Ewige Jugend. Nataly von Eschstruth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nataly von Eschstruth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788711472927
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dem Oberst, Vinzenz und der jungen Dame nach der Sennhütte einherschritt.

      Ein Förster und der Kommandeur der Kaiserjäger untersuchten währenddessen den Körper des Bären mit all seinen Kugeleinschlägen.

      „Wallberg! Was ist denn das? Die Schulter des Ungetüms scheint gebrochen?

      „Die Knochen knirschen zusammen, wenn man ihm die Vorderpranke hochreckt!“

      „Eine Kugel kann das doch unmöglich bewerkstelligen.“

      „Dös kann i den Herren verdispetieren!“ rief ein Holzhackerknecht. „Die beiden Hauer vom Bauer dahier sind justament am Stadel gewen, um einig’schaun, obs Futter scho z’Tal gehollt wern ka. Da haben ’s den Grantigen in der Schlucht verspürt — und der Sepp hat in seiner Furosität an Felsstoan aufs Untier ’nabgeschmissen. Derentwen hat er die invalide Schulter derwischt. Un woan so an Mordsvieh dalketes so an Schmerz verspürt, stellt’s seim Feind nach; derenthalb is der Bär nöt vom Stadel hier gewichen un hat Posten gesteht bis anitz.“

      „Ja, ja, so verhalt sich dös!“

      „Oan kapitaler Bengel! Sell muass ma ausbalgen.“

      „Wann nur das Fräulein net so arg zu Schaden kimma wär! I vermein’ halt, so a weisses Haar kreagt ma nöt um a Larifari!“

      „Ah na! — Dem Madel mögen alle Haardeln oanzeln z’Berg gestanden soan!“

      „Woanns nur nöt an Fieber kriegt.“

      „Is ja no jung. Sell verwind ma bal.“

      Währenddessen stand der Martel, der Sohn vom Schlierseebauer, dem die Senn gehörte, vor der Tür und versuchte mit der ihm eignen Umständlichkeit den rostigen Schlüssel in dem Schloss zum Drehen zu bringen.

      „Her damit!“ klang eine gebieterische Stimme hinter ihm, und der Kroate schob den Burschen gelassen zur Seite, griff nach dem Schlüssel und drehte mit aller Kraft den Widerstrebenden herum.

      „Seht Ihr nit, dass es der Kranken pressiert, da einzukommen?!“ sagte er kurz, drehte noch einmal mit aller Kraft, — und der Schlüssel brach in der Tür entzwei.

      „Na san ma ganz gemeiert!“ schrie der Martel erschreckt.

      „No lang nöt!“ schüttelte Gaj Gyurkovics mit grimnem Lächeln den Kopf. „Glaubt’s, mein’ Kraft reicht nit für so an lumpigtes Brettertürl? I bin lang genug im Österreichischen daheimgewest, um mi auf eure Pappschachterln von Häuseln scho’ auszukennen. Da schauts!“ und der Sprecher hob den Fuss ... ein gewaltiger Tritt gegen die Holztür, und krachend flog diese aus den Angeln.

      „Du mei Bonifazius! Dös kost aber dem Herrn a Geld!“ schrie der Martel entsetzt.

      Ein hochmütiger Blick aus den vorquellenden Augen traf ihn.

      „I bin’s nöt gewohnt zu warten. Die Gnädige a nöt! A Geld? — Dös kannst haben, so viel’s willst! — Vermeinst, i genier mi um die Batzen? — Dazu langt’s bei mir.“

      Er trat höflich neben die Tür und machte dem langsam nahenden Oberst und seiner Nichte eine so preisherrliche Handbewegung, als lade er, gleich dem Hausherrn, zum Nähertreten ein.

      „Kiss die Hond, meine Gnädige! Wochen Sie es sich kommod. Wonn i mir gestatten darf —“, er zog eine Likörflasche aus der tiefen Tasche seines grünleinenen Überziehkittels und bot sie an: „so ein haisser Tropfen dürft’ den Herrschaften genehm sein — s’ ist an echter ... konn in Ehren bestehn.“

      Herr von Welten dankte, höflich und zurückhaltend, wie es seine Art war.

      „Ein Schluck heisser Kaffee wird meiner Nichte gewiss sympathischer sein!“ fügte er hinzu. „Martel sagte uns, es sei eine kleine Blechbüchse mit ‚Mokka‘ hier oben, da muss man erst mal versuchen, heisses Wasser zu bekommen.“

      „Ja du mei!“ seufzte Vinzenz und hatte noch immer etwas recht Feindseliges in seinem Blick, wenn er den Kroaten ansah, dessen Augen voll unverblümten Entzückens unverwandt auf Lobelia starrten. „Alles dahier oben ist vom Winter her so nass, dass man die Holzscheite schwer zum Brennen kriegen wird.“

      „Holzscheite?“

      Gaj Gyurkovics trat an den Herd, auf dem etliches Holz aufgeschichtet lag. Es roch moderig und war nass wie Schwamm.

