Jutta gefiel der Masimba. Er hatte etwas Fröhliches, Optimistisches an sich und das baute sie auf.
»Ich bringe dir jetzt den besten Kaffee der Stadt – sagt zumindest mein Chef –, musikana, und dann setze ich mich kurz zu dir ...«
Jutta schaute dem fantastisch aussehenden Typen mit dem Kennerblick einer von der Malerei besessenen Expertin hinterher und ihr Tag ließ sich schon viel besser an als die Wochen zuvor. Jutta fand allmählich ins Leben zurück. Wenn da nicht dieser verdammte alte, widerliche, perverse Typ in New York wäre, der ihr unendlich viel Angst machte und sie völlig im Griff hatte.
Masimba kam mit einem Tablett zurück, auf dem nicht nur ein herrlich duftender Kaffee stand, sondern ein Frühstück, das Juttas Sinne total anregte. Ja, sie verspürte endlich wieder so etwas wie Hunger und griff zu, bevor Masimba die liebevoll zubereiteten Köstlichkeiten absetzen konnte.
»Jutta, ich denke, wir haben deinen Typen so gut wie gefunden«, überfiel er voller Stolz die Frau, in die er sich auf der Stelle verlieben könnte. Aber er war zu schüchtern. Große Klappe und viel dahinter – nur nicht in Sachen Liebe. Er kam aus einem Dorf, nördlich der Hauptstadt Simbabwes, Harare, und seine Eltern legten großen Wert darauf, dass er sich Frauen gegenüber wie ein Gentleman zu verhalten habe. Sie waren es auch, die ihn zur Malerei gebracht hatten, denn sie erklärten ihm mit schlüssigen Argumenten, dass das Schönste vom Schönen auf der Erde eine schöne Frau ist. So wie seine Mutter noch immer eine wunderschöne Frau war. Und die Weiße aus Deutschland, Jutta, war definitiv als schön zu bezeichnen. Masimba hatte große Ehrfurcht gegenüber der Schöpfung. Schon in den ersten Monaten an der Kunsthochschule lernte er, Schönheit auch rein sachlich beurteilen zu können. Der Goldene Schnitt war für ihn das Allergrößte. Die Schöpfung hatte Unglaubliches geleistet. Die Harmonie der Grenzen gehörte definitiv zu den Wundern Gottes.
»Was soll das heißen, Masimba?!«
Jutta geriet augenblicklich in einen positiven Schockzustand.
»Na ja, so einfach ist es nicht. Aber ich habe gestern einen Musiker getroffen, der hatte ein absolut verräterisches Zucken in seinen Augen als ich ihm das Bild von deinem Typen zeigte. Gesagt hat er nichts.«
Und wie Masimba das sagte, legte er das von ihm vollendete Bild von Franco Mignello auf den Tisch, dass Jutta die Gabel, mit der sie gerade eine Mangoscheibe aufgabeln wollte, aus der Hand fiel.
Klirr.
»Franco! Das ist Franco! Kennst du ihn, hast du mich belogen?! Ja, du musst ihn kennen!« Jutta war außer sich. Sie hatte dem studierenden Kellner eine Skizze in Schwarzweiß übergeben. Jetzt erhielt sie ein Kunstwerk zurück, das ihren Franco so klar und unmissverständlich zeigte, dass es für sie keinen Zweifel daran geben konnte, dass der Rastaman ihn kennen muss! Selbst die Farbe seiner Haare stimmte, natürlich die der intensiven Augen.
»Nein. Nur so, wie du ihn skizziert und beschrieben hast, konnte er auf Grund der unwahrscheinlichen Augen aussehen. Nicht anders. Ich habe einfach ein bisschen rumexperimentiert und so, wie er jetzt vor dir liegt, kann er nur der sein, den du suchst. Was Anderes passt nicht zu seinen bemerkenswerten Augen, musikana!«
»Du bist ein Genie, Masimba! Das ist ohne Zweifel der junge Mann, den ich suche!«
Jutta rannen literweise Tränen aus dem Gesicht. Wieder bahnte sich eine Katastrophe an, wie einst in Miami Beach. Die Überflutung Kapstadts war nur noch eine Frage der Zeit ...
Masimba holte Jutta wieder seinen Spezialdrink, den er ihr schon vorgestern serviert hatte. Und siehe da: Die Schleusen für das Absondern von salzigem Wasser schlossen sich.
