OHNE AUSWEG (Holly Lin). Robert Swartwood. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Swartwood
Издательство: Bookwire
Серия: Holly Lin
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958355545
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ihn knapp. Er duckt sich zur Seite und hebt seine Pistole, doch dann überlegt er es sich anders und flüchtet zur Tür hinaus. Seinen Kumpel, der vor Panik den Verschluss seines Holsters nicht aufkriegt, lässt er im Stich.

      Ich stürme nach vorn, wobei ich mich zwischen den Mädchen hindurchwinden muss, die kreischend hin und her rennen. Das Gewehr halte ich auf den Kerl gerichtet, denn meine Hoffnung ist, ihn als menschlichen Schutzschild verwenden zu können. Doch dann hat er seine Pistole freibekommen und ich habe keine andere Wahl, als ihm drei Kugeln in die Brust zu jagen. Die Zuckungen seines Körpers erinnern an einen manischen Tanz, dann liegt er leblos auf dem Boden. Ich springe über die Leiche und presse mich an die Wand neben der Tür, um nach draußen zu spähen.

      Sofort feuern die Kerle auf mich und Kugeln schlagen in die Backsteine. Ein Splitter davon trifft mich im Gesicht und hinterlässt einen tiefen Kratzer ich meiner Wange. Ich muss mich einen Moment wegdrehen, bevor ich wieder nach draußen schaue. In der Dunkelheit sehe ich, wie die Kerle sich überall verteilt haben. Einer von ihnen schreit auf Spanisch: »Lasst die Waffen fallen und kommt mit erhobenen Händen raus«, als wäre er ein verdammter Cop.

      Ich drücke mich fest an die Wand und werfe einen Blick auf die Mädchen, von denen sich die meisten neben ihren Betten auf den Boden gelegt haben. Draußen herrscht Stille. Dann höre ich die Männer vor sich hinmurmeln. Ich kann nicht verstehen, was sie sagen, aber die Richtung ist klar – sie wissen, dass ich nicht freiwillig herauskommen werde. Also erhebt der Möchtegern-Polizist seine Stimme, oder wer weiß, vielleicht ist er ja ein Polizist.

      »Ihr Mädels da drin«, brüllt er, »wenn ihr es schafft, diese Schlampe nach draußen zu bringen, lassen wir euch frei!«

      Ich schaue in Richtung der Girls. In ihren Augen sehe ich überall den gleichen Gedanken aufflammen. Es ist die Aussicht auf eine Freiheit, die sie vor einer Stunde noch für unmöglich gehalten hätten.

      Doch eine von ihnen – sie musste heute Nacht anschaffen und trägt immer noch ihr Kleidchen und die Absatzschuhe – steht auf.

      »Julio«, ruft sie, »versprichst du das?«

      Ich fange an, den Kopf zu schütteln.

      »Ja, ich gebe euch mein Wort«, antwortet Julio. »Schafft diese verdammte Fotze nach draußen und ihr seid frei. Jede, die mithilft, ist frei.«

      Das Mädchen setzt sich schon in Bewegung, bevor Julio ausgesprochen hat. Zwei andere entschließen sich dazu, ihr zu folgen.

      »Stop!«, rufe ich und richte das Gewehr auf sie. Die zwei Nachzüglerinnen bleiben stehen, aber ihre Anführerin läuft weiter. Sie hat jahrelang als Sklavin gelebt und sieht nun ihre Chance auf Freiheit – egal wie falsch es ist, sie will sie ergreifen.

      Ihr Gesicht ist rot und die Pupillen riesig, sie hat irgendwas genommen, und sie ist nur noch fünf Meter von mir entfernt, dann nur noch einen, und natürlich werde ich nicht auf sie schießen, das wird sie wohl wissen. Trotzdem werde ich mich nicht so einfach den Wölfen zum Fraß vorwerfen lassen.

      Als sie nur noch einen halben Meter entfernt ist, senke ich das Gewehr, drehe es um und ramme ihr die Schulterstütze in den Magen. Das nimmt ihr den Wind aus den Segeln. Sie fällt japsend zu Boden, doch die beiden anderen Frauen stürzen sich schreiend auf mich.

      Ich habe keine Chance.

      Bevor ich überhaupt mitkriege, was los ist, zerren sie an dem Gewehr und an meiner Pistole. Die Männer haben mitbekommen, was los ist, und stürmen herein. Sie schubsen die Mädchen zur Seite und packen mich. Obwohl ich schlage und trete und beiße, zerren sie mich nach draußen und werfen mich in den Dreck.

      Einer tritt mir in die Rippen, ein anderer in den Hintern.

      Dann treten die Männer einen Schritt zurück und bilden einen Kreis. Alle haben eine Pistole auf mich gerichtet und die Hand auf dem Abzug.

