Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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Verdienst erweist,

       Wenn er sich selbst in Ruhstand setzen könnte

       Mit einer Nadel bloß? Wer trüge Lasten

       Und stöhnt' und schwitzte unter Lebensmüh?

       Nur daß die Furcht vor etwas nach dem Tod,

       Das unentdeckte Land, von des Bezirk

       Kein Wandrer wiederkehrt, den Willen irrt,

       Daß wir die Übel, die wir haben, lieber

       Ertragen als zu unbekannten fliehn.

       So macht Bewußtsein Feige aus uns allen;

       Der angebornen Farbe der Entschließung

       Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;

       Und Unternehmen, hochgezielt und wertvoll,

       Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt,

       Verlieren so der Handlung Namen. - Still!

       Die reizende Ophelia! - Nymphe, schließ

       In dein Gebet all meine Sünden ein!

      OPHELIA

       Mein Prinz, wie geht es Euch seit so viel Tagen?

      HAMLET

       Dank untertänigst; wohl, wohl, wohl.

      OPHELIA

       Mein Prinz, ich hab von Euch noch Angedenken,

       Die ich schon längst begehrt zurückzugeben.

       Ich bitt Euch nun, nehmt sie zurück!

      HAMLET

       Nein, ich nicht;

       Ich gab Euch niemals was.

      OPHELIA

       Mein teurer Prinz, Ihr wißt gar wohl, Ihr tatets,

       Und Worte süßen Hauchs dabei, die reicher

       Die Dinge machten. Da ihr Duft dahin,

       Nehmt dies zurück; dem edleren Gemüte

       Verarmt die Gabe mit des Gebers Güte.

       Hier, gnädger Herr!

      HAMLET

       Haha! Seid Ihr tugendhaft?

      OPHELIA

       Gnädiger Herr?

      HAMLET

       Seid Ihr schön?

      OPHELIA

       Was meint Eure Hoheit?

      HAMLET

       Daß, wenn Ihr tugendhaft und schön seid, Eure Tugend keinen Verkehr mit Eurer Schönheit pflegen muß.

      OPHELIA

       Könnte Schönheit wohl bessern Umgang haben als mit der Tugend?

      HAMLET

       Ja freilich: denn die Macht der Schönheit wird eher die Tugend in eine Kupplerin verwandeln, als die Kraft der Tugend die Schönheit sich ähnlich machen kann. Dies war ehedem paradox, aber nun bestätigt es die Zeit. Ich liebte Euch einst.

      OPHELIA

       In der Tat, mein Prinz, Ihr machtet michs glauben.

      HAMLET

       Ihr hättet mir nicht glauben sollen, denn Tugend kann sich unserm alten Stamm nicht so einimpfen, daß wir nicht einen Geschmack von ihm behalten sollten. Ich liebte Euch nicht.

      OPHELIA

       Um so mehr wurde ich betrogen.

      HAMLET

       Geh in ein Kloster! Warum wolltest du Sünder zur Welt bringen? Ich bin selbst leidlich tugendhaft, dennoch könnte ich mich solcher Dinge anklagen, daß es besser wäre, meine Mutter hätte mich nicht geboren. Ich bin sehr stolz, rachsüchtig, ehrgeizig; mir stehn mehr Vergehungen zu Dienst, als ich Gedanken habe, sie zu hegen, Einbildungskraft, ihnen Gestalt zu geben, oder Zeit, sie auszuführen. Wozu sollen solche Gesellen wie ich zwischen Himmel und Erde herumkriechen? Wir sind ausgemachte Schurken, alle: trau keinem von uns! Geh deines Wegs zum Kloster! Wo ist Euer Vater?

      OPHELIA

       Zu Hause, gnädiger Herr.

      HAMLET

       Laßt die Tür hinter ihm abschließen, damit er den Narren nirgend anders spielt als in seinem eignen Hause. Leb wohl!

      OPHELIA

       O hilf ihm, gütger Himmel!

      HAMLET

       Wenn du heiratest, so gebe ich dir diesen Fluch zur Aussteuer: Sei so keusch wie Eis, so rein wie Schnee, du wirst der Verleumdung nicht entgehn. Geh in ein Kloster, leb wohl! Oder willst du durchaus heiraten, nimm einen Narren, denn gescheite Männer wissen allzu gut, was ihr für Ungeheuer aus ihnen macht. In ein Kloster, geh, und das schleunig! Leb wohl!

      OPHELIA

       Himmlische Mächte, stellt ihn wieder her!

      HAMLET

       Ich weiß auch von euren Malereien Bescheid, recht gut. Gott hat euch ein Gesicht gegeben, und ihr macht euch ein anders; ihr schlendert, ihr trippelt, und ihr lispelt und gebt Gottes Schöpfung verhunzte Namen und gebt eure Lüsternheit als Einfalt aus. Geht mir, nichts weiter davon, es hat mich toll gemacht. Ich sage, wir wollen nichts mehr von Heiraten wissen; wer schon verheiratet ist - alle außer einem -, soll das Leben behalten; die übrigen sollen bleiben, wie sie sind. In ein Kloster, geh!

       Hamlet ab.

      OPHELIA

       O welch ein edler Geist ist hier zerstört!

       Des Hofmanns Auge, des Gelehrten Zunge,

       Des Kriegers Arm, des Staates Blum und Hoffnung,

       Der Sitte Spiegel und der Bildung Muster,

       Das Merkziel der Betrachter: ganz, ganz hin!

       Und ich, der Fraun elendeste und ärmste,

       Die seiner Schwüre Honig sog, ich sehe

       Die edle, hochgebietende Vernunft

       Mißtönend wie verstimmte Glocken jetzt,

       Dies hohe Bild, die Züge blühnder Jugend,

       Durch Überschwang zerrüttet: Weh mir, wehe,

       Daß ich sah, was ich sah, und sehe, was ich sehe.

       Der König und Polonius treten wieder vor.

      KÖNIG

       Aus Liebe? Nein, sein Hang geht dahin nicht,

       Und was er sprach, obwohl ein wenig wüst,

       War nicht wie Wahnsinn. Ihm ist was im Gemüt,

       Worüber seine Schwermut brütend sitzt,

       Und, wie ich sorge, wird die Ausgeburt

       Gefährlich sein. Um dem zuvorzukommen,

       Hab ichs mit schleuniger Entschließung

       So vorgesehn: Er soll in Eil nach England,

       Den Rückstand des Tributes einzufordern.

       Vielleicht vertreibt die See, die neuen Länder

       Samt wechselvollen Gegenständen ihm

       Dies Etwas, das in seinem Herzen steckt,

       Worauf sein Kopf, beständig hinarbeitend,

       Ihn so sich selbst entzieht. Was meint Ihr dazu?

      POLONIUS

       Es wird ihm wohltun, aber dennoch glaub ich,

       Der Ursprung und Beginn von seinem Gram

       Sei unerhörte Liebe. - Nun, Ophelia?

       Ihr braucht uns nicht zu melden, was der Prinz

       Gesagt; wir hörten alles. - Gnädger Herr,

       Tut nach Gefallen; aber dünkts Euch gut,