NESTOR
Nun, Ajax, halt dich brav!
TROILUS
Hektor, du schläfst,
Wach auf!
AGAMEMNON
Er führt den Degen gut. So, Ajax!
[Die Trompeten hören auf zu blasen. ]
DIOMEDES
Ihr dürft nicht weiter!
Die Trompeten hören auf zu blasen.
ÄNEAS
Prinzen, 's ist genug!
AJAX
Ich bin kaum warm, tun wir noch einen Gang!
DIOMEDES
Wie's Hektor wünscht.
HEKTOR
Nun gut denn, sei's geendet!
Du, Fürst, bist meines Vaters Schwestersohn,
Ein Freund und Vetter Priams großem Stamm,
Und der Verwandtschaft Heiligkeit verbietet,
Daß sich der Kampf des Ruhms mit Blut entscheide.
Wär Gräcien dir und Troja so gemischt,
Daß du könntst sagen: Diese Hand ist griechisch,
Und troisch jene; dieses Schenkels Bau
Griechisch, der troisch; meiner Mutter Blut
Rinnt in der rechten Wange, das des Vaters
In jener Unken: beim allmächtgen Zeus,
Hinweg von mir trügst du kein griechisch Glied,
Dem nicht mein Schwert hätt eingeprägt ein Mal
Blutigen Streits! Doch hindern das die Götter,
Daß nur ein Tropfen deines Mutterbluts,
Geheiligt mir, von meinem Todesstahl
Vergossen sei. Laß dich umarmen, Ajax!
Bei dem, der donnert, du hast tüchtge Arme!
Gern läßt sich Hektor so von ihnen fassen!
Dir, Vetter, aller Ruhm!
AJAX
Ich dank dir, Hektor!
Du bist ein Mann, zu frei und hoch gesinnt!
Dich töten wollt ich, Vetter, und an Ehre
Durch deinen Fall mir reichen Zuwachs ernten.
HEKTOR
Selbst Neoptolemus, der Wunderheld,
Von dessen Helm lauttönend Fama ruft:
Das ist er selbst, hegt nicht den Wahngedanken,
Daß Ruhm, Hektorn entrissen, seinen mehrte.
ÄNEAS
Von beiden Seiten fragt Erwartung jetzt,
Was ferner ihr beginnt?
HEKTOR
Dies unsre Antwort:
Der Ausgang ist Umarmung. – Leb wohl, Ajax!
AJAX
Wenn ich Erfolg der Bitte könnt erwarten,
Der selten mir zuteil wird, lüd ich Euch,
Ruhmvoller Vetter, zu den griechschen Zelten.
DIOMEDES
's ist Agamemnons Wunsch; auch Held Achilles
Möcht ohne Wehr den tapfern Hektor sehn.
HEKTOR
Ruf meinen Bruder Troilus, Äneas,
Und melde diesen friedlichen Besuch
Der Troer Schar, die meiner Rückkunft harrt;
Sie solln heimkehren. – Gib die Hand mir, Vetter;
Ich speis in deinem Zelt mit euern Rittern.
Agamemnon und der Rest der Griechen treten vor.
AJAX
Der Herrscher Agamemnon naht sich uns.
HEKTOR
Sag mir die Namen aller Würdigsten;
Nur den Achilles laß mein spähend Aug
An seiner Hochgestalt und Wucht erkennen.
AGAMEMNON
Streitbarer Held! Willkommen mir, wie einem,
Der solches Feindes gern entledigt wäre.
Doch das ist kein Willkomm; drum red ich klarer:
Vergangnes und Zukünftiges verdeckt
Formloser Schutt und Trümmer des Vergessens;
Doch in der gegenwärtgen Stund entbietet
Dir Treu und Glaub in frommster Lauterkeit,
Abwendig aller schiefen Nebendeutung,
O großer Mann, herzinnige Begrüßung.
HEKTOR
Ich dank dir, hocherhabner Agamemnon.
AGAMEMNON
Zu Troilus Erlauchter Troilus, nicht mindres Euch.
MENELAUS
Ich grüß Euch wie mein königlicher Bruder;
Du kriegrisch Brüderpaar, sei uns willkommen!
HEKTOR
Wer spricht zu uns?
ÄNEAS
Der edle Menelaus.
HEKTOR
O Feldherr, Dank, bei Mavors' Eisenhandschuh!
Verargt mir nicht den seltsamlichen Schwur;
Eur weiland Weib schwört stets bei Venus' Handschuh;
Wohl ist sie – doch sie schickt Euch keinen Gruß.
MENELAUS
Nennt sie nicht jetzt; sie mahnt an tödlich Weh.
HEKTOR
Verzeihung! Ich vergaß mich!
NESTOR
Ich sah dich oft, du tapferer Trojaner,
Wenn du, in Arbeit für den Tod, dir Bahn
Durch unsre Jugend wütig brachst; ich sah dich,
Wie Perseus heiß dein phrygisch Schlachtroß spornend,
Auf vollen Sieg und Kampfpreis oft verzichten.
Vordringend schwangst du hoch ums Haupt dein Schwert,
Und nicht auf den Gefallnen durft es fallen,
So daß ich sprach zu meinen Schlachtgenossen:
Seht Jupiter, wie er dort Leben spendet! –
Dann sah ich dich verschnaufend Atem schöpfen,
Wenn dich ein Kreis von Griechen rings umschloß,
Wie ein olympischer Ringer. Solches sah ich;
Doch dies dein Antlitz, stets in Stahl verriegelt,
Schau ich erst heut. Mit deinem Ältervater
Focht ich einmal; er war ein guter Streiter,
Allein, beim Kriegsgott, unser aller Haupt,
Dir nimmer gleich. Nimm eines Greisen Kuß,
Und unserm Zelt sei, tapfrer Fürst, willkommen!
ÄNEAS
Er ist der alte Nestor.
HEKTOR
Laß dich umarmen, gute, alte Chronik,