Ewige Jugend. Nataly von Eschstruth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nataly von Eschstruth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788711472927
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      Röter und röter färben sich ringsum die Alphäupter.

      Wie mit einem Zauberschlag wird es sehr plötzlich hell und lebendig im Wald.

      Hastige Schritte, ein Aufspringen mit derben Nägelschuhen.

      Zwei Löselbuben, der Vinzenz vom Brunnecker Hof und der Sepp, die waghalsig in den Felskessel vorangeschlichen sind, kommen atemlos.

      „Er brummt! — Man hört ihn deutlich, von der Senne klingt’s herüber!“

      „Gott helf’! — dass sie noch leben!“

      „Nun Vorsicht! — Dort um die Felsen herum, dann haben wir die Halde mit der Sennhütte vor Augen!“

      Vogelschrei hoch in der Luft.

      Ein Sperber steigt der Sonne entgegen. Die letzten Schatten verwehen wie Nebel und Rauch.

      Scharfe Männeraugen lugen voll heisser Spannung durch das Gezweig.

      Da — ein kurzes, grimmes Aufbrüllen, droben vom Stadel herunter klingt es. Die Aufregung der Jäger erreicht den Höhepunkt.

      Der Heuschober steht beinah frei auf der Wiese, — ein Heranpirschen ist kaum möglich — —

      Welch ein Meisterschuss, von sicherster Hand gegeben, kann das Untier auf diese Entfernung hin niederstrecken?

      „Alle müssens schiessen! Je mehr Kugeln, desto besser!“

      „Dort hinten! An der Rückwand des Stadels taucht er auf!“

      „Er scheint seine Opfer tatsächlich zu bewachen!“

      „Ein Bär halt gern gefangen!“

      „Jetzt tratscht er nach rechts!“

      „Man sieht deutlich, wie er nach dem Heu hinaufwittert —“

      „Er will sich an dem Holzpfahl aufrichten!“

      „Das unglückliche junge Mädchen! Die Herrschaften sind sicher in das Heu geflüchtet, man merkt es der Bestie ja an!“

      „Eine Salve — eine Salve geben!“

      „Kommando.“

      Ein kurzes, scharfes Aufblitzen aus dem Tannendickicht heraus, dann ein scharfes Knattern — und fast gleichzeitig ein kurzes, bellendes Gebrüll des vielfach getroffenen Raubtiers.

      Der Bär bäumt auf — greift mit den Vorderpranken gierig in die Luft — er taumelt, — wendet sich — stiert auf die neuen Feinde und Angreifer in den Tannen —

      Noch einmal ein dumpfes, furchtbares Brüllen, — dann sinkt er zur Seite, rollt sich wie ein Knäuel auf dem dicken Moos umeinander ...

      „Feuer!“

      Wieder knallen die Gewehre.

      Weisse Pulverdampfwölkchen kräuseln aus dem dichten Unterholz.

      Ein Zucken des zottig schweren Körpers, abermals ein ruckweises Brummen, das in kurzes Röcheln übergeht.

      „Gut getroffen!“

      In dem grünbuschigen Knirks, noch die rauchende Büchse im Anschlag, stand ein Schütz.

      Klein und etwas zur Fülle neigend war seine Gestalt, dabei sehnig gedrungen, von anscheinender Muskelkraft, wie sie den an Sturm, Wetter und Gefahren gewohnten Einwohnern wilder Berggegenden eigen ist.

      Hohe Schnürstiefel, ein mehr derb praktisches als elegantes Jagdzivil, die Mütze, die sogar etwas Schäbiges hatte, von fremdartiger Fasson, fest über den ganzen Kopf gezogen, stand er vorgeneigt und schien mit stierem Blick seine Kugel verfolgen zu wollen, ob sie, wie gewohnt, ihr Ziel erreichen werde.

      Sein Gesicht war nicht hübsch, ein rüder Zug lag um den Mund, dessen wulstige Lippen von starkem, nicht sonderlich gepflegtem Schnauzbart umstarrt waren.

      Die Nase, kurz und stumpf, zeigte breite Nüstern, und etliche Blatternarben verdarben ihre Form und erzählten von einer Zeit, die ihre Schreckensspuren unauslöschlich in die Physiognomien ihrer Opfer schreibt.

