Keine Zeit mehr zu verlieren!
Er trat zu Juanita, bat sie, mit ihm zu einem kleinen Spaziergang zu kommen. Sie schritten zusammen durch die gepflegten Parkwege.
Rouse legte seinen Arm in ihren und sprach zu ihr. Und seine faszinierende Macht, die unerklärliche, wenn sie je Menschenherzen nach seinem Willen gelenkt … hier galt es, sie anzuwenden bis zu ihren letzten Möglichkeiten. Mit größter gesammelter Willensanstrengung sprach er zu ihr von dem, was war, was sein mußte. Sein Herz bebte bei jedem Wort, das er sprach. Und es gelang.
Ein paar schnellere Pulsschläge in ihrer Hand, die seine umklammerte, das war die einzige Reaktion. Noch ein paar Schritte weiter, dann sprach Juanita ruhig, als hätte sie das nicht berührt.
»Du hast recht, Guy! Es ist besser, wenn ich von hier fortgehe … und bald gehe.«
»Und du wirst also wirklich nach Santa Barbara reisen und immer daran denken, weshalb du dort hingefahren bist?«
»Ich werde immer daran denken, Guy! Es wird auch dort schön sein.
Und Ruhe werde ich haben … dort vielleicht mehr als hier.«
»Du wirst ein bequemes Privatflugzeug nehmen. Ich habe alles vorgesehen, dir die Reise so angenehm wie möglich zu machen. Der Pilot wird instruiert sein, alle Spuren der Reise zu verwischen.«
Noch am Abend war Juanita abgeflogen und Rouse mit dem Linienflugzeug auf der Fahrt nach Timbuktu. Flugzeugwechsel in Mineapolis.
Noch während des Fluges kam die Nachricht vom Schachtunglück.
Rouse kannte ihn wohl, den Schacht. Der Einbruch der unterirdischen Gewässer … nur Verbrecherhand konnte den Weg frei gemacht haben.
Warum? Wozu? Im Geiste überschlug er alle Möglichkeiten, alle Gründe, die dazu geführt haben könnten.
Das Werk des Kaisers, in jahrelanger Arbeit mit ungeheuren Kosten vollendet, war zerstört. Karbid und Wasser! Azetylengas in undenkbaren Mengen! Feuer daran? Der Gedanke ließ ihn erschauern.
Ein Meer von Flammen … von Zahlen wogte vor seinem Geist.
Der ungeheure wirtschaftliche Schlag für den Kaiser … letzten Endes berührte er auch ihn. Eine Riesenanleihe des afrikanischen Reiches … wer würde sie geben? Er! Drei Erdteile: Amerika, Europa, Afrika in seiner Hand!
Er ging zur Leitung des Flughafens, legitimierte sich, verlangte einen Kraftwagen.
Zur Stadt! Zum Schacht!
Auf dem kleinen Platz hinter dem Stadthaus hielt sein Kraftwagen an.
Aus allen Seitengassen strömten die Massen heran über den Platz, drängten zur engen Hauptstraße, die nach Süden zum Schacht führte.
»Unmöglich weiterzufahren, Herr!«
Der Chauffeur deutete auf die Massen. Rouse erkannte die Richtigkeit der Worte. Er verließ den Wagen und versuchte mit dem Strom vorwärts zu kommen. Das war nicht leicht. Nur langsam, am Rande vorwärtsgeschoben, ging es der Hauptstraße zu.
Da! Wenige Schritte von ihm, gerade im Schein einer Laterne, ein Mann, der anscheinend nicht mitwollte. Er stand da, sah auf die Uhr.
Wandte sich um und nahm an den Häusern entlang den Weg nach Norden. Als er sich umdrehte, konnte Guy Rouse dessen Züge deutlich erkennen.
Ein Mischling war’s! Und doch! Er mußte ihn kennen, den Mann.
Alles an ihm, seine Züge, seine Gestalt, wo hatte er sie gesehen? Wo war er ihm begegnet? In seinem Innern schrie es auf: Montegna!
Ah! Da war es! Und der Mann ging jetzt nach Norden zu, wo alles nach Süden drängte? Gepäck auf der Schulter … Er floh? Warum? Und dann wußte er’s.
War es ein Verbrechen, dann war dieser der Täter! Einen Augenblick überlegte er, ob er ihm nacheilen, Hilfe herbeirufen solle, ihn festzuhalten … Nein! Nein! Der konnte nicht entkommen, der wohlorganisierten Polizei des Kaisers nicht entgehen. Er würde ihr den Weg weisen.
