Die FROST-Chroniken 1: Krieg und Kröten. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: FROST-Chroniken
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691346
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aufgetragen hatte.

      »Es bedeutet, dass sie dich spätestens jetzt für irre halten! Und was ist überhaupt mit der armen Katze?«

      »Keine Sorge, die gebe ich zurück, sobald ich fertig bin.«

      Yuriko sammelte Arkanum in den Fingerspitzen. Es fühlte sich seltsam an, ein Siegel zu aktivieren, ohne seinen Sinn und Zweck zu kennen zu haben. Er wusste nicht einmal, ob es funktionierte. Es war wie Worte in einer fremden Sprache nachzuplappern, ohne die Bedeutung zu kennen.

      Er ließ Arkanum auf das Siegel tropfen. Die körpergeklammerte Katze rührte sich nicht. Das Arkanum wurde sofort in die Mitte gezogen und verschwand im Zentrum der Blüte. Yuriko ließ Arkanum nachfließen, und es nahm den gleichen Weg.

      »Interessant«, sagte er nachdenklich.

      Er sah die Katze an. Die Katze sah ihn an. Er kontrollierte den Arkanfluss. Die Katze war dicht.

      »Willst du mich eigentlich absichtlich dumm halten?«, beschwerte sich Galina. Yuriko seufzte.

      »Ich habe die Katze mit Arkanum aufgeladen. Was passiert, wenn natürliche Wesen mit Arkanum in Berührung kommen?«

      »Äh – nichts?«

      »Genauer!«

      »Es fließt einfach durch sie hindurch. Wie durch jede Materie. Sie bemerken es nicht mal.«

      »Richtig. Dieses Siegel – dessen Wirkweise ich immer noch nur zum Teil verstehe, wohlgemerkt – hat aus der Katze einen Arkanspeicher gemacht. Ich habe sie aufgeladen, und sie hat nichts davon wieder verloren.«

      Vorsichtig beäugte Galina die Katze. »Das heißt … Arkadis ist ein menschlicher Arkanspeicher? Ist so etwas möglich?«

      Grübelnd wickelte Yuriko sich seinen Zopf um die Hand.

      »Alle Zauberer sind Arkanspeicher«, sagte er. »Nur keine sonderlich ergiebigen. Wenn ich zaubere, ziehe ich Arkanum aus der Umgebung, und dann gibt es diesen winzigen Augenblick, wenn es schon in mir ist, kurz bevor ich den Zauber werfe. Eigentlich ist es eins. Ziehen – werfen. Vielleicht ermöglicht das Siegel das Ziehen, verhindert aber das Werfen.«

      »Dann wäre Arkadis ein verhinderter Zauberer«, überlegte Galina. »Ein mächtiger Zauberer, vermutlich, mit mächtigen Feinden.«

      »Wenn das Schule macht, können wir alle einpacken«, sagte Yuriko schaudernd. »Du darfst niemandem etwas erzählen, hörst du?«

      Galina nickte. Yuriko nahm die bereitgelegte Wasserflasche und entkorkte sie.

      »Bevor du fragst«, sagte er. »Ich wasche das Siegel ab, dann lasse ich die Katze frei. Die Vorführung ist hiermit beendet.«

      Vorsichtig tröpfelte er Wasser auf das Siegel. Die Tinte verlief, dicke dunkle Tropfen rannen den rasierten Bauch der Katze hinunter.

      Die Katze erzitterte. Krämpfe durchliefen sie, und sie fuhr die Krallen aus.

      »Huch«, sagte Yuriko erstaunt. Die Körperklammer verlor ihre Wirkung, und er wusste nicht, warum. Er wollte das geklebte Klammersiegel schon abziehen, ließ es dann aber an Ort und Stelle und machte einen großen Schritt rückwärts. Die Katze hatte Risse bekommen, aus denen es blau leuchtete.

      »Nicht gut«, sagte Yuriko. »Nicht gut!«

      Er packte Galina, die erschrocken quiekte, und stieß sie beiseite. Dann traf ihn die arkane Entladung.

      Die arkane Kraft riss ihn beinahe auseinander. Blitze zuckten vor seinen Augen. Es roch verschmort. Er blies eine Feuerlohe in den Himmel, um das Arkanum loszuwerden, ehe es ihn umbrachte, es war zu viel auf einmal, scharfkantig und bitter und auf eine erschreckende Art lebendig.

      Dann war es vorbei. Er lag auf dem Boden, keuchend und benommen, und jemand rüttelte ihn an der Schulter.

      »Meister Yuri?«

      »Ich sterbe«, murmelte er. »Lass mich zurück.«

      »Nicht, solange du Schulden bei mir hast«, sagte Galina pragmatisch und half ihm zum Sitzen. Die Schmerzen ließen nach. Arkane Irrlichter geisterten durch seine Haare.

      Er blinzelte.

      Galina und Padda waren unversehrt, was man von der Katze nicht behaupten konnte.

      »Was für eine Sauerei.«

      »Das arme Tier«, jammerte Galina. »Du Unmensch!«

      »Danke, dass du mich gerettet hast, Yuri«, murmelte Yuriko. »Du bist ein Held, Yuri. Hättest du nicht all das Arkanum gezogen, wäre ich jetzt ein menschliches Grillhähnchen.«

      »Danke, dass du – was auch immer getan hast«, sagte Galina. »Was ist eigentlich passiert?«

      »Die Katze hat sich schlagartig entladen. Das habe ich nicht kommen sehen – ich dachte, das Arkanum versickert einfach. Wie bei jeder normalen Katze. Und das Arkanum, was rauskam, war anders als das, was ich eingefüllt habe. Irgendwie … wütend.«

      »Arkanum hat keine Gefühle.«

      »Ich weiß. Ich kann’s nicht anders beschreiben.«

      Yuriko rappelte sich auf und kam schwankend zum Stehen. Er fühlte sich, als wäre eine Horde Wollschweine über ihn hinweggetrampelt.

      Die Fäuste in die Hüften gestemmt, umrundete Galina die Bank, auf der wohl geraume Zeit niemand mehr sitzen würde.

      »Wir werden jedenfalls nicht versuchen, Arkadis´ Siegel zu lösen«, sagte Yuriko. »Wenn schon das bisschen Arkanum in der Katze eine solche Entladung verursacht, kann man vermutlich mit Arkadis ganz Letis in die Luft jagen. Wo ist sie eigentