood. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Swartwood
Издательство: Bookwire
Серия: Holly Lin
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958355545
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für den Fahrstuhl und zähle im Kopf mit: Eins, zwei, drei, vier, fünf – dann macht es endlich Ding! und die Fahrstuhltür öffnet sich. Im selben Moment öffnet sich die Tür zum Treppenhaus und die Männer tauchen auf. Ich sehe, wie einer von ihnen seine Waffe hebt, doch in diesem Moment treten wir in den Aufzug und er macht sich nicht einmal mehr die Mühe, zu schießen.

      Ich drücke den Knopf fürs Erdgeschoss und die Tür schließt sich. »Nova, wir sind im Fahrstuhl nach unten und fahren direkt in die Lobby.«

      »Wen zur Hölle meinst du mit wir

      Die Südamerikanerin hat Mühe, Luft zu kriegen. Sie fragt, mit wem ich rede. Wir passieren die fünfzehnte Etage. »Nova, bist du da?«

      »Fast.«

      Das Mädchen fragt wieder: »Mit wem redest du?«

      Wir lassen die zehnte Etage hinter uns.

      »Nova?«

      »Wenn du noch eine Waffe bei dir hast, Holly, dann entsorge sie lieber schnell. Wenn sich die Türen öffnen, stehst du der Polizei gegenüber.«

      »Wie viele Beamte sind es?«

      »Verdammt viele.«

      »Was passiert jetzt mit mir?«, fragt das Mädchen. »Keine Polizei! Ich kann nicht zurück! Bitte!«

      Drei Etagen noch, dann noch zwei, dann noch eine. Ich sichere die MPX-K, lasse sie auf den Boden fallen und schiebe sie mit dem Fuß in eine Ecke. Die Glock drückt immer noch in meinen unteren Rücken und ich ziehe mein Hemd hinunter, um sicherzustellen, dass sie verdeckt ist. Die Türen öffnen sich und ich halte mich am Arm des Mädchens fest, fange an zu weinen und zu schreien und brülle den Dutzenden von Uniformierten entgegen, dass da Männer mit Waffen waren, die uns töten wollten.

      Die Polizisten haben ihre Waffen gezogen und sind zu allem bereit. Doch dann sehen sie uns – zwei hilflose, zu Tode verängstigte junge Frauen – und ihr Misstrauen wird durch Mitleid ersetzt. Zwei von ihnen treten vor, stützen uns und helfen uns, schnell von den Fahrstühlen wegzukommen. Ich lasse das Mädchen nicht los und sie mich ebenso wenig. Ich schaffe es ohne Mühe, meine Tränen weiter fließen zu lassen, und sie macht es mir nach. Wir spielen ein Duo jammernder Nichtswisser. Um uns bildet sich eine Traube gaffender Menschen und ich entdecke Nova unter ihnen. Die Cops führen uns von ihm weg, doch dann kommt ein weiterer Fahrstuhl an und es gibt Geschrei und Schüsse und die Hölle scheint loszubrechen.

      Die Polizisten lassen uns los und eilen zurück, um ihren Kollegen zu helfen. Ich halte die Südamerikanerin fest und leite sie in Novas Richtung. Er setzt an, etwas zu sagen, aber ich schüttle den Kopf und schiebe sie in seine Richtung. »Bring sie in die Garage«, sage ich bestimmt, und er weiß genau, dass er nicht zu diskutieren braucht. Er nimmt sie am Arm und dann verschwinden sie in der Menge aus Menschen, die vor der Schießerei flüchten.

      Ich drehe mich wieder um und betrachte das Chaos. Herausfordernd halte ich die Kette hoch, an der die Goldmünze mit dem USB-Stick darin hin- und herschwingt. Wenn Rolands Leute das Ding erkennen, werden sie sofort wissen, was los ist, und mich verfolgen. Was vollkommen in Ordnung ist. Denn mein Ziel ist, zu verhindern, dass irgendjemand Nova und dem Mädchen folgt.

      Bei den Fahrstühlen geht das Geballer weiter, insgesamt sind es nun schon dreißig Sekunden. Einige Polizisten werden getroffen, ebenso einige von Rolands Männern. Die drei, die uns verfolgt haben, scheinen kein Problem mehr zu sein.

      Aber dann sehe ich ein paar Nachzügler. Es sind nur zwei, und sie tragen keine Anzüge, sondern Freizeitklamotten. Sie sehen aus wie übernächtigte Spielsüchtige und starren mich wütend an.

      Ich erwidere den Blick. Ich winke. Ich lächle. Zeige ihnen den Mittelfinger. Dann fangen sie an zu rennen. Und das mache ich auch.

