Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831552
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Guy, du hier? Zwei Herren aus New York kamen soeben an, die dich zu sprechen wünschen.«

      »Ach, sofort. Bitte um Entschuldigung. Vielleicht leistest du Mr.

      Smith einen Augenblick Gesellschaft. Ich glaube nicht, daß meine Abwesenheit lange dauern wird.«

      Jetzt wandte sich Juanita mit blitzenden Augen dem Chefingenieur zu.

      »Ah, guten Tag, Mr. Smith, wie geht es Ihnen? Ich sehe mit Bedauern, daß Ihr Aussehen nicht das alte, gute, gesunde ist. Nun, ich verstehe, die Aufregungen und Anstrengungen der letzten Wochen. Wie ich hörte, mußten Sie Ihre Arbeiten im höchsten Maße forcieren … das hat Sie arg mitgenommen. Sie sehen blaß aus, Mr. Smith. Sie fühlen sich nicht wohl.«

      Der Chefingenieur zwang sich zu einem Lächeln und beugte sich über Juanitas Hand.

      »Ihre Teilnahme, Miss Alameda, berührt mich tief.«

      Er strich sich mit der Hand über die Stirn.

      »Gewiß, Miss Alameda, es waren Wochen der größten Anspannung für Geist und Körper. Doch bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen. Ich vergesse ganz, ich bitte um Entschuldigung. Ich bin …«

      »Oh, gewiß, ich sehe, Mr. Smith, Sie müßten ausspannen. Es dauert ja nicht mehr lange, und der Kanal wird gesprengt sein. Dann werden Sie Zeit haben, hier fortzugehen. Sie werden reisen … oh, Sie werden Erholung finden. Bitte, nehmen Sie doch Platz, Mr. Smith. Hier auf diesem Fauteuil zu meiner Seite … und plaudern wir, bis Mr. Rouse wieder hier ist.«

      Und James Smith tat es … und hörte, wie sie zu ihm sprach … fühlte, wie sich eine Hand auf seinen Arm legte … fühlte, wie ein Fluidum unbegreiflicher Art auf ihn überging. Er saß mit halbgeschlossenen Augen. Das leise Rascheln eines Papiers … Worte … schmeichelnd, lockend … und Delila schor Samson das Haar.

      Die kaiserliche Standarte, der rote Löwe auf schwarzem Grunde, wehte vom Turm des Augustus-Schachtes.

      »Der Kaiser ist hier«, raunte es von Mund zu Mund. Mit kleinem Gefolge schritt er unter Führung des Chefingenieurs Grimmaud durch die Anlagen, immer wieder stehen bleibend, fragend …

      Jetzt wandte er sich zu dem Chef der Genietruppen. Jetzt zu dem Chefingenieur. Lobend … tadelnd … Es schien, als ob er sich nie mit etwas anderem als mit diesen Arbeiten beschäftigt hätte. So schritt er durch die von Zauberhand über Nacht geschaffenen Riesenanlagen.

      Anlagen, die schon jetzt unter Benutzung von Hunderttausenden von Tonnen Karbid Millionen von Pferdestärken erzeugten. Ein Kesselsystem von verwirrender Ausdehnung. Riesenhafte Gasturbinen.

      Elektrische Generatoren von bisher nie gesehenen Ausmaßen. Ein dichtes Spinnennetz von Hochspannungsdrähten, das sich nach allen Himmelsrichtungen hin verzweigte. Am östlichen Rande hielten sie an.

      Ein Riesenwalzwerk war hier entstanden. Doch kein Laut drang aus der mächtigen Halle.

      »Immer noch nicht in Betrieb!« sagte der Kaiser.

      »Sobald die Motoren angekommen sind, Majestät.«

      Die Stirn des Kaisers verfinsterte sich.

      »Sie müßten längst hier sein«, fuhr Grimmaud fort, »wenn …«

      »… nicht Europa Lieferant wäre«, vollendete der Kaiser.

      »Sie schwimmen, Majestät. Das Transportschiff ist unterwegs.«

      »Es wird länger schwimmen, als uns lieb ist.«

      Augustus machte ein paar Schritte zu dem leeren Gebäude hin, hielt an und drehte sich um, wandte sich zu seinem Adjutanten.

      »Diese Maschinen werden von morgen ab in den Kongowerken gebaut. Befehl geht heute ab!«

      »Majestät!« wagte Grimmaud einzuwerfen. »So leicht dürfte das nicht sein.«

      Ohne Grimmaud zu antworten, wiederholte der Kaiser den Befehl an den Adjutanten. Dann zu Grimmaud: »Zurück zum Verwaltungsgebäude!«

      Um einen Tisch, der mit Karten und Plänen dicht bedeckt war, nahmen sie Platz. Der Kaiser wandte sich an Grimmaud.

