»Guy Rouse!« zischte er. »Kein anderer! Juanita! Warum?«
Er drückte die Fäuste vor die Stirn. »Ich weiß es nicht. Nur das eine weiß ich, er steht hinter all diesem.«
»Guy Rouse?« Auch Uhlenkort sprang auf. »Wie kommst du zu diesem Namen? Was hat er mit Christie zu tun?«
Er trat auf Tredrup zu und schüttelte ihn. »Was ist mit Guy Rouse und Christie? Sag’s! Was weißt du?«
Und wie sie noch standen, war der dritte zu ihnen getreten, hatte zu ihnen gesprochen, daß sie voneinander ließen, sich setzten, daß Tredrup sagte, was er dachte. Lange, lange sprachen sie, Tredrup und Uhlenkort.
Immer wieder ging ihr Blick zu dem anderen hinüber. Der saß, das Gesicht nach Süden gerichtet, regungslos. Kein Zug … kein Zucken in seinem Gesicht. Keine Antwort auf ihr stummes Fragen.
Tausend Pläne wurden erwogen, verworfen. Kein Ausweg. Bis sie erschöpft schwiegen. Ratlos, hilflos. Da wandte sich der andere um.
»Schicksal! Wißt ihr’s noch nicht? Es geht seinen Gang. Es wird geschehen, es wird erfüllt werden, wenn die Zeit gekommen ist. Ihr habt zu warten, zu tun, was euch das Schicksal gebietet.«
Das Linienflugzeug Mineapolis-Timbuktu landete. Rouse ging über den Flugplatz, winkte seinem Chauffeur.
»Zum Hotel. Schnellste Fahrt!«
Er warf sich in den Wagen, blickte auf die Uhr. Eine knappe Stunde, dann hatte er Audienz beim Kaiser, Abschiedsaudienz. Am nächsten Morgen wollte er zurück nach den USA. Noch einmal hatte er das Bild der Riesenfeuersbrunst in sich aufgenommen.
Der brennende Augustus-Schacht war die Weltsensation, das Weltgespräch, der unerschöpfliche Stoff für die Weltpresse. Wie Heuschreckenschwärme kamen die Flugzeuge von den größten Passagierflugzeugen bis hinab zur kleineren Privatmaschine. Zehn Meilen vom Schacht begann die Gefahrenzone. Ein Schwarm von Patrouillenflugzeugen, Tag und Nacht kreisend, hielt die allzu Neugierigen zurück.
Der Zyklon, geboren aus der Riesenbrunst des Feuers, drohte jeden, der näher kam, in den Flammentod zu ziehen. In den ersten Tagen des Brandes, ehe man den Patrouillendienst einrichtete, war es manchem Flugzeug ergangen wie der Motte, die um das Licht kreist und stirbt.
Der Schacht brannte. Die Riesenfackel, heute wie am ersten Tage, spottete aller Versuche, ihrer Herr zu werden. Alle Geister der Welt brachten Vorschläge … einer so unmöglich wie der andere. Den Wasserzufluß dämmen! Wäre es möglich, der einzige Weg wäre es. Ein Heer von Geologen, Bohringenieuren, Technikern war zusammengeholt worden, Untersuchungen anzustellen. Von allen Ecken kamen Rutengänger, um zu helfen.
Alles vergeblich! Keine Rettung. Der unterirdische Strom, der den Schacht bedrohte, wies keinen geschlossenen Lauf auf. Ein Netz von Quelladern, das sich erst kurz vor dem Schacht vereinigte, wo die ungeheure strahlende Hitze des Riesenbrandes jede Arbeit unmöglich machte. Wäre es anders gewesen, so hätte vielleicht die Möglichkeit bestanden, Gefrierrohre bis in den unterirdischen Strom zu schlagen, die Wasser durch Frost zu bannen. So blieb es – vorausgesetzt, daß die geologischen Angaben selbst stimmten – eine Riesenarbeit mit zweifelhaftem Erfolg, ganz abgesehen von den ungeheuren Kosten – die Quelladern gingen teilweise in größte Tiefen hinab –, Kosten, die aufzubringen selbst dem Kaiser Augustus schwer werden mußte.
Es war nicht allein der brennende Schacht, die verlorene Energie. Fast ganz Mineapolis war zerstört, die Riesenindustrieanlagen, mit ungeheuren Kosten erbaut, jetzt ein wüstes Ruinenfeld. Gruben, Hüttenanlagen, teilweise weit im Landesinnern, eingestellt auf die Energie vom Tschadseeschacht, waren jetzt zum Stilliegen verurteilt.
Das feste Gefüge des Großafrikanischen Reiches zitterte, wankte unter den Wirkungen der Katastrophe.
