Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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Treibt ihn erweckte Rach aufs neu zum Werk,

       Und niemals trafen der Zyklopen Hammer

       Die Rüstung Mars', gestählt für ewge Dauer,

       Fühlloser als des Pyrrhus blutges Schwert

       Jetzt fällt auf Priamus. -

       Pfui, Metze du, Fortuna! All ihr Götter

       Im großen Rat, nehmt ihre Macht hinweg;

       Brecht alle Speichen, Felgen ihres Rades,

       Die runde Nabe rollt vom Himmelsberg

       Hinunter bis zur Hölle!

      POLONIUS

       Das ist zu lang.

      HAMLET

       Es soll mit Eurem Barte zum Balbier. - Ich bitte dich, weiter! Er mag gern eine Posse oder eine Zotengeschichte, sonst schläft er. Sprich weiter, komm auf Hekuba.

      ERSTER SCHAUSPIELER

       Doch wer, o Jammer!

       Die schlotterichte Königin gesehn -

      HAMLET

       Die schlotterichte Königin?

      POLONIUS

       Das ist gut; schlotterichte Königin ist gut.

      ERSTER SCHAUSPIELER

       Wie barfuß sie umherlief und den Flammen

       Mit Tränengüssen drohte, einen Lappen

       Auf diesem Haupte, wo das Diadem

       Vor kurzem stand, und an Gewandes Statt

       Um die von Wehn erschöpften magern Weichen

       Ein Laken, in des Schreckens Hast ergriffen -

       Wer das gesehn, mit giftgem Schelten hätte

       Der an Fortunen Hochverrat verübt.

       Doch wenn die Götter selbst sie da gesehn,

       Als sie den Pyrrhus argen Hohn sah treiben,

       Zerfetzend mit dem Schwert des Gatten Leib,

       Der erste Ausbruch ihres Schreies hätte,

       Ist ihnen Sterbliches nicht gänzlich fremd,

       Des Himmels glühnde Augen taun gemacht,

       Und Götter Mitleid fühlen.

      POLONIUS

       Seht doch, hat er nicht die Farbe verändert und Tränen in den Augen? Bitte, halt inne!

      HAMLET

       Es ist gut, du sollst mir das übrige nächstens hersagen. - Lieber Herr, wollt Ihr für die Bewirtung der Schauspieler sorgen? Hört Ihr, laßt sie gut behandeln, denn sie sind der Spiegel und die abgekürzte Chronik des Zeitalters. Es wäre Euch besser, nach dem Tode eine schlechte Grabschrift zu haben als üble Nachrede von ihnen, solange Ihr lebt.

      POLONIUS

       Gnädiger Herr, ich will sie nach ihrem Verdienst behandeln.

      HAMLET

       Potz Wetter, Mann, viel besser! Behandelt jeden Menschen nach seinem Verdienst, und wer ist vor Schlägen sicher? Behandelt sie nach Eurer eignen Ehre und Würdigkeit; je weniger sie verdienen, desto mehr Verdienst hat Eure Güte. Nehmt sie mit!

      POLONIUS

       Kommt, Ihr Herren!

      HAMLET

       Folgt ihm, meine Freunde; morgen soll ein Stück aufgeführt werden. -

       Polonius geht mit allen Schauspielern außer dem ersten ab. Hört, alter Freund, könnt Ihr die Ermordung Gonzagos spielen?

      ERSTER SCHAUSPIELER

       Ja, gnädiger Herr.

      HAMLET

       Gebt uns das morgen abend. Ihr könntet im Notfalle eine Rede von ein Dutzend Zeilen auswendig lernen, die ich abfassen und einrücken möchte? Nicht wahr?

      ERSTER SCHAUSPIELER

       Ja, gnädiger Herr.

      HAMLET

       Sehr wohl! - Folgt dem Herrn, und daß Ihr Euch nicht über ihn lustig macht.

       [Polonius und die Schauspieler ab.] Erster Schaupieler ab. Meine guten Freunde, zu Rosenkranz und Güldenstern. ich beurlaube mich von euch bis abends. Ihr seid willkommen zu Helsingör!

      ROSENKRANZ [und GÜLDENSTERN ]

       Sehr wohl, gnädiger Herr!

       Rosenkranz und Güldenstern ab.

      HAMLET

       Nun, Gott geleit euch! - Jetzt bin ich allein.

       O welch ein Schurk und niedrer Sklav bin ich!

       Ists nicht erstaunlich, daß der Spieler hier

       Bei einer bloßen Dichtung, einem Traum

       Der Leidenschaft, vermochte seine Seele

       Nach eignen Vorstellungen so zu zwingen,

       Daß sein Gesicht von ihrer Regung blaßte,

       Sein Auge naß, Bestürzung in den Mienen,

       Gebrochne Stimm und seine ganze Haltung

       Nach seinem Sinn. Und alles das um nichts!

       Um Hekuba!

       Was ist ihm Hekuba, was ist er ihr,

       Daß er um sie soll weinen? Hätte er

       Das Merkwort und den Ruf zur Leidenschaft

       Wie ich: was würd er tun? Die Bühn in Tränen

       Ertränken und das allgemeine Ohr

       Mit grauser Red erschüttern, bis zum Wahnwitz

       Den Schuldgen treiben und den Freien schrecken,

       Unwissende verwirren, ja betäuben

       Die Fassungskraft des Auges und des Ohrs.

       Und ich,

       Ein blöder, schwachgemuter Schurke, schleiche

       Wie Hans der Träumer, meiner Sache fremd,

       Und kann nichts sagen, nicht für einen König,

       An dessen Eigentum und teurem Leben

       Verdammter Raub geschah. Bin ich 'ne Memme?

       Wer nennt mich Schelm, bricht mir den Kopf entzwei,

       Rauft mir den Bart und wirft ihn mir ins Antlitz?

       Zwickt an der Nase mich und straft mich Lügen

       Tief in den Hals hinein? Wer tut mir dies?

       Ha, nähm ichs eben doch. Es ist nicht anders:

       Ich hege Taubenmut, mir fehlts an Galle,

       Die bitter macht den Druck, sonst hätt ich längst

       Des Himmels Geier gemästet mit dem Aas

       Des Sklaven. Blutiger, kupplerischer Bube!

       Fühlloser, falscher, geiler, schnöder Bube!

       O Rache!

       Ha, welch ein Esel bin ich! Trefflich, brav,

       Daß ich, der Sohn von einem teuren Vater,

       Der mir ermordet wand, von Höll und Himmel

       Zur Rache angespornt, mit Worten nur,

       Wie eine Hure, muß mein Herz entladen

       Und mich aufs Fluchen legen wie ein Weibsbild,

       Wie eine Küchenmagd!

       Pfui drüber! Frisch ans Werk, mein Kopf! Hum, hum,

       Ich hab gehört, daß schuldige Geschöpfe,

       Bei einem Schauspiel sitzend, durch die Kunst

       Der Bühne so getroffen worden sind