KÖNIG
Ich habe nichts mit dieser Antwort zu schaffen, Hamlet; dies sind meine Worte nicht.
HAMLET
Meine auch nicht mehr.
Zu Polonius. Ihr spieltet einmal auf der Universität, Herr? Sagtet Ihr nicht so?
POLONIUS
Das tat ich, gnädiger Herr, und wurde für einen guten Schauspieler gehalten.
HAMLET
Und was stelltet Ihr vor?
POLONIUS
Ich stellte den Julius Cäsar vor; ich ward auf dem Kapitol umgebracht, Brutus brachte mich um.
HAMLET
Es war brutal von ihm, ein so kapitales Kalb umzubringen. - Sind die Schauspieler fertig?
ROSENKRANZ
Ja, gnädiger Herr, sie erwarten Euren Befehl.
KÖNIGIN
Komm hieher, lieber Hamlet, setz dich zu mir!
HAMLET
Nein, gute Mutter, hier ist ein stärkerer Magnet.
POLONIUS
zum Könige. Oho, hört Ihr das wohl?
HAMLET
Fräulein, soll ich in Eurem Schoße liegen?
[Setzt ] Legt sich zu Opheliens Füßen.
OPHELIA
Nein, mein Prinz.
HAMLET
Ich meine, den Kopf auf Euren Schoß gelehnt.
OPHELIA
Ja, mein Prinz.
HAMLET
Denkt Ihr, ich hätte erbauliche Dinge im Sinne?
OPHELIA
Ich denke nichts.
HAMLET
Ein schöner Gedanke, zwischen den Beinen eines Mädchens zu liegen.
OPHELIA
Was ist, mein Prinz?
HAMLET
Nichts.
OPHELIA
Ihr seid aufgeräumt.
HAMLET
Wer? Ich?
OPHELIA
Ja, mein Prinz.
HAMLET
Oh, ich reiße Possen wie kein andrer. Was kann ein Mensch Besseres tun, als lustig sein? Denn seht nur, wie fröhlich meine Mutter aussieht, und doch starb mein Vater vor noch nicht zwei Stunden.
OPHELIA
Nein, vor zweimal zwei Monaten, mein Prinz.
HAMLET
So lange schon? Ei, so mag der Teufel schwarz gehn; ich will einen Zobelpelz tragen. O Himmel! Vor zwei Monaten gestorben, und noch nicht vergessen! So ist Hoffnung da, daß das Andenken eines großen Mannes sein Leben ein halbes Jahr überleben kann. Aber, bei Unsrer Lieben Frauen! Kirchen muß er stiften, sonst denkt man nicht an ihn; es geht ihm wie dem Steckenpferde, dessen Grabschrift ist:
Denn oh! denn oh!
Vergessen ist das Steckenpferd.
Trompeten, hierauf die Pantomime. Ein König und eine Königin treten auf, sehr zärtlich; die Königin ummarmt ihn und er sie. Sie kniet und macht gegen ihn die Gebärden der Beteurung. Er hebt sie auf und lehnt den Kopf an [ihre Brust ] ihren Hals; er legt sich auf ein Blumenbette nieder, sie verläßt ihn, da sie ihn eingeschlafen sieht. Gleich darauf kommt ein Kerl herein, nimmt ihm die Krone ab, küßt sie, gießt Gift in die Ohren des Königs und geht ab. Die Königin kommt zurück, findet den König tot und macht leidenschaftliche Gebärden. Der Vergifter kommt mit [zwei oder drei ] drei oder vier Stummen zurück und scheint mit ihr zu wehklagen. Die Leiche wird weggebracht. Der Vergifter wirbt mit Geschenken um die Königin; sie scheint anfangs unwillig und abgeneigt, nimmt aber zuletzt seine Liebe an. Sie gehen ab.
OPHELIA
Was bedeutet dies, mein Prinz?
HAMLET
Ei, es ist spitzbübische Munkelei; es bedeutet Unheil.
OPHELIA
Vielleicht, daß diese Vorstellung den Inhalt des Stücks anzeigt.
Der Prolog tritt auf.
HAMLET
Wir werden es von diesem Gesellen erfahren. Die Schauspieler können nichts geheimhalten, sie werden alles ausplaudern.
OPHELIA
Wird er uns sagen, was diese Vorstellung bedeutet?
HAMLET
Ja, oder irgendeine Vorstellung, die Ihr ihm vorstellen wollt. Schämt Euch nur nicht, ihm vorzustellen, sa wird er sich nicht schämen, Euch zu sagen, was es bedeutet.
OPHELIA
Ihr seid schlimm, Ihr seid schlimm; ich will das Stück anhören.
PROLOG
Für uns und unsre Vorstellung
Mit untertänger Huldigung
Ersuchen wir Genehmigung.
HAMLET
Ist dies ein Prolog oder ein Denkspruch auf einem Ringe?
OPHELIA
Es ist kurz, mein Prinz.
HAMLET
Wie Frauenliebe.
Ein König und eine Königin treten auf.
KÖNIG im Schauspiel. Schon dreißigmal hat den Apoll sein Wagen Um Nereus' Flut und Tellus' Rund getragen, Und zwölfmal dreißig Mond in fremdem Glanz Vollbrachten um den Erdball ihren Tanz, Seit unsre Herzen Liebe treu durchdrungen Und Hymens Bande Hand in Hand geschlungen.
KÖNIGIN im Schauspiel. Mag Sonn und Mond so manche Reise doch, Eh Liebe stirbt, uns zählen lassen noch. Doch leider seid Ihr jetzt so matt von Herzen, So fern von vorger Munterkeit und Scherzen, Daß Ihr mich ängstet; aber zag ich gleich, Doch, mein Gemahl, nicht ängsten darf es Euch, Denn Weiberfurcht hält Schritt mit ihrem Lieben: In beiden gar nichts oder übertrieben. Wie meine Lieb ist, hab ich Euch gezeigt; Ihr seht, daß meine Furcht der Liebe gleicht. Das Kleinste schon muß große Lieb erschrecken Und ihre Größ in kleiner Sorg entdecken.
KÖNIG im Schauspiel. Ja, Lieb, ich muß dich lassen, und das bald; Mich drückt des Alters schwächende Gewalt. Du wirst in dieser schönen Welt noch leben, Geehrt, geliebt; vielleicht wird, gleich ergeben, Ein zweiter Gatte -
KÖNIGIN im Schauspiel. O halt ein, halt ein! Verrat nur könnte solche Liebe sein. Beim zweiten Gatten würd ich selbst mir fluchen; Die einen totschlug, mag den zweiten suchen.
HAMLET
beiseit. Das ist Wermut.
KÖNIGIN im Schauspiel. Das, was die Bande zweiter Ehe flicht, Ist schnöde Sucht nach Vorteil, Liebe nicht. Es tötet noch einmal den toten Gatten, Dem zweiten die Umarmung zu gestatten.
KÖNIG im Schauspiel. Ich glaub, Ihr denket jetzt, was Ihr gesprochen, Doch ein Entschluß wird oft von uns gebrochen. Der Vorsatz ist ja der Erinnrung Knecht, Stark von Geburt, doch bald durch Zeit geschwächt, Wie herbe Früchte fest am Baume hangen, Doch leicht sich lösen, wenn sie Reif erlangen. Notwendig ists, daß jeder leicht vergißt Zu zahlen, was er selbst sich schuldig ist. Wo Leidenschaft den Vorsatz hingewendet, Entgeht das Ziel uns, wann sie selber endet. Der Ungestüm sowohl von Freud als Leid Zerstört