      »Ich bin zufrieden, Herr Chefingenieur. Sie haben mehr geleistet, als ich erwartete. Wie steht es mit der Gesundheit der Leute, die im Schacht arbeiten?«

      »Auch in dieser Beziehung kann ich Euere Majestät nur Günstiges berichten. Durch unsere eigenen Konstrukteure haben wir im Laufe der Jahre des Schachtbaues die Bewetterungsfrage von Grund auf studiert, mit jedem Kilometer neue Erfahrungen gesammelt. So waren wir in der Lage, auch nach der Erbohrung der Karbidlager tadellos zu bewettern.

      Die hohe Erdwärme und die Ventilatoren machen uns keine Schwierigkeiten. Wir arbeiten unter Tag in vier Schichten.«

      »Wie arbeitet Ihr Regenschutz? Der Wolkenbruch der vorigen Woche machte mir Sorge.«

      »Majestät! Auch hier haben sich unsere Sicherheitsbauten vollauf bewährt. Wasserschwierigkeiten haben wir nicht.«

      »Gut! Herr Grimmaud … sehr gut. Das Wasser ist Ihr ärgster Feind.

      Vergessen Sie das niemals! Keine Maßnahme darf hier versäumt werden. – Hiermit, Herr Chefingenieur, komme ich zu dem eigentlichen Zweck meines Besuches.«

      Der Kaiser ergriff einen Rotstift und fuhr auf einer geologischen Schichtenkarte die Schachttiefe ab. Hier und dort hielt der Rotstift an und machte ein Kreuz.

      »Hier Ihre verwundbaren Stellen, Herr Grimmaud! In dem ersten Kilometer haben Sie mehrere wasserführende Schichten. Auf Kilometer vier haben Sie eine starke Wasserader im zerklüfteten Gebirge. Diese Stelle scheint mir besonders gefährdet.«

      Der Kaiser hielt inne. Grimmaud sah ihn an, erstaunt, fragend.

      »Ich sehe an Ihrem Gesicht, Herr Grimmaud, daß Sie eine Frage auf dem Herzen haben. Bitte, Herr Grimmaud!«

      »Euere Majestät sagten soeben gefährdet. Ich verstehe Euere Majestät nicht. Ich kann Euer Majestät versichern, daß die Schachtmauerung an diesen Stellen mit einer Sorgfalt gemacht worden ist, daß an keinen Wassereinbruch zu denken ist.«

      »Herr Grimmaud, Sie sind zweifellos ein hervorragender Ingenieur.

      Politische oder diplomatische Fragen kümmern Sie weniger. Sie sehen hinter der Anerkennung, die unser Werk in der ganzen Welt findet, nicht den Neid, den Hass, der sich leicht zu Taten verdichten könnte.

      Besonders leicht dann, wenn politische Hochspannung herrscht. Daß die aber augenblicklich vorhanden ist, dürfte auch Ihnen nicht verborgen sein.«

      Auf Grimmaud’s Gesicht lag tiefer Ernst. Er schüttelte langsam den Kopf.

      »Ich verstehe, Euere Majestät denken an ein Attentat auf den Schacht.

      Euere Majestät meinen, es könnte jemand die Wasseradern anschneiden … Wasser in unsere Karbidgänge da unten! Die Folgen wären nicht auszudenken! Aber ich glaube, Euer Majestät versichern zu können, daß diese Befürchtungen grundlos sind. Nein! Die Mauerung ist zehn Meter Eisenbeton … mit Sprengpatronen auch kräftigster Art ist da nichts zu machen!«

      Der Kaiser schaute prüfend in das Gesicht Grimmaud’s. Er kannte ihn als einen unbedingt zuverlässigen, tüchtigen Menschen. Keine Spur eines Zweifels war auf dessen Miene sichtbar. Er wandte sich an den Genieoffizier.

      »Was meinen Sie dazu?«

      »Ich kann nur wiederholen, was ich Euer Majestät schon in Timbuktu versicherte. Ich halte es auch für ausgeschlossen.«

      Der Kaiser blieb ernst.

      »Ich verlasse mich darauf, ich muß mich auf Sie verlassen, meine Herren. Die Befürchtungen kamen mir – lächeln Sie ruhig, meine Herren – vorgestern Nacht im Traum. Aberglauben! Und doch, welcher Mensch ist ganz frei davon.

      Der Traum! Es war fürchterlich. Ich sah, wie von verbrecherischer Hand die Schachtwand geöffnet wurde, sah, wie ein Riesenstrom kochenden Wassers sich in die Grubengänge