Ps 16.
V. l. Ein Gebet Davids.
Inhalt.
Es wird dieser Psalm gesungen im Namen Desjenigen, der in Gott vollkommen ist.
V. l. »Herr, erhöre meine Gerechtigkeit.“ Die Worte sind voll von großer Zuversicht. Denn seine Gerechtigkeit nennt er hier nicht aus Großsprecherei und nicht, um seine Gerechtigkeit darzuthun. Es ist vielmehr soviel als: Den, der mit Recht um Deinen Beistand fleht und von dem befreit zu werden bittet, was er in ungerechter Weise duldet, da er ohne Grund von Saul verfolgt wird, erhöre und gewähre, ihm seine Bitte.
„Erhöre mein Gebet von Lippen ohne Trug.“ Denn ein Gebet, das nicht von trügerischen Lippen, sondern von reiner Zunge kommt, die gewohnt ist, über die göttlichen Aussprüche nachzudenken, erhört Gott.
V. 2. „Von Deinem Angesichte gehe aus mein Gericht.“ Offenbar bittet er, es möge der Eingeborene sein Richter werden. „Deine Augen sollen die Gerechtigkeit schauen.“ Er verlangt das gerechte Urtheil vom Sohne, das er für uns gefällt hat.
V.3. „Du hast mein Herz geprüft, bei Nacht heimgesucht, Du hast mich durch Feuer erprobt, und es wurde an mir keine Ungerechtigkeit gefunden.“ Ungerechtigkeit pflegt die göttliche Schrift die Lästerung gegen Gott zu nennen. Denn er sagt: „Ungerechtigkeit haben sie in der Höhe gesprochen.“52
V. 4. „Damit mein Mund nicht die Werke der Menschen ausspreche.“ Er lehrt, daß man auch davor sich hüten müsse, daß man etwas Sterbliches und etwas Menschliches spreche. „Um der Worte Deiner Lippen willen habe ich harte Wege eingehalten.“ Um Deiner Aufträge willen, will er sagen, bin ich durch die enge und schmale Pforte eingegangen.
V. 5. „Befestige meine Schritte auf Deinen Pfaden.“ Die Worte lehren, nicht auf sich zu vertrauen, sondern bei Gott seine Stütze zu suchen.
V. 6. „Ich rief, weil Du mich erhörtest, o Gott!“ „Erhörtest“ für „erhören wirst.“ Nicht ohne Grund habe ich mich dieser Worte bedient, sondern weil ich Deine Menschenliebe kennen gelernt habe. Denn Du erhörtest mich oft in meinem Gebete. „Neige Dein Ohr zu mir.“ Gott ist durchaus Ohr, da er Alles hört.
V. 11. „Sie beschloßen ihre Augen auf die Erde zu richten.“ Ein einziges Ziel, sagt er, haben sie, nämlich sie auf die Erde zu heften und sie zu einer fleischlichen Gesinnung zu bereden.
V. 13. „Dein Schwert den Feinden Deiner Hände.“ Jede Seele der Gerechten und vorzugsweise derer, die die Sünder von der Gottlosigkeit zur Gottesfurcht hinführen, ist gleichsam ein Schwert, geschärft gegen die Geister der Bosheit. Dieses Schwert also, o Herr, will er sagen, das Du selbst gegen Deine Feinde geschärft hast, entreiß den Feinden Deiner Hand. Welches sind aber wohl die Feinde der Hand Gottes, ausser die Widersacher des Glaubens an seinen Eingebornen, der auch seine Hand ist?
V. 14. „Herr, trenne sie von den Wenigen des Landes.“ Erfleht, es mögen die Gottlosen von den Wenigen geschieden, das heißt, gleichsam getrennt werden. Welches sind aber die Wenigen, als die, von denen gesagt ist: „Viele sind berufen, aber Wenige auserwählt“?53 Daniel Barbarus: Es ist ihnen, will er sagen, eine geheime Strafe vorbereitet, die bis in die Eingeweide dringen wird, wie von Judas gesagt ist: „Und es drang der Fluch wie Wasser in sein Inneres und wie Öl in seine Gebeine.“ 54
„Von Deinem Verborgenen ist voll geworden ihr Bauch.“ Sie haben, sagt er, alle Kostbarkeiten genossen. Deßbalb haben sie auch in dieser Weise ausgeschlagen, daß sie das Gesetz übertraten. „Bon Deinem Verborgenen.“ Ich weiß nicht, von welchen verborgenen Strafen Du Kenntniß hast. Damit fülle ihren Bauch, was eine Umschreibung für „sie“ ist. „Sie wurden mit Söhnen gesättigt und überließen die Ueberreste ihren Kleinen.“ Sie sind, will er sagen, angefüllt mit jeder Ungerechtigkeit und haben sie ihren Kindern zukommen lassen.
