Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 1. Augustinus von Hippo. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Augustinus von Hippo
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849659868
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findest du doch, daß einer sagte: Mein Evangelium, du findest aber nicht, daß einer gesagt hätte: Meine Taufe.

       10.

      Das also lernte Johannes kennen, meine Brüder. Was Johannes durch die Taube kennen lernte, das wollen auch wir kennen lernen. Denn nicht hat die Taube den Johannes gelehrt, die Kirche aber nicht gelehrt, zu welcher gesagt wurde: „Eine ist meine Taube“133. Die Taube lehre die Taube134; es erkenne die Taube, was Johannes durch die Taube kennen gelernt hat. Der Heilige Geist stieg in Gestalt einer Taube herab. Warum hat aber Johannes, was er durch die Taube kennen lernte, gerade durch die Taube kennen gelernt? Er mußte nämlich lernen, und vielleicht mußte er das eben nur durch die Taube lernen. Was soll ich von der Taube sagen, meine Brüder? Oder wann steht mit die Fähigkeit des Herzens oder der Zunge zu Gebote, so zu reden, wie ich möchte? Und vielleicht fehlt es mir am guten Willen zu reden, wie zu reden wäre, und ich kann auch nicht so reden, wie ich will135, um wieviel weniger, wie ich soll. Ich möchte dies von einem Fähigeren hören, nicht euch sagen.

       11.

      Es lernt Johannes den kennen, den er schon kannte; aber er lernt ihn darin kennen, worin er ihn nicht kannte. Und was kannte er? Den Herrn. Was kannte er nicht? Daß die Macht über die Taufe des Herrn auf keinen Menschen vom Herrn übergehen werde, wohl aber der Dienst; daß die Macht vom Herrn auf niemand, der Dienst auf Gute und Böse übergehen werde. Es schaudere die Taube nicht zurück vor dem Dienste der Bösen, sie schaue hin auf die Macht des Herrn. Was kann dir der böse Diener tun, wo der Herr gut ist? Was für Hindernisse kann dir ein boshafter Herold in den Weg legen, wenn der Richter wohlwollend ist? Johannes lernte dies durch die Taube kennen. Was ist das, was er kennen lernte? Er selbst wiederhole es: „Er sprach zu mir: Über welchen du den Geist herabsteigen siehst, wie eine Taube, und auf ihm bleiben, der ist es, welcher tauft im Heiligen Geiste“. Es mögen dich also, o Taube, nicht täuschen die Verführer, welche sagen: Wir taufen136. Taube, erkenne, was die Taube gelehrt hat. „Der ist es, welcher tauft im Heiligen Geiste.“ Durch die Taube werden wir belehrt, daß es dieser ist, und du meinst, daß du durch die Macht desjenigen getauft wirst, durch dessen Dienst du getauft wirst? Wenn du das meinst, bist du nicht im Leibe der Taube137, und wenn du nicht im Leibe der Taube bist, so ist es kein Wunder, daß du die Einfalt nicht hast. Denn die Einfalt wird besonders durch die Taube dargestellt.

       12.

      Warum erfuhr Johannes durch die Einfalt der Taube, daß „dieser es ist, welcher tauft im Heiligen Geiste“, meine Brüder, wenn nicht eben jene keine Tauben waren, welche die Kirche verunreinigten? Habichte waren sie, Geier waren sie. Die Taube zerfleischt nicht. Du siehst, wie jene uns anfeinden, gleich als ob es sich um Verfolgungen handelte, die sie erlitten haben. In körperlicher Beziehung haben sie zwar gewissermaßen Verfolgungen erlitten, obwohl es Geißeln des Herrn waren, der sie offenbar auf eine Zeitlang züchtigte, um sie nicht ewig verdammen zu müssen, falls sie die Züchtigung nicht erkennen und sich nicht bessern. Jene verfolgen die Kirche in Wahrheit, die sie mit Arglist verfolgen; jene treffen schwerer das Herz, welche mit dem Schwerte der Zunge verwunden; jene vergießen gefährlicher Blut, welche Christus, soviel an ihnen liegt, im Menschen töten. In Schrecken gesetzt scheinen sie gewissermaßen durch das Urteil der Obrigkeit. Was tut dir die Obrigkeit, wenn du gut bist? Wenn du aber böse bist, so fürchte die Obrigkeit: „Denn nicht umsonst trägt sie das Schwert“, sagt der Apostel138. Ziehe nur du nicht dein Schwert, womit du Christus triffst. Christ, was verfolgst du am Christen? Was hat in dir der Kaiser verfolgt? Das Fleisch hat er verfolgt; du verfolgst im Christen den Geist. Du tötest nicht das Fleisch. Und doch schonen sie auch das Fleisch nicht; so viele sie konnten, haben sie durch Niederhauen ums Leben gebracht; weder die Ihrigen noch Fremde haben Schonung bei ihnen gefunden139. Das ist allgemein bekannt. Gehässig ist die Obrigkeit, weil sie gesetzmäßig ist; gehässig handelt der, welcher nach Recht handelt; ohne Gehässigkeit handelt der, welcher gegen die Gesetze handelt. Es sehe ein jeder von euch, meine Brüder, was der Christ hat. Daß er ein Mensch ist, hat er mit vielen gemeinsam; daß er ein Christ ist, unterscheidet ihn von vielen; und mehr geht ihn an, daß er ein Christ ist, als daß er ein Mensch ist. Denn dadurch, daß er ein Christ ist, wird er erneuert zum Bilde Gottes, von dem der Mensch geschaffen ist zum Bilde Gottes140, sofern er aber ein Mensch ist, könnte er auch ein Bösewicht, könnte er auch ein Heide, könnte er auch ein Götzendiener sein. Du verfolgst im Christen sein Besseres, denn du willst ihm das rauben, wodurch er lebt. Er lebt nämlich in zeitlicher Beziehung durch den Lebensgeist, wodurch der Leib belebt wird; er lebt aber für die Ewigkeit durch die Taufe, welche er vom Herrn empfangen hat; du willst ihm das rauben, was er vom Herrn empfangen hat; du willst ihm das rauben, wodurch er lebt. Die Räuber wollen die, welche sie berauben, so berauben, daß sie selbst mehr haben und jene nichts haben; du beraubst diesen und hast selbst nicht mehr; denn dir wird nicht mehr zuteil, weil du diesen beraubst. Aber in der Tat tun sie das, was die tun, welche das Leben nehmen; dem anderen nehmen sie es, und sie selbst haben kein doppeltes Leben.

