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Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: 666 - Perfektion des Bösen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969020098
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durch wen haben Sie uns gefunden? Wir stehen nicht im Telefonbuch, wenn Sie wissen, was ich meine! Sie haben uns gezielt gesucht. Wenn ich mich nicht täusche, sind Sie im Geheimdienst tätig gewesen, sind entweder schon längst pensioniert oder aber rausgeflogen. Suchen Sie sich das Beste für sich raus.«

      Lässige Verhörtechnik, die man einem Dreizehnjährigen so nicht zutrauen würde. Vertrauen aufbauen, hinterhältig nachfragen ...

      »Einer der Musiker, in deren Band Sie auch spielen, Franco Mignello, hat Sie auf einem Bild erkannt, das besagte Jutta, deren Nachnamen ich nicht kenne, und ein Kellner – der in Kapstadt Kunst studiert und die Skizze der jungen Dame von Ihnen, Franco, anhand Ihrer außergewöhnlichen Augen vervollständigt hatte – gemacht haben. Damit ist er auf Suche gegangen. Hat mit seinen Studienkollegen die Clubs in Kapstadt abgeklappert. Der Gitarrist, der hier mit Ihnen probt, hat sich verraten. Er spielte in einem Club Songs von Jimi Hendrix. Nein, er hat nichts gesagt. Aber der Kellner, er heißt Masimba Mamango, hat ein sensibles Gefühl für Menschen. Er war sich sicher, dass der Gitarrist Sie auf dem ihm gezeigten Bild erkannt hatte, Mr. Mignello. Der Rest war für mich einfach. Beobachten, abwarten, wohin der nächste Tag den Gitarristen führt.«

      Fünf Augenpaare blickten gebannt auf das verlebte Gesicht des kleinen Mannes.

      »Am Montagmorgen hatte er es sehr eilig und fuhr von seiner Wohnung mit mehreren Gitarren im Gepäck auf direktem Weg hierher. Dann haben Sie mich, Sam, als Küchenhilfe angeheuert. Am gleichen Tag noch brachte ich Snacks zur Bandprobe. Da habe ich dann den Mann wiedererkannt, den besagte Jutta suchte. Das ist die ganze Story. Glauben Sie es oder auch nicht.«

      Jojowa lehnte sich zurück und wartete nun seinerseits ab, was passieren würde.

      »Bis zu diesem Punkt mag Ihre Geschichte stimmen, Mister Bakate. Nur: Warum sind Sie noch einmal zurückgekommen? Ihr Auftrag war doch erfüllt? Ich gehe davon aus, dass Sie Ihrer Auftraggeberin, einer gewissen Jutta, wenn es sie denn gibt, das mitgeteilt haben und auch, wo sie Franco Mignello finden kann, oder irre ich mich?«

      Der junge Winnfried von Löske schien wirklich zum Boss geboren zu sein. Er kombinierte logisch, er stellte – höflich – die richtigen Fragen. Alberto und Sam Gilmore waren verblüfft, Jonathan mehr als erstaunt und Franco völlig neben der Kappe:

      Jutta. Was macht Jutta in Kapstadt? Woher wusste sie, dass wir uns hier aufhalten? Wer hat sie geschickt? Oder ist es wirklich nur die Liebe? Das kann nicht sein. Ich traue ihr viel zu, aber das ist unmöglich. Sie konnte uns nicht finden! Wir haben doch kaum Spuren hinterlassen. Es ist schon für Profis schwierig, uns zu finden! Ja, dass uns ‚die‘ gefunden haben, damit musste ich rechnen. ‚Die‘ haben die Macht auf der Erde und Geld ohne Ende. Aber Jutta? Das kann nur eine Finte sein. Aber woher weiß der Mann, den wir hier gefangen halten, von Jutta? Mysteriös. Vorsicht ist geboten!

      »Sam, bringen Sie bitte den Mann von hier fort. Wir müssen einiges besprechen. Danke!«

      Franco wollte mit seinen Vertrauten ungestört reden. Sam nahm den Hasenzahn-Knautschkopf und ging mit ihm wieder zum Verwaltungsgebäude des Weingutes. Winnfried rief den Ex-Geheimdienstler hinterher:

      »Sam, nehmen Sie dem Mann die Fesseln ab. Er wird nicht fliehen. Behandeln Sie ihn gut!«

      Das Vertrauen des Kindes in den Alten ging ihm gegen den Strich. Er würde sich nicht daran halten.

      »Liebe Freunde. Der alte Mann hat Recht: Ich kenne eine Jutta. Es ist definitiv die Person, die dieser Jojowa mit wenigen Worten sehr genau beschrieben hat. Sie muss in Kapstadt sein, kein Zweifel. Die Sache ist mir ein Rätsel. Ich lernte sie vor geraumer Zeit kennen, als ich dringend von Deutschland aus in die USA fliegen musste. Ich musste noch am gleichen Tag fliegen und versprach der Frau im Reisebüro – Jutta Spengler – eine Prämie, wenn sie es schaffen würde, mich innerhalb von einer Stunde noch irgendwo auf einen Flug nach Miami zu buchen. Sie schaffte es. Womit ich nicht gerechnet hatte: Sie flog gleich mit mir zusammen nach Miami, dem Ziel meiner Reise. Und sie entpuppte sich als außergewöhnlich schöne, interessante Person. Ja, ich verliebte mich ein wenig in sie und war hin und hergerissen von ihrem Charme, ihrer Lebendigkeit, ihrer Natürlichkeit. Ich wollte Stella nicht enttäuschen. Jutta drängte sich mir auf. In einer Art und Weise, dass es jeden von uns – bis auf dich, Winnfried – umgehauen hätte. Ohne Hintergedanken. Aus reiner Liebe zu mir. Dafür kann ich mich verbürgen. Aber da ich mit meinem Herzen bereits lange an Stella vergeben war, trennten wir uns nach ihrem Kurztrip nach Miami. Ich habe sie seitdem nicht wiedergesehen.«