      Kapitel 13

      »Wer zur Hölle bist du?«

      Ich schätze, dieser Kerl ist Julio. Er trägt eine Chino-Hose und ein braunes Hemd, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen aufgerollt sind. Eine Goldkette hängt um seinen Hals. In der Hand hält er eine Browning 1911, die natürlich genau auf mich zielt.

      Ich antworte nicht.

      Er schaut einen seiner Freunde an, schüttelt den Kopf und grinst. »Wie schade, eine harte Braut wie dich hätten wir gut gebrauchen können. Ich hätte auch nichts dagegen, dich selbst einzureiten.«

      Langsam richte ich mich auf. Ich lege mein Gewicht auf ein Knie und hebe die Hände als Zeichen, dass ich mich ergebe.

      »Das Problem ist«, fährt Julio fort, »du bist anscheinend eine totale Fotze. Und wir hassen totale Fotzen.«

      Insgesamt sind es fünf Männer, aber der, um den ich mir Sorgen mache, ist Julio. Er scheint der Anführer zu sein. An einem seiner Schneidezähne fehlt eine Ecke, und darauf konzentriere ich mich, als er weiterspricht. Seine Worte höre ich gar nicht mehr, ich versuche nur, langsam aufzustehen und dabei so zu tun, als wäre ich verletzt. Ich balanciere auf meinem Knie und lasse meine Hände nach unten sinken, so als würde ich mich am Boden abstützen wollen.

      Aber während meine Hand da unten ist, greife ich nach der Kimber, die ich am Fußknöchel trage, reiße sie nach oben und lasse Julios angeknacksten Zahn mit einer Kugel verschwinden.

      Sein Kopf wird nach hinten gerissen, aber was viel wichtiger ist, er redet endlich nicht mehr. Ich richte die Kimber auf seinen Nachbarn, doch bevor ich den Abzug drücken kann, rammt mir einer der anderen Männer den Lauf seiner Pistole in den Nacken.

      Auf einmal knallt es, dann nochmal, und noch ein drittes Mal, und ich verstehe es nicht, denn das Geräusch scheint nicht aus den Waffen der Männer zu kommen. Nein, es kommt von weiter weg, aus der Dunkelheit. Einer der Männer zuckt, geht zu Boden, und einer seiner Kollegen folgt ihm auf die gleiche Weise. Dann verschwindet der Druck in meinem Nacken und die beiden verbleibenden Kerle rennen weg, wobei sie aus dem Lauf in die Dunkelheit der Wüste feuern.

      Ein Motor jault auf. Scheinwerfer werden angeschaltet und verraten die Position eines Fahrzeugs, das sich bereits auf der Einfahrt der Ranch befindet. Selbst aus dieser Entfernung sehe ich sofort, dass es der Escalade ist, der sich unbemerkt genähert haben muss und nun auf mich zurast. Sofort weiß ich, wer da im Dunklen schießt – Nova muss mit einem Scharfschützengewehr auf einem der Hügel liegen. Die beiden übrigen Männer schießen weiter zurück und haben mich anscheinend für den Moment vergessen, also erschieße ich erst den einen, dann den anderen. Mit der Pistole in der Hand wirble ich einmal im Kreis herum, um sicherzustellen, dass es keine weiteren Überraschungen geben wird. Die einzigen Bewegungen, die ich wahrnehme, kommen von den Mädchen, die sich im Eingangsbereich des Farmhauses hingekauert haben. Die eine, der ich in den Bauch geschlagen habe, starrt mich böse an. Ich ignoriere sie und eile zum Wärterhäuschen. Es ist leer, die drei Kerle liegen immer noch genauso tot am Boden, wie ich sie zurückgelassen habe. Ich komme genau in dem Moment wieder raus, als Scooter den Escalade anhält. Nova kommt von seinem Hügel aus angerannt, das Gewehr in der Hand. Ich laufe auf sie zu und war selten zuvor so froh, die beiden zu sehen.

      Nova erreicht den SUV als Erster. Er öffnet eine der Hintertüren, schmeißt das Gewehr hinein, schüttelt mir gegenüber den Kopf und schließt die Tür wieder.

      »Ich dachte, Berlin wäre das letzte Mal gewesen«, sage ich grinsend zu ihm. Scooter stellt den Motor ab und steigt aus.

      Auch er schüttelt den Kopf, doch er lächelt, während er auf seinem Kaugummi herumkaut. »Du, Holly, bist echt komplett irre.«

      »Stimmt, aber ich bin dabei auch noch verdammt heiß.«

      Er lacht, schüttelt noch einmal den Kopf und macht dann einen Schritt auf mich zu, um mich zu umarmen. Das kommt selten vor, aber ich lasse es geschehen. Mein Herz schlägt mir immer noch bis zum Hals, denn ich weiß, dass ich gerade um ein Haar den Löffel abgegeben hätte. Das ist mir nicht zum ersten Mal passiert, ich habe schon öfter an den Pforten des Jenseits gestanden, aber immer wieder relativ locker die