      „Das nutzt freilich nix.“

      „Im Wald drauss’ liegt’s no nasser!“

      „Hört’s doch aber, dass die Gnädige a Tassen Kaffee verlangt!“ — Eine Falte legte sich dräuend zwischen die schwarzen Augenbrauen des Sprechers. Er griff nach dem Jagdmesser, das an kurzer Kette am Gürtel hing, zog den blinkenden, bläulichen Stahl, köstlich ziseliert, wie ihn Welten sogleich als Tscherkessendolch erkannte, aus der Scheide und trat an den einen der braungestrichenen Stühle im „Herrenstüble“ heran.

      „Die Farbe hat wohl die Feuchtigkeit aufgehalten,“ sagte er gelassen, „innen wird das dicke Holz no trocken sein, die Wurmstich’ zeugen fürs Alter.“ Und mit einem unglaublichen Ruck seiner beiden Fäuste riss er den Stuhl auseinander, um ihn im nächsten Augenblick mit dem Jagdmesser in Spitter zu hauen.

      „Jes’ Mari-Josef!“ kreischte der Martel und rang die Hände. „So an Stuhl is nöt um drei Gulden in ganz Meran z’haben!“

      Der Kroate griff ironisch in die Tasche.

      Ein Papier knisterte.

      Im nächsten Augenblick flog dem Martel eine Banknote zu.

      „So magst dir auf mei Wohl gleich drei derstehn!“ lächelte er. „Hast nöt Obacht g’habt? Die Gnädige wünscht an Kaffee. Und nun dahier! Könnt’s anzünden?“

      Das konnte der Martel, nachdem der Fremde ihm noch eine Zeitung und sein Feuerzeug hingereicht.

      Dann stand er breitspurig daneben und schaute zu, wie das Holz geschichtet ward und bald in hellen Flammen aufschlug, während Herr von Welten das junge Mädchen nach dem altmodischen Lehnstuhl neben dem Ofen führte, über dem ein Weihwasserbecken unter dem grellfarbigen Öldruck eines Muttergottesbildes prangte.

      „Es ist bitterkalt hier in der Stube. Gott sei Dank, dass der Herr so energisch Feuer schafft. Unsereins hätte das ja gar nicht riskiert. — Hoffentlich kann man nun auch den Ofen heizen!“

      Der Oberst hatte es geflüstert, aber Vinzenz, der grad eine Fussbank heranschleppte, sie unter die Füsse der Erschöpften zu schieben, verstand es doch.

      „Dös is mei Sach’!“ rief er beinah heftig, „i zünd’ allsoglei a Feuer. Stühl’ verbrenn’ i nöt drum, vermein, dös brennt ma auch an schimmeltem Holz!“

      Und nun flog seinerseits das alte Taschenmesser mit dem Hirschhorngriff aus der Lederhose, er sprang nebenan in den Stall, wühlte unter dem Stroh und packte den mächtigen alten Kachelofen hoch voll mit dem trockensten, was er tief unten heraufgewühlt.

      Und dann wusste er, wo in der Ofenröhre der Kien lag — und so behend wie ein Gedanke flogen die Späne auf das Stroh.

      Das Streichholz leuchtete auf, die Flamme prasselte empor — und noch schneller als auf dem Herd knisterte das Feuer im Ofen.

      Hochaufgerichtet stand Vinzenz und schaute triumphierend auf den Kroaten, und Gaj Gyurkovics versenkte die Hände in den Taschen und musterte den Tiroler Bauernbursch mit langem Blick.

      „Das Feuerzünden verstehen wir alle beid’!“ lachte er mit wunderlichem Ausdruck im Gesicht, „nun kommt’s nur drauf an, welches der Gnädigen mehr konvertiert!“

      Ihm schien’s beinah, als ob der Löselbub, der lumpete, ihm aufbegehren wolle, wer’s besser kann.

      Herr von Welten hüllte Lobelia warm in das Plaid, und in der Tür erschien Herr Alois Sturmlechner, vom Sepp gefolgt; die hatten die Rucksäcke aus dem Stadel geholt und brachten sie herein.

      Der alte Junggeselle trat neben den Lehnstuhl, gegen