Und dann stand Rouse vor dem Polizeichef von Mineapolis, nannte den Täter und gab dessen Spur. Der Mann konnte nicht entkommen!
Tredrup schritt vorwärts, Weiler, Dörfer, die am Wege lagen, im Bogen umgehend. Der Umweg war kürzer als der gerade Weg. Durch das erste Dorf war er hindurchgegangen. Sie hatten ihn angehalten, festgehalten, mit Fragen bestürmt. Er kam aus dem Süden, vom Schacht her, vom Feuer her. Mit Gewalt hatte er sich frei machen müssen. Eine kleine Anhöhe zur Seite. Er schritt vom Wege ab darauf zu.
Langsam stieg er den sandigen Abhang hoch. Der Sturm, der zum Feuer flog, hatte an Stärke abgenommen, je weiter er kam. Hier unter dem Schutz des Hügels war es fast windstill.
Er blickte auf die Uhr. Noch immer reichte das Licht des Schachtbrandes aus, die Ziffern zu erkennen. Drei Stunden war er unterwegs, er war rüstig vorwärtsgeschritten. Aber die Umwege, die er machte, hatten sein Vorwärtskommen um ein Drittel vermindert. Zwölf Kilometer! Größer war die Entfernung nicht. Er schob sich nahe an den Rand des Abhanges heran, prüfte mit hochgehobener Hand die Stärke und Richtung des Windes.
Unmöglich! Noch ging es nicht. Noch konnte er es nicht wagen. Er warf das Bündel wieder über die Schulter und hob den Fuß zur Hügelkante.
Dann stutzte er, sprang zurück und legte sich hart an die Böschung und schaute nach Süden. Die Helle, die über der Landschaft lag, ließ die Straße bis weit nach Süden erkennen.
Motorradfahrer … ein geschlossener Trupp … ab und zu ein Blitzen …
Militär? … Polizei? …
Da! Sie wichen zur Seite! Aus einer Staubwolke hinter ihnen schoß ein Kraftwagen an ihnen vorbei, hielt kurz. Ein einzelner Motorradfahrer brauste heran, sprach mit denen im Wagen. Der Wagen fuhr weiter, der Motorradfahrer in schärfstem Tempo hinterher.
Verfolger? Tredrups Augen flogen vom Wagen zu den nachfolgenden Motorrädern.
Verfolger? Wen verfolgen die? Verfolgen sie dich? Bist du’s?
Unmöglich! Unmöglich! Ausgeschlossen! Wer hätte ihn gesehen bei seinem Werk? … Möglich war es, daß ihn jemand gesehen hatte. Aber was konnte der sich denken? Was? Wie konnte der vermuten, wie alles geschehen konnte … vermuten, daß durch ihn alles geschah?
Die ungeheure Verwirrung am Schacht, in der Stadt, wo jeder suchte, sein Leben zu retten, wo alle Ordnung dahin war … Wer kümmerte sich da um den Täter, wenn das Ganze ein zufälliges Unglück war. Und hätte jemand Verdacht auf ihn, wie konnte der wissen, wohin er sich wandte?
Flohen nicht die Schachtarbeiter nach allen Richtungen der Windrose auseinander?
»Klaus! Du siehst Gespenster am hellen Tage! Dein überreiztes Hirn bringt dich auf solche törichten Ideen.«
Da! Das Auto! Er war ihm mit den Augen immer gefolgt. Es hielt, vier Männer stiegen aus. Gingen ein paar Schritte auf dem Seitenweg, auf dem er von der Straße abgebogen war, um die Höhe zu gewinnen.
Der eine ging zum Wagen zurück, öffnete. Zwei Hunde sprangen heraus …
»Sie suchen dich!« Der Instinkt schrie es ihm zu. »Sie sind auf deiner Spur!« Wie war das möglich! Weg mit dem Gedanken, er half nichts.
Weiterfliehen? Zu Fuß? Ausgeschlossen! Die Hunde würden ihn bald eingeholt haben. Er konnte sie abschießen … vielleicht, aber die anderen blieben auf seinen Fersen. Noch während er dachte, hatten seine Finger die Hülle des Gepäcks gelöst.
»Ruhig Blut! Ruhig Blut, alter Klaus! Fixe, gute Arbeit muß es sein, sonst bist du verloren!«
Er griff in den Inhalt des Beutels. Kurze Stäbe, auseinander gezogen, dann zusammengefügt. Ein Gestänge entstand im Nu. Wie Zauberwerk ging’s. Schon fügte sich seidiger feiner Stoff um das Gerüst. Seine Hände flogen von Schraube zu Schraube, zogen zur