Als wir sie erreichen, drücke ich den Lauf der Glock in seinen Nacken.
»Aufmachen!«
»Aber …«
»Jetzt«, sage ich, und er tut es, und in diesem Moment wird drinnen geschossen. Ich ziehe den Kopf ein und benutze den Männerkörper als Schutzschild, als ich den Kerl nach vorn in das Zimmer schiebe, wo drei nackte Mädchen hinter dem Bett kauern, während Roland – ebenfalls nackt – einfach nur so dasteht und brüllend seine 45er abfeuert.
Doch dann begreift er, dass er auf einen seiner eigenen Männer schießt. Er hält inne, zieht die Mundwinkel nach unten und ich lasse mein menschliches Schild fallen, ziele, und jage eine Kugel direkt zwischen Rolands Augen.
Die nackten Frauen fangen an zu schreien. Zwei von ihnen springen auf und rennen an mir vorbei. Sollen sie doch. Die Letzte bleibt, wo sie ist, hinter dem Bett, und heult einfach weiter.
Ich gehe zu Rolands Leiche. Ein Seitenblick verrät mir, wie kümmerlich er untenherum ausgestattet ist, und ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich beuge mich hinunter, schnappe mir den goldenen USB-Stick und nehme ihn an mich, wobei die Kette reißt.
»Scooter, hörst du mich?«
»Ja.«
»Das Ziel ist erledigt und ich habe die Beute.«
»Gut. Dann nichts wie r-r-raus da. Es ist V-V-Verstärkung unterwegs!«
Ich werfe einen Blick auf das Mädel, das hinter dem Bett weint. Sie schaut mich mit Tränen in den Augen und zitternden Lippen an.
»Wie viele?«
»Mindestens vier.«
»Rolands Männer?«
»Die sind definitiv nicht vom Hotel.«
»Wie lange habe ich?«
»Nur noch ein paar Sekunden.«
Kapitel 7
Zurück im Hauptraum bleibe ich an der Bar stehen und schnappe mir die MPX-K von dem Toten. Ich wühle durch seine Taschen und finde zum Glück ein zusätzliches Magazin. Ich stopfe mir die Glock hinter den schmalen Gürtel meines Rocks und lade die Maschinenpistole nach.
Die Nutte, die vergessen hat, wie man aufsteht, schluchzt immer noch in den Teppich. Ich richte die Waffe auf die Eingangstür, während ich in die Knie gehe und sie an ihrem Kleid packe. Ich versuche sie hochzuziehen, aber sie macht sich schwer und schluchzt, dass sie nicht sterben will.
»Steh auf, dann überlebst du vielleicht.«
Sie hört auf zu schluchzen und schaut mich an. Dann wischt sie sich über die Augen und kämpft sich in den Stand. Ihre Beine zittern, sie beißt sich auf die Lippen und sieht sich ratlos um. Ich deute auf die Tür zum Foyer und sage: »Lauf!«, woraufhin sie stolpernd losrennt, weil sie einen ihrer Schuhe verloren hat, was sie allerdings nicht zu bemerken scheint.
Jetzt ist sie aus meinem Blickfeld verschwunden und ich will ihr gerade hinterhergehen, als mir klar wird, dass ich etwas vergessen habe. Ich eile in das andere Schlafzimmer, steige über Jerolds Leiche und klopfe an die Badezimmertür. Ich sage auf Spanisch, dass alles okay ist und dass ich jetzt reinkomme. Ich drücke dir Tür auf, doch das Bad ist leer. Ich mache verwundert einen weiteren Schritt, bis mir auffällt, dass der Duschvorhang zugezogen ist. Ich ziehe ihn beiseite und finde die Südamerikanerin wie einen Fötus zusammengerollt in der Badewanne vor.
»Hey«, rufe ich, und als sie mich anschaut: »Wir müssen los!«
Sie murmelt auf Spanisch: »Lass mich hier zurück. Sie werden mich sowieso töten.«
Dann höre ich Scooter: »Äh, Holly, w-w-was machst du denn? D-Diese Männer kommen jetzt im Fahrstuhl hoch!«
Ich ignoriere Scooter und sage dem Mädchen, dass niemand sie töten wird, dafür werde ich sorgen.
»Du hast mein Leben gerettet«, sage ich, »und jetzt rette ich deines.«
Sie sieht immer noch nicht überzeugt aus. Ich strecke ihr meine Hand entgegen und warte, wobei ich meinem eigenen, hämmernden Herzschlag lausche, sowie Scooters Stimme, die mir sagt, dass ich mich verdammt nochmal beeilen soll.