      »Hältst du es denn für möglich, dass sie dich verfolgt hat, bis nach Kapstadt? Von der überstürzten Reise von Dresden über Marbella nach Jonkershoek wusste niemand etwas oder habe ich etwas versäumt, Franco?«, fragte Alberto, der sein über Jahre sorgfältig aufgebautes Rückzugsgebiet endgültig und unabänderlich in Gefahr sah. Er wollte ein zweites Marbella verhindern. Es ging ihm nicht ums Geld aber um seine Freiheit, seine Freunde. Denn dieser zusammengewürfelte Haufen kluger Chaoten gefiel ihm sehr. Und sie hatten eine große Aufgabe zu bewältigen. Da passte eine Jutta Spengler nicht in den Plan, schon gar kein Störenfried wie der Ex-Agent Jojowa Bakate.

      »Ich stehe selbst vor einem Rätsel, das ich noch nicht lösen kann!«

      »Warum lassen wir diese Jutta nicht mit Hilfe des alten Mannes zu uns kommen. Dann wissen wir, was da läuft«, schaltete sich Winnfried ein.

      »Ja, das halte ich für den einzig vernünftigen Ansatz«, mischte sich nun zum ersten Mal auch der ruhige Jonathan ein. »Setzt allerdings voraus, dass wir uns nach allen Richtungen hin absichern. Das wird nicht einfach. Wenn der alte Mann, wie ihn Winnfried bezeichnet, ein ehrlicher Mensch ist, dann haben wir keinen neuen Angriff von der Seite, wo wir unsere Gegner vermuten, zu befürchten. Lasst mich mit Sam einen Plan entwerfen. Kümmert ihr euch um unsere Hauptaufgabe. Die steht über allem. Wir kommen aus dem Fach. Wir werden einen Weg finden.«

      In der Sekunde kam auch Sam Gilmore wieder zurück.

      »Ich habe den Alten unter Bewachung zurückgelassen, so wie du es wolltest, Winnfried.«

      Ein Wunder war geschehen. Der alte Fuchs akzeptierte ebenfalls den exzentrischen Headbanger, der fast sein Enkel sein könnte.

      »Sam, wir müssen reden.«

      Jonathan zog sich mit Sam Gilmore zurück.

      Franco saß, wieder in sich gekehrt, stumm da. War nicht ansprechbar. Die Situation überforderte ihn. Zwei Frauen, die er auf seine Weise liebte. Der Weltstar, der ihn akzeptiert hatte, trotz seiner optischen Mängel. Stella, die er seit Jahren angebetet hatte und die ihn inzwischen so intensiv liebte, dass es sein Herz beflügelte, weil er die Gunst der Schönheit nicht fassen konnte. Und dann die Bohnenstange, von der er die körperliche Liebe hatte kennenlernen dürfen. Eine absolute Traumfrau. Ebenfalls wunderschön, wenn auch zwei Kilometer größer als er. Intelligent. Warmherzig, künstlerisch begabt, wie wenige Frauen in ihrem Alter.

      Zwei Ausnahmeerscheinungen mit riesigen Herzen schlugen für ihn, den missratenen Italiener.

      Zerrissen.

      Ja, Franco war total zerrissen. Es war gut, dass ihn Winnfried aus seiner Melancholie holte:

      »Franco. Wir müssen Zane entlassen. So gut wie er an der Gitarre ist – er ist gleichzeitig, wie wir gesehen haben, ein großes Risiko für uns. Wer einen derart folgenschweren Fehler macht, dem ist ein zweiter zuzutrauen. Alle Musiker, die für Stella arbeiten und dafür fürstlich bezahlt werden, haben sich an die Regeln zu halten. Die habt ihr ganz klar festgehalten. Er kann das nicht. Sonst wären wir nicht in der jetzigen Situation. Einer wie er gefährdet uns alle. Wir haben anderes zu tun und können uns mit solch einem Kinderkram nicht aufhalten!«

      Aus dem Mund eines pubertierenden Kindes klang das komisch und hart. Aber Franco wusste, dass Winnfried Recht hatte.

      »Es stimmt, Winnfried, auch wenn ich ihn nur ungern gehen lasse. Er ist ein fantastischer Musiker. Verrückt, aber sensationell. Ich muss sehen, wie ich es Stella erklären kann. Ich möchte sie ungern belügen, ich könnte aber sagen, dass er krank geworden ist. Ab morgen ist Stella wieder mit dabei. In den letzten Tagen hatten wir nur Bandproben«, zog Franco