„Ich hoffe wir können Freundinnen werden.“ Sie ging weiter zum nächsten Stockwerk. „Bis vor Kurzem war ich noch auf der Universität, kannte eine Menge Leute und es war immer etwas los. Ich befürchte, dass ich einsam werden könnte.“
Jaz reagiert nicht. Ich war bereit gewesen alles aufzugeben, damit ich Diego haben konnte, aber jetzt hatte ich weder ihn, noch mein altes Leben. Und wie sollte ich diese Leere in meiner Brust füllen? Je später es wurde, desto bewusster wurde mir, was ich alles verloren hatte. Doch ich durfte mich heute nicht davon herunterziehen lassen. Ich musste stark sein, wenn Cristiano mich später holen ließ.
Am Ende eines Flurs öffnete Jaz mit der Schulter eine schwere Tür aus Brettern und Eisenbeschlägen, die mich an die Planken eines Schiffes erinnerten. Eine Brise wehte durch den dunklen Raum, hob weiße durchsichtige Vorhänge an, die um ein auf einem Sockel stehendes Himmelbett mit Pfosten hingen. Nur der Mond schien durch die Rundbogenbalkontüren, die auf einen Balkon hinaus führten. Jaz betätigte den Schalter und die dicken weißen Wände sowie die roten Saltillo Tonfliesen wurden in warmes Licht getaucht. Eine abgewetzte Ledertruhe stand am Fuß des Bettes gegenüber einer Sitzecke mit einer roten Samtcouch, einem rostbraunen Couchtisch und einem in Stein eingefassten Kamin.
Ich drehte mich einmal um mich selbst. Das Zimmer passte zu dem Rest des Hauses mit seinen Holzbalken die kreuzförmig die weiß getünchte Decke hielten und dem Kronleuchter in der Mitte.
„Das hier ist mein Zimmer?“
„Ja.“
Für eine Gefängniszelle war es zweifellos das Luxuriöseste, was man sich vorstellen konnte. Ich zog die Sandalen aus, den Saum des Kleides hoch und ging auf den Balkon hinaus. Ich hatte die Pracht dieses Zimmers noch nicht einmal ansatzweise erfasst. Als ich mich dem Balkon näherte, lag die Welt zu meinen Füßen.
Die Sterne schimmerten wie eine Stadt am schwarzen Nachthimmel, der in einen Horizont überging, der zum Meer wurde. Wellen krachten unten an Land. Eine erfrischende Meeresbrise befeuchtete mein Gesicht. Es war beinahe so erfreulich, dass es für die Umstände entschuldigte.
Das Haus war durch den Berg gebaut worden. Die Wüste und die kleine Stadt lagen hinter uns, um uns herum befand sich Dschungel. Und nichts als der Ozean und der Himmel lag vor mir.
„Aber es ist so wundervoll“, sagte ich zu mir selbst. Ich lebte auf einer Steilklippe, direkt über dem Wasser aber so etwas hatte ich noch nie gesehen. „Und es ist so groß.“
Vom Balkon sah man nichts außer dem Meer und den Himmel. Und den steilen Fels hinab zu einem schmalen Stück Strand. Ich blickte hinab in die Dunkelheit, wie einst in einen Tunnel.
Man hatte immer eine Wahl, hatte mir Cristiano schon mehr als einmal gesagt.
Es gab immer einen Ausweg.
„Es ist das Hauptschlafzimmer“, antwortete Cristianos dunkle, zufriedene Stimme hinter mir. Sie dröhnte durch die Schönheit dieser neuen Welt, wie ein Donner. „Solltest du darüber nachdenken, herunterzuspringen, lass es. Das ist dir nicht erlaubt.“
Ich drehte mich um und hielt mich an der flachen Mauer aus Putz fest. Eine braun- und cremefarbene Hängematte, groß genug für zwei Personen, baumelte in einer Ecke im Wind. „Es ist mir nicht erlaubt?“
„Regel Nummer ein in meinem Haus“, sagte er mit den Händen in den Hosentaschen und einem teuflischen Grinsen, das an einem seiner Mundwinkel zog. „Nicht sterben.“
Jaz war nirgends zu sehen. Wir waren allein.
„Warum bekomme ich das Hauptschlafzimmer?“ Als ich die Wahrheit erkannte, formte sich ein Knoten in meinem Magen. „Wo schläfst du?“
„Im Hauptschlafzimmer.“ Sein Grinsen brach hervor und breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Wo sonst sollte ich schlafen, als an der Seite meiner Ehefrau.“
Aber ich war nicht seine Ehefrau. Bestenfalls war ich das Produkt einer Fusion und eine zur Verfügung stehende Geliebte, im schlimmsten Fall eine Sklavin, die seinen Launen zur Verfügung stehen musste. Jemand, den er in sein Bett zitierte, wenn er es wollte und wegschickte, wenn er fertig war. Wenn nicht dazu, zu was genau machte es mich dann? Was konnte ihn dazu bewegen jede Nacht an meiner Seite zu schlafen, wenn er es gar nicht musste?
Eine Windböe erfasste mich und ich schlang die Arme um mich. Ich ging an ihm vorbei ins Zimmer hinein. Am Wasser waren die Nächte kühler und Jaz hatte den Kamin und die Kerzen auf den eisernen Kerzenständern angezündet.
„Ich war davon ausgegangen, dass …“
„Was?“, fragte er. „Dass unsere Ehe nur eine Show wäre?“
„Ja. Ich meine, nein“, sagte ich vorsichtig und versuchte mein rasendes Herz zu beruhigen. „Ich weiß, dass du gewisse Erwartungen an mich stellst. Doch du musst dich nicht mit einer echten Ehefrau belasten. Ich erwarte nicht, dass wir im gleichen Bett zusammen schlafen, nachdem wir …“
„Nachdem wir, was?“, fragte er, ohne sich die Mühe zu machen, seine Belustigung zu verbergen.
Er wollte, dass ich mich unwohl fühlte, indem er mich zwang es auszusprechen. Aber den Gefallen würde ich ihm nicht tun. Ich drehte mich um und drückte den Rücken durch.
„Ich dachte, ich würde auf mein Zimmer zurückgehen, nachdem du mich gefickt hast.“
Er holte tief Luft und ballte seine Hände zu Fäusten den Hosentaschen.
„So etwas wie nachdem ich dich gefickt habe, gibt es nicht, Natalia. Ich werde dich immer ficken. Ich möchte in der Lage sein mich umzudrehen und in dich zu gleiten. Mich auf deinen Wunsch zwischen deine Beine schieben. Jederzeit in der Nacht deine Pussy zu entblättern und an dem Bonbon zu lecken.“
Bei der besorgniserregenden Überzeugung in seiner Stimme bekam ich eine Gänsehaut. Sein schmutziges Mundwerk passte zu einem Teufel und ich hatte keinen Zweifel, dass es zwischen meinen Beinen genauso dreist wäre. Beschämt darüber, wie ich bei dem Gedanken erzitterte, hielt ich den Rücken stocksteif.
„Die meisten Männer wären froh sich zu nehmen, was sie wollen und ihre Hure danach wegschicken. Damit wäre ich einverstanden.“
„Ich nicht.“ Seine Schritte klackten auf dem Terrakottaboden, als er ins Kerzenlicht trat. Verschwunden war die Ahnung, die ich vielleicht hatte, dass seine Sturheit nur Show war, oder dass er nur so profan tat, um mir Angst zu machen. Sein Verlangen nach mir stand ihm ins Gesicht geschrieben und war in seinen Worten zu hören. „Falls du es noch nicht herausgefunden hast, ich bin nicht die meisten Männer. Du bist meine Frau, nicht meine Hure und nenn dich nie wieder selbst so, weder in meiner Anwesenheit noch in meiner Abwesenheit. Du wirst jeden Abend an meinem Tisch sitzen und mit mir essen. Und du wirst jede Nacht in meinem Bett schlafen.“
„Jede Nacht?“, fragte ich und meine Stimme klang sogar in meinen Ohren heiser.
„Jede Nacht“, erwiderte er mit einem Knurren.
„Bis ich dich langweile.“
„Das wünschst du dir“, sagte er mit einem Stirnrunzeln, das es schwer machte zu erkennen, ob er mich aufzog. „Aber rechne nicht damit.“
Ich schluckte. Genau wie meine Verwirrung über sein Interesse an meiner Jungfräulichkeit verstand ich nicht, was ihn geritten hatte, sich an mich zu ketten, wo er doch Luxus und Freiheit besaß. Sex konnte ich nachvollziehen, auch wenn mich die Hitze zwischen uns weiterhin verblüffte. Wir waren zusammenpassende Feinde, und das gewährleistete ein Mindestmaß an Respekt zwischen uns. Wie winzig es auch immer war. Auf diesem Grat zwischen Hass und Bewunderung zu balancieren, schien unsere sexuelle Anziehungskraft nur noch mehr anzufachen. Aber ich konnte beides tun, neugierig diesen explosiven Funken untersuchen und gleichzeitig nicht mit ihm ins Bett wollen.
Ich hatte vor, dieses Geschenk nur einem einzigen Mann zu geben.