Und niemals trafen der Zyklopen Hammer
Die Rüstung Mars', gestählt für ewge Dauer,
Fühlloser als des Pyrrhus blutges Schwert
Jetzt fällt auf Priamus. -
Pfui, Metze du, Fortuna! All ihr Götter
Im großen Rat, nehmt ihre Macht hinweg;
Brecht alle Speichen, Felgen ihres Rades,
Die runde Nabe rollt vom Himmelsberg
Hinunter bis zur Hölle!
POLONIUS
Das ist zu lang.
HAMLET
Es soll mit Eurem Barte zum Balbier. - Ich bitte dich, weiter! Er mag gern eine Posse oder eine Zotengeschichte, sonst schläft er. Sprich weiter, komm auf Hekuba.
ERSTER SCHAUSPIELER
Doch wer, o Jammer!
Die schlotterichte Königin gesehn -
HAMLET
Die schlotterichte Königin?
POLONIUS
Das ist gut; schlotterichte Königin ist gut.
ERSTER SCHAUSPIELER
Wie barfuß sie umherlief und den Flammen
Mit Tränengüssen drohte, einen Lappen
Auf diesem Haupte, wo das Diadem
Vor kurzem stand, und an Gewandes Statt
Um die von Wehn erschöpften magern Weichen
Ein Laken, in des Schreckens Hast ergriffen -
Wer das gesehn, mit giftgem Schelten hätte
Der an Fortunen Hochverrat verübt.
Doch wenn die Götter selbst sie da gesehn,
Als sie den Pyrrhus argen Hohn sah treiben,
Zerfetzend mit dem Schwert des Gatten Leib,
Der erste Ausbruch ihres Schreies hätte,
Ist ihnen Sterbliches nicht gänzlich fremd,
Des Himmels glühnde Augen taun gemacht,
Und Götter Mitleid fühlen.
POLONIUS
Seht doch, hat er nicht die Farbe verändert und Tränen in den Augen? Bitte, halt inne!
HAMLET
Es ist gut, du sollst mir das übrige nächstens hersagen. - Lieber Herr, wollt Ihr für die Bewirtung der Schauspieler sorgen? Hört Ihr, laßt sie gut behandeln, denn sie sind der Spiegel und die abgekürzte Chronik des Zeitalters. Es wäre Euch besser, nach dem Tode eine schlechte Grabschrift zu haben als üble Nachrede von ihnen, solange Ihr lebt.
POLONIUS
Gnädiger Herr, ich will sie nach ihrem Verdienst behandeln.
HAMLET
Potz Wetter, Mann, viel besser! Behandelt jeden Menschen nach seinem Verdienst, und wer ist vor Schlägen sicher? Behandelt sie nach Eurer eignen Ehre und Würdigkeit; je weniger sie verdienen, desto mehr Verdienst hat Eure Güte. Nehmt sie mit!
POLONIUS
Kommt, Ihr Herren!
HAMLET
Folgt ihm, meine Freunde; morgen soll ein Stück aufgeführt werden. -
Polonius geht mit allen Schauspielern außer dem ersten ab. Hört, alter Freund, könnt Ihr die Ermordung Gonzagos spielen?
ERSTER SCHAUSPIELER
Ja, gnädiger Herr.
HAMLET
Gebt uns das morgen abend. Ihr könntet im Notfalle eine Rede von ein Dutzend Zeilen auswendig lernen, die ich abfassen und einrücken möchte? Nicht wahr?
ERSTER SCHAUSPIELER
Ja, gnädiger Herr.
HAMLET
Sehr wohl! - Folgt dem Herrn, und daß Ihr Euch nicht über ihn lustig macht.
[Polonius und die Schauspieler ab.] Erster Schaupieler ab. Meine guten Freunde, zu Rosenkranz und Güldenstern. ich beurlaube mich von euch bis abends. Ihr seid willkommen zu Helsingör!
ROSENKRANZ [und GÜLDENSTERN ]
Sehr wohl, gnädiger Herr!
Rosenkranz und Güldenstern ab.
HAMLET
Nun, Gott geleit euch! - Jetzt bin ich allein.
O welch ein Schurk und niedrer Sklav bin ich!
Ists nicht erstaunlich, daß der Spieler hier
Bei einer bloßen Dichtung, einem Traum
Der Leidenschaft, vermochte seine Seele
Nach eignen Vorstellungen so zu zwingen,
Daß sein Gesicht von ihrer Regung blaßte,
Sein Auge naß, Bestürzung in den Mienen,
Gebrochne Stimm und seine ganze Haltung
Nach seinem Sinn. Und alles das um nichts!
Um Hekuba!
Was ist ihm Hekuba, was ist er ihr,
Daß er um sie soll weinen? Hätte er
Das Merkwort und den Ruf zur Leidenschaft
Wie ich: was würd er tun? Die Bühn in Tränen
Ertränken und das allgemeine Ohr
Mit grauser Red erschüttern, bis zum Wahnwitz
Den Schuldgen treiben und den Freien schrecken,
Unwissende verwirren, ja betäuben
Die Fassungskraft des Auges und des Ohrs.
Und ich,
Ein blöder, schwachgemuter Schurke, schleiche
Wie Hans der Träumer, meiner Sache fremd,
Und kann nichts sagen, nicht für einen König,
An dessen Eigentum und teurem Leben
Verdammter Raub geschah. Bin ich 'ne Memme?
Wer nennt mich Schelm, bricht mir den Kopf entzwei,
Rauft mir den Bart und wirft ihn mir ins Antlitz?
Zwickt an der Nase mich und straft mich Lügen
Tief in den Hals hinein? Wer tut mir dies?
Ha, nähm ichs eben doch. Es ist nicht anders:
Ich hege Taubenmut, mir fehlts an Galle,
Die bitter macht den Druck, sonst hätt ich längst
Des Himmels Geier gemästet mit dem Aas
Des Sklaven. Blutiger, kupplerischer Bube!
Fühlloser, falscher, geiler, schnöder Bube!
O Rache!
Ha, welch ein Esel bin ich! Trefflich, brav,
Daß ich, der Sohn von einem teuren Vater,
Der mir ermordet wand, von Höll und Himmel
Zur Rache angespornt, mit Worten nur,
Wie eine Hure, muß mein Herz entladen
Und mich aufs Fluchen legen wie ein Weibsbild,
Wie eine Küchenmagd!
Pfui drüber! Frisch ans Werk, mein Kopf! Hum, hum,
Ich hab gehört, daß schuldige Geschöpfe,
Bei einem Schauspiel sitzend, durch die Kunst
Der Bühne so getroffen worden sind