       13.

      Was also willst du wegnehmen? Warum mißfällt dir der, den du wieder taufen willst? Du kannst nicht geben, was er schon hat; sondern machst ihn zum Leugner dessen, was er hat. Was tat der Heide Schlimmeres, der Verfolger der Kirche? Es wurden die Schwerter gezogen gegen die Märtyrer, es wurden wilde Tiere losgelassen, Feuer an sie gelegt. Wozu das? Damit der, welcher solches litt, sage: Ich bin kein Christ. Was lehrst du den, den du nochmal taufen willst, als daß er zuerst sage: Ich bin kein Christ? Wozu der Verfolger einst das Feuer gebrauchte, dazu wendest du jetzt die Zunge an; durch Verführung suchst du zu erreichen, was jenem durch Tötung nicht gelang. Und was ist das, was du geben willst, und wem willst du es geben? Wenn er dir die Wahrheit sagt und nicht von dir verführt lügt, wird er sagen: Ich habe es. Du fragst: Hast du die Taufe? Ich habe sie, sagt er: Solange er sagt: Ich habe sie, sagst du, will ich sie nicht geben. Gib sie nicht: denn was du geben willst, kann an mir nicht haften, weil das, was ich empfangen habe, mir nicht genommen werden kann. Aber warte doch; ich möchte sehen, was du mich lehren willst. Sag, spricht er, zuerst: Ich habe sie nicht. Allein ich habe sie: wenn ich sage: Ich habe sie nicht, lüge ich; denn was ich habe, habe ich. Du hast sie nicht, sagt er. Zeige, daß ich sie nicht habe. Ein Sünder hat sie dir gegeben. Wenn Christus ein Sünder ist, hat sie mir ein Sünder gegeben. Nein, sagt er. Christus ist kein Sünder, aber Christus hat sie dir nicht gegeben. Wer also hat sie mir gegeben? Antworte: ich weiß, daß ich sie von Christus empfangen habe. Es hat sie dir, sagt er, irgend ein Auslieferer der heiligen Schriften (traditor) gegeben, nicht Christus. Werde ich wohl nachforschen, wer der Diener war; werde ich nachforschen, wer der Herold war? Um den Amtsdiener streite ich nicht; ich schaue auf den Richter, und vielleicht ist das, was du dem Diener vorwirfst, erlogen; allein ich will mich in keine Untersuchung einlassen; die Sache seines Dieners untersuche der Herr von beiden. Vielleicht kannst du, wenn ich einen Beweis verlange, deine Behauptung nicht beweisen; ja du lügst; es ist erwiesen, daß du es nicht beweisen konntest141; allein darauf stütze ich meine Sache nicht, damit du nicht, wenn ich anfange, unschuldige Menschen nachdrücklich zu verteidigen, auf die Meinung kommest, ich hätte meine Hoffnung wenigstens auf unschuldige Menschen gesetzt. Mögen die Menschen wie immer beschaffen gewesen sein, ich habe die Taufe von Christus empfangen, ich bin von Christus getauft worden. Nein, sagt er, sondern jener Bischof hat dich getauft und jener Bischof verkehrt mit diesen und jenen142. Von Christus bin ich getauft; ich weiß es. Woher weißt du es? Die Taube hat es mich gelehrt, welche Johannes sah. O du böser Geier, du kannst mich nicht losreißen vom Schoße der Taube; ich zähle mich zu den Gliedern der Taube; denn was die Taube lehrte, das weiß ich. Du sagst mir: der oder der hat dich getauft; durch die Taube wird mir und dir gesagt: „ Dieser ist es, welcher tauft“; wem glaube ich wohl, dem Geier oder der Taube?

       14.

      In der Tat gib du mir Antwort, damit du durch jene Leuchte beschämt werdest, durch die auch die früheren Feinde, die dir gleichenden Pharisäer, beschämt wurden, zu denen der Herr, als sie ihn fragten, in welcher Gewalt er das tue, sagte: „Ich will euch auch ein Wort fragen. Saget mir, woher ist die Taufe des Johannes? Vom Himmel oder von den Menschen?“