Endlich nimmt sie meine Hand und ich ziehe sie aus der Wanne. Sekunden später sind wir im Hauptraum, auf dem Weg zum Foyer, und sie lässt meine Hand gar nicht mehr los. Als wir in den Gang kommen, höre ich ein Ding! vom Ende des Flures und die Fahrstuhltür öffnet sich.
Ich schubse das Mädel zurück, dann gehe ich in die Hocke und ziele auf den Fahrstuhl. Doch heraus kommen zwei Unbeteiligte, ein Mann und eine Frau, die sich für den Club zurechtgemacht haben. Sie lachen über irgendetwas, bis sie sich in meine Richtung drehen und die Maschinenpistole sehen. Ihr Lachen verstummt.
Bevor ich auch nur eine Chance habe, die Waffe sinken zu lassen und ihnen zu sagen, dass sie zurück auf ihr Zimmer gehen sollen, klingelt es an einem anderen Fahrstuhl und eine Gruppe Männer taucht auf. Diese sind allerdings wütende Männer in Anzügen und mit Waffen, die sie sofort anheben und abfeuern, als sie mich sehen.
Das Pärchen stirbt zuerst. Die Frau kreischt und der Mann schreit, sie versuchen sich aus dem Weg zu ducken, doch Kugeln schlagen überall in ihre Körper ein, und ich bemerke, dass auch ich schreie, als ich die MPX-K hebe und zurückschieße.
Es gelingt mir, einen der Männer zu treffen. Die anderen drei suchen Deckung im Fahrstuhl. Ich schaue hinter mich, sehe den Notausgang und rufe nach dem Mädchen. Ihr Gesicht taucht im Türrahmen auf, aber sie sieht verängstigt aus, und ich weiß, dass ich sie am besten zurücklassen sollte, weil sie mich sonst langsamer macht. Vielleicht werden diese Männer sie ihn Ruhe lassen, aber dieses vielleicht scheint mir nicht sehr aussichtsreich. Dieses Mädchen hat aus völlig freien Stücken mein Leben gerettet und ich schulde ihr etwas, also brülle ich sie an, dass sie sich bewegen soll. Sie macht einen zögerlichen Schritt nach vorn, dann noch einen, und ich packe ihre Hand und ziehe sie zum Notausgang.
In diesem Moment tauchen die Männer wieder aus dem Fahrstuhl auf. Ich gehe rückwärts und schieße sparsam in ihre Richtung, da ich nicht mehr viel Munition habe. Sie gehen wieder in Deckung, also drehe ich mich um und sprinte auf die Tür zu, in welche die Südamerikanerin gerade verschwunden ist. Als ich das Türblatt hinter mir zuziehe, schlagen auch schon die ersten Kugeln ein.
Das Mädchen rennt bereits die Treppen hinunter. Ich folge ihr und sage Scooter, dass wir im Treppenhaus auf dem Weg nach unten sind.
»Ich weiß«, sagt er.
»Wie das?«
»Ein Alarmsensor ist angesprungen. Leider ist auch die Polizei verständigt worden. D-d-die sind schon in der Lobby.«
Das Mädchen ist eine Etage unter mir. Ich muss sie einholen.
»Nova, bist du da?«
»Ja, schieß los.«
»Ich habe eine Lieferung für dich.«
»Die Beute?«
»Das, und noch etwas anderes.«
Nova fragt mich, was das bedeuten soll, doch ich ignoriere ihn und beeile mich. Meine Schuhe und die rutschigen Strümpfe habe ich längst entsorgt. Wir erreichen den fünfundzwanzigsten Stock, den vierundzwanzigsten, und ich höre die ganze Zeit schwere Schritte hinter uns. Weil ich jeden Tag fünf Meilen laufe, bin ich immer noch topfit, aber das Mädchen wird deutlich langsamer. Sie hält sich die Seite und keucht – es ist klar, dass sie keine weiteren zwanzig Etagen in dem Tempo schafft.
Ich zwinge mich, noch schneller zu werden, und hole sie endlich ein. Dann nehme ich sie an der Hand, und die nächste Tür, die wir erreichen – es ist die vom einundzwanzigsten Stock – reiße ich auf und schiebe das Mädchen in den Flur.
Wir eilen zu den Aufzügen. Zum Glück ist sonst niemand zu sehen. Ich weiß, dass Sicherheitskameras uns beobachten