»Glück oder Unglück?«
Guy Rouse hatte die Worte gemurmelt, als er mit einem letzten Blick auf die riesige Feuersäule, die von der Erde bis zum Himmel reichte, zum Flugzeug schritt.
»Ein Trümmerhaufen die Hoffnungen des Kaisers! Die meinen? Der Schacht mußte brennen … weiter … weiter … Jahre … Jahrzehnte …
Jahrhunderte vielleicht. Unangreifbar, unlöschbar die Feuergluten für Menschenhand – bis vielleicht die Natur aus sich selbst heraus vollbrachte, was Menschengeist, menschenarm unmöglich war. Meine Forderungen an Seine Majestät werden in der nächsten Zeit schwer realisierbar sein. Er wird gar bald mit neuen Wünschen an mich herantreten. Wahrscheinlich heute schon, wenn ich mich verabschiede.
Er wird mich bitten … bitten! Er, der Kaiser Augustus Salvator.« Er schloß sekundenlang die Augen. Ein Zug der Genugtuung, Befriedigung lag um seinen Mund, als koste er schon den Genuß der Szene. Das Flugzeug hatte sich vom Boden gehoben, umkreiste nach Süden hin die Stadt, den brennenden Schacht. Die Augen Rouses hafteten daran, bis das Flugzeug unter die Kimm tauchte, bis nur noch der Feuerschein am Himmel zeigte, wo der Sitz des Feuers lag. Er wandte sich um. Sein Fuß stampfte heftig den Boden.
»Und das alles durch die Hand dieses Schurken! … Tredrup! Der Mensch muß verschwinden vom Erdboden. So! oder so! Die Rache des Kaisers … Wie ich den kenne, wär’s möglich, daß er sie verschmähte.
Nationale Tat es wäre nicht ausgeschlossen, daß er so dächte. Mag er!
Wo bliebe ich, nähme er seine Rache vorweg. Hat doch nur jeder Mensch ein Leben. Ich will meine Rache haben an dem Burschen. Sein Konto ist abgeschlossen. Ich werde hinter ihm her sein wie der Jäger hinter dem Wild, und ginge es bis ans Ende der Welt! Meine Hunde – eine stattliche Meute ist’s –, die würden ihn hetzen, bis ich ihn habe.
Der … und der andere! Die Würfel sind gefallen. Tredrup und Smith!«
Er blickte durch das Fenster der Kabine. Vor ihm tauchten, die Türme von Timbuktu auf.
»Smith ist wieder hier, wie mir der Agent vor ein paar Stunden meldete. Seine Nachforschungen in Irwinga waren erfolglos.«
Rouses Hand griff mechanisch in die Rocktasche, fühlte das kurze, kalte Metall.
»Du wirst’s wohl sein, das den Knoten zerhaut. Er ist zu schade für die Meute!«
Juanita … der Name drängte sich ihm auf. War es nicht ihre Schuld, daß er diese beiden Männer zu gefährlichen Feinden hatte? Sie war in Santa Barbara glücklich angekommen, würde vielleicht dort sterben.
Der Arzt in Irwinga hatte wenig Hoffnungen gemacht. Sterben! Das junge, schöne Geschöpf …
Rouses Gedanken flogen zurück, zum Kanal … Montegna … das erste Glied der Kette, an die sich die anderen schlossen … welches würde das letzte sein?
Rouse stand vor dem Kaiser. Die Audienz war sehr kurz gewesen.
Nichts von dem, was er erwartete, war geschehen. Keine Bitte, kein Wort des Bedauerns über seine Abreise. Gleichmütig, kühl hatte ihn der Kaiser empfangen. Ein paar belanglose Worte gesprochen. Ihm gezeigt, daß die Audienz zu Ende sei. Er stand, konnte es nicht fassen. Eine Niederlage, schwer … unvermutet.
Der Adjutant, der eintrat, ihn hinausgeleitete, brachte es ihm erst voll zu Bewußtsein, daß er entlassen war. Er stieg in den Wagen, der ihn zum Flugplatz bringen sollte. Alles andere war vergessen. Der Kaiser … der Kaiser …
Was war nur mit ihm? Er schloß die Augen … saß … und sann.
Der Wagen hielt mit kurzem Ruck. Der Chauffeur riß die Tür auf.
Rouse saß noch in Gedanken versunken. So mag’s sein …
Er stieg aus dem Wagen, ging zum Flugzeug.
»Der Kaiser ist klüger, als ich dachte. Das Spiel wurde ihm zu hoch.
Kein Krieg! Er resigniert, wartet auf bessere Zeiten. Klug! … Du Kaiser.
Kein Freund könnte dir einen besseren Rat geben. Krieg! Vabanque wär’s! Er ist kein Hasardeur. Er sieht die Grenzen und hütet sich, darüber hinauszugehen. Die Südafrikanische Union wird jubeln. Ihr diplomatischer