V. 15. „Ich werde in Gerechtigkeit erscheinen vor Deinem Angesichte.“ Nicht werde ich, will er sagen, Jenen ähnlich sein, noch vom Nämlichen, wie sie, mich sättigen, sondern ich werde in gerechten Werken mich anfüllen mit Deiner Herrlichkeit.
Ps 17.
V. l. Zum Ende. Vom Knechte des Herrn, dem David, was er gesprochen hat zum Herrn in den Worten dieses Gesanges, am Tage, an dem ihn der Herr rettete aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand des Saul, und er sprach.
Inhalt.
Es enthält der Psalm einen Aufstand von Feinden, die Anrufung des göttlichen Beistandes, die Ankunft und Auffahrt des Eingeborenen, und nach der Auffahrt das, was gegen die Dämonen geschah, die Verstoßung Israels und die Berufung der Heiden. Die Worte aber: „aus der Hand seiner Feinde und aus der Hand Sauls“ kann man auf die geistigen Feinde und ihren Fürsten beziehen.
V. 2. 3. „Ich werde Dich lieben, o Herr, meine Kraft! Der Herr ist meine Feste und meine Zuflucht.“ Da er die Wohlthaten Gottes wahrnimmt, opfert er ihm die größte Gabe, nämlich die Liebe, der der Heiland auch unter den Geboten, die erste Stelle angewiesen hat.
V. 4. „Lobend rief ich zum Herrn, und von meinen Feinden w erde ich errettet werden.“ Hier werden wir belehrt. Dank zu sagen für die uns gespendeten Güter und wieder um die mangelnden zu flehen, hierauf zählt er die verschiedenen Erhebungen der Feinde auf.
V. 5. „Es umgaben mich die Schmerzen des Todes.“ Keines sterblichen Krieges erinnert er sich, sondern unsichtbarer Mächte, die inwendig seine Seele umringen. „Und Bäche der Bosheit haben mich erschreckt. Die Schmerzen der Unterwelt haben mich umgeben, es überraschten mich die Schlingen des Todes.“ Bäche der Bosheit sind die gesetzwidrigen Gedanken. Ebendiese werden auch Schmerzen genannt, da sie lange in uns bleiben, und wieder Schlingen, da sie uns durch die Sünde der That tödten.
V. 8. „Es wankte und bebte die Erde.“ Er führt an, was damals bei der Ankunft des Herrn geschah. Alle Bewohner der Erde geriethen nämlich in Bewegung, und jedes Land wurde erfüllt von seinem Rufe. „Die Grundfesten der Berge wurden erschüttert.“ Berge sind die bösen Mächte, die sich gegen die Herrlichkeit Gottes erheben. Ihre Grundfesten aber nennt er die tiefen Gedanken. „Und sie wankten, weil Gott über sie zürnte.“ weil sie lange Zeit die Bewohner der Erde durch die abergläubische Verehrung hintergingen.
V. 9. „Es stieg Rauch auf in seinem Zorne. Zürnend, spricht er, löschte er ihr Feuer aus, womit sie einst die Menschen verbrannten. Als Zeichen hievon wählt er den Rauch. „Und Feuer wird brennen vor seinem Angesichte.“ Denn das bewirkt der Sohn Gottes unbemerkt gegenüber den feindlichen Mächten, indem er ihr Feuer durch ein anderes stärkeres und mächtigeres Feuer auslöscht. „Kohlen wurden von ihm entzündet.“ die nämlich, die durch die Theilnahme am göttlichen Feuer erleuchtet wurden.
V. 10. „Und er neigte die Himmel und stieg bei ab.“ Ganz deutlich prophezeit er das Herabsteigen des Herrn. Er drückt wohl jene Stelle aus: „Er erniedrigte sich bis zum Tode.“55 „Und Dunkel unter seinen Füßen.“ Er gibt seine geheime Ankunft in der Heilsordnung zu verstehen und die Unsichtbarkeit Gottes, damit wir nicht durch seine Horte zu leiblichen Vorstellungen verleitet werden.
V. 11. „Er erhob sich auf den Cherubim und flog, er flog auf den Flügeln der Winde.“ Er zeigt dadurch seine Auffahrt an. Cherubim und Flügel der Winde nennt er die Wolke, von der in der Apostelgeschichte geschrieben ist: „Als er das gesagt hatte, erhob er sich vor ihren Augen, und eine Wolke entzog ihn ihren Blicken.“56
V.12. „Er setzte Finsternis zu seinem Verstecke.“ Er meint das geheime und verborgene Verweilen des Heilands unter den Menschen. „Rings um ihn sein Zelt.“ Als sein Zelt bezeichnet er die heilige Kirche, in der er zu wohnen verheissen hat. „Rings um ihn“ aber sagt er, wie geschrieben