»Was heißt das „... so gut wie gefunden ...“?«
»So, wie ich es sagte. So gut wie. Deine von mir aufgepeppte Skizze von dem Typen habe ich meinen Mitkommilitonen gegeben. Wir wohnen zu viert in einer WG, alles Kunststudenten. Wir machten uns noch am gleichen Abend nach deinem Besuch hier in der Bar auf die Suche. Wir waren erfolglos. Dann ging ich vor lauter Frust noch auf einen Absacker in einen Laden, in dem hin und wieder eine Jimi-Hendrix-Coverband spielt. Die haben einen Gitarristen, der sensationell ist. Und dem zeigte ich nach einem Set bei einem Bier genau dieses Bild. Er sagte nichts, aber seine Augen zuckten verdammt noch mal verräterisch. Ich bin überzeugt, dass er deinen Franco kennt. An den musst du dich hängen. Klar?«
Bevor Jutta vor Freude wieder zu Heulen anfangen konnte, lief Masimba blitzschnell in die Bar an die Bar. Mixte ihr noch einmal das verschärfte Gesöff und servierte es ihr mit seinem ekelhaft sympathischen Grinsen, so dass Jutta nun auch endlich lächelte.
»Wie können wir den treffen?«
»Geduld, Lady. Der spielt erst am nächsten Montag wieder ab Mitternacht in dem Club. Ich weiß nicht, wo er wohnt. Keine Chance. Übe dich bitte in Geduld. Die haben wir hier in Afrika seit die Kolonialmächte über uns hergefallen sind. Wir gehen am Montag da hin, versprochen. Und dann sehen wir, wie wir weitermachen, okay?«
Jutta streichelte die Fotokopie von Franco so zärtlich, dass es dem Rastaman ganz anders wurde.
Wäre ich doch der, den sie sucht, ging es durch seinen verfilzten Schädel.
IV
New York. Dreizehn Männer saßen schweigend um den Kamin. Downtown. #13, Mulberry Street. Nie waren sie in den letzten Jahren zufriedener gewesen als heute. Ihnen waren gerade gigantische Zahlen durch Joe Wood gemeldet worden. Mit zwei Dutzend der besten Agenten, die der >Rat der Dreizehn< über Wood zur Verfügung hatte, leitete dieser von Kapstadt aus die Kontrollaktion der in Indien eingesetzten Agenten. Da spielte es auch im Moment keine Rolle, dass Wood in Sachen Vernichtung des Franco Mignello noch nicht erfolgreich war.
Der Souveräne General-Großinspekteur Juda Weisenfeld hatte heute, nur kurz nach dem Beginn der Getreideernte in Indien, die ersten einhundert Millionen Toten verzeichnen können. An den Zahlen, die Wood geliefert hatte, war nichts zu rütteln. Drei Bundesländer waren so gut wie ausgelöscht. Von Menschen befreit. Der Tod selbst würde auch noch zu einem gigantischen Geschäft werden können. Das hatte Weisenfeld in seiner Konzentration auf das eigentliche Ziel anfangs völlig aus den Augen gelassen. Dass er da falsch lag, war seiner Arroganz zuzuschreiben ... Ein Fehler, den er sich in dem Moment der stillen Einkehr mit seinen Ratsbrüdern eingestand. Ein Novum. Denn Weisenfeld war selbstherrlich.
Mehr als das.
Er fühlte sich als Stellvertreter Gottes.
So weit ging sein Wahnsinn.
Eigentlich wollte er ja nur den Anweisungen folgen, die ihm das Oberhaupt der Familie, dem die Erde mit ihren Ressourcen zu mindestens 80 Prozent gehört, vor wenigen Jahren gegeben hatte. Eine Genmanipulation an einem Lebensmittel so zu entwickeln und umzusetzen, dass sie gezielt auf einem Kontinent mit extremer Überbevölkerung eingesetzt werden könne. Dass das Saatgut von Gerry Bigson und seiner Grain-Brain-Firma in Südafrika dermaßen vorzüglich funktionieren würde, hatte er gehofft, aber anfangs nicht so recht daran geglaubt. Jetzt übertraf der Erfolg seine kühnsten Träume!
Still und verzückt, entrückt und abartig selig, saßen die Verwalter der Herrscherfamilien der Welt, die sich im ´Rat der 13´ widerspiegelten, und lauschten dem Knistern des schwer, aber letztlich vorzüglich lange brennenden Teakholzes in dem überdimensionierten Kamin.
Die 13 Anwesenden agierten und lebten streng nach und mit der magischen Zahl der Kabbala, der 7. Es ist die mächtigste Zahl im Okkultismus. Der 7-Jahres-Zyklus hatte zuerst erfolgreich die letzte Finanzkatastrophe ausgearbeitet, dann ausgelöst und gnadenlos durchgezogen. Zum Nutzen der wenigen Familien. In dieser Zeit hatte Weisenfeld im Auftrag seiner Herren auch die Gen-Manipulation in Auftrag gegeben. Dass die Umsetzung etwas mehr als sieben Jahre gedauert hatte, war ein aus heutiger Sicht zu vernachlässigender Lapsus gewesen.
Alles, was sie, die wahren Herrscher des Planeten Erde, in den letzten einhundert Jahren geplant und durchgeführt hatten, war in diesen 7-Jahres-Zyklen verlaufen. Supersiege für die Globalisten, die sich die Welt untertan gemacht hatten. 7 Jahre hatte man Hitler gewähren lassen, bis man erneut Krieg führte. Der Zweite Weltkrieg