      Kapitel 8

      Ihr könnt mir glauben, um drei Uhr morgens in einem Schulmädchen-Outfit durch die Lobby des Bellagio zu sprinten, erregt gar nicht so viel Aufmerksamkeit, wie man denken würde. Jedenfalls nicht, wenn es eine Schießerei bei den Aufzügen gibt. Und der Feueralarm losgegangen ist und eine Sirene ohne Unterbrechung kreischt. Und alle Anwesenden um ihr Leben rennen. Von daher ist es nicht besonders auffällig, dass ich mit der Goldkette in der Hand davonsprinte.

      Ich komme nach draußen und sehe überall Polizeiautos, die rot und weiß blinken. Hier lungern eine Menge Leute herum, die scheinbar aus dem Hotel geflohen sind und denken, der Gewaltausbruch dort drinnen hat keine Chance, nach hier draußen zu kommen. Ein paar Polizisten stehen mit gezogenen Waffen herum und schauen sich panisch um.

      Auf der Hauptstraße ist immer noch viel Verkehr, die Leute, die im Bally's oder im Paris auf der anderen Straßenseite sind, haben keine Ahnung, was im Bellagio los ist. Sie trinken, zocken und haben keine einzige Sorge im Leben, während hinter mir die Leute kreischen und weinen und sterben.

      Jetzt kommt eine Gruppe Motorräder die Auffahrt hoch. Die Dinger sind kreischend bunte Spaßmaschinen, wahrscheinlich Hondas. Ich renne auf sie zu.

      Der Anführer des Trupps hat inzwischen angehalten und nimmt seinen Helm ab. Ich werfe einen Blick hinter mich, der Eingang ist nun etwa zwanzig Meter entfernt und die beiden Männer von Roland kommen gerade heraus. Ich wende meine Aufmerksamkeit dem Motorradfahrer zu und sage mit verführerischem Lächeln: »Hey, das ist aber eine heiße Maschine!«

      Er hat eine übertriebene Gesichtsbräune, dunkles Haar mit Strähnchen und trinkt wahrscheinlich am liebsten Red Bull. Er lächelt und sagt: »Danke. Vielleicht willst du ja mal eine Tour mit mir machen?«

      Ich stehe nicht einmal zwei Meter weit weg und gebe mir Mühe, so charmant wie möglich zu sein. Dann werfe ich ihm einen verruchten Blick zu, schnappe mir seinen Helm und sage: »Am liebsten würde ich eigentlich jetzt sofort fahren.«

      Er schaut mich verwundert an und fragt: »Echt?«

      Ich schaue nochmal hinter mich. Die beiden Kerle rennen jetzt, die Knarren halten sie in ihrer Hüftgegend.

      »Das einzige Problem ist«, sage ich dem Kerl und trete den letzten Schritt an ihn heran, »ich fahre nur selbst!«

      Sein Lächeln verschwindet abrupt. Er schaut mich verwirrt an, aber da habe ich auch schon den Helm auf – er riecht nach Zigaretten – habe den Lenker mit der einen Hand gepackt und schubse ihn mit der anderen von der Maschine. Er schreit auf und geht zu Boden. Da gebe ich auch schon Gas und lasse die Kupplung kommen – der Kerl hat nicht mal eine Chance, vorher aufzustehen.

      Der Hinterreifen fängt an zu qualmen, als ich mich auf der Stelle drehe, dann rase ich auch schon los. In der Ferne höre ich ein Ploppen, als einer der Männer auf mich schießt. Am Ende der Auffahrt halte ich kurz an und schaue zurück. Rolands Männer gehen weitaus weniger subtil bei der Beschaffung ihrer fahrbaren Untersätze vor: Die anderen Biker liegen auch auf dem Boden und versuchen gerade aufzustehen. Rolands Schergen haben sich ihre Maschinen geschnappt und drehen nun ebenfalls um, damit sie mich verfolgen können.

      Natürlich können sie Motorrad fahren. Es war wohl ein wenig naiv von mir, etwas anderes vorauszusetzen. Ich gebe ihnen noch eine Sekunde, um sicherzustellen, dass sie mich gesehen haben, und rase dann auf die Hauptstraße.

      Ich fahre nach Süden und schere zwischen den Autos hin und her. Manche bremsen, manche hupen, manche schreien mir Obszönitäten hinterher. Ich fahre einfach weiter – vorbei am Monte Carlo und am MGM Grand. An der großen Kreuzung beim New York New York schaltet die Ampel auf Rot. Die Autos vor mir halten alle an, also fahre ich auf den Bürgersteig und schalte runter, damit ich keine Passanten umfahre.

      An der Ecke blicke ich zurück und sehe, dass Rolands Männer hinter mir her sind. Sie machen mir alles nach und fahren jetzt auch auf dem Gehweg. Ich gebe ihnen wieder eine Sekunde, bevor ich die Kupplung springen lasse und dann Richtung Tropicana Avenue rase.

      Ich war bestimmt schon ein halbes Dutzend Mal in Las Vegas und kenne mich ziemlich gut aus. Mein Plan ist, sie auf der Bundesstraße abzuschütteln. Deswegen fahre ich in nördlicher Richtung auf die 15. Der Verkehr