      Eine gewisse Gutmütigkeit lag auf den breiten, fleischigen Wangen, gepaart mit Sinnlichkeit, die den dunkeln, leicht vortretenden und von starkbuschigen Brauen umsäumten Augen einen Ausdruck von Leidenschaft und tierischem Instinkte gab.

      In diesem Moment glühte der Jagdeifer, sein Opfer niedergestreckt zu haben, voll gieriger Gewalttätigkeit darin.

      „Basse manelka!“ lachte er mit dröhnender Stimme. „Der hat’s! Die Kugel, die ihms Lebenslicht ausblasen hat, wor meinigte!“

      Er hob den Arm und wehrte zwei Kaiserjägern, die an seiner Seite gestanden hatten, energisch ab.

      „Laufts no net sogleich hin. — I sprech’ aus Erfahrung! Bin seit Bubenjahren auf a Bärenjäger! — Ma denkt, er liegts im Feuer dabei, und kommt man in die Näh’, rackert sich so an sakrischer Hund auf und gibt’s noch an Treff!“

      Wieder fielen etliche Schüsse aus dem Hinterhalt und schienen den Körper der Bestie abermals getroffen zu haben.

      Er zuckte empor — ein kurzes, halb ersticktes Röcheln ... dann schüttelten sich die zottigen Glieder, und die Beine zogen sich wie im Krampf an den Leib.

      „So wahr i der Gaj Gyurkovics bin! Da brennens no die schöne Schur in Fetzen!“ grollte der kroatische Bärenjäger ärgerlich. „No ein paar Minuten Geduld, und er hätte ausgeschnauft g’hobt, — ohne die Mandel Löcher mehr im Pelz!“

      Ein lautes, jubelndes Siegesgeschrei aus kräftigen Männerkehlen.

      Die Jäger stürmten über die freie Halde, dem Heustadel zu.

      „Sturmlechner! — Heda! Sturmlechner! Seid Ihr dahier innen?“

      Hoch hinter dem Dachgespärr tauchte der Kopf des Herrn Alois auf.

      Das Entsetzen spiegelte sich noch auf seinem farblosen Gesicht.

      „Schiessts net mehr! Dahier sind wir!“

      Oberst von Welten trat an die Luke über der Leiter.

      Er hob den Hut und winkte dankbar erfreuten Gruss hernieder.

      Sein Blick traf den kolossalen Körper des Bären, und ein tiefes Aufatmen hob seine Brust.

      „Es ist auch eine Dame droben?“ rief ein Offizier der Kaiserjäger. „Die Herrschaften können ohne Gefahr herniedersteigen!“

      „Ist’s nur ein Bär gewesen?“

      „Habts ihr mehrere gespürt?“

      „Na, na! — Der hat’s allein grad g’schafft, vermein’ i!“

      „So a Mordsvieh!“

      „Grad g’fangen g’halten hat er sie!“

      Gaj Gyurkovics war langsam nähergestapft und schaute unter seiner spitz gebogenen Mützenkrempe nach dem Stadel herauf.

      Dort hatte sich der Baron eben zurückgewandt und führte eine zierliche Mädchengestalt der Leiter zu.

      Sein Arm stützte die anscheinend halb Ohnmächtige.

      Der Blick des Kroaten schärfte sich plötzlich.

      „Teremtete!“ stiess er wie mit einem leisen Pfiff durch die Zähne hervor. „Dös ist ja meiner Seel’ das Madel aus dem Theater drunt!“

      Eine Glutwelle schoss in sein Gesicht, bis unter die buschigen Haare hinauf.

      „Sakra, da find’ i ’s doch wieder! So an Fratzel an goldiges! Aber erbärmlich schaut’s drein ... du mei!“

      Mit ein paar gewaltigen Sätzen sprang er zu, und während ein paar Männer eine neue Leiter, die unter dem weit vorspringenden Dach der Sennhütte gehangen hatte, heranschleppten und gegen die Luke des Stadels aufstellten, schob er sie mit kraftvollem Arm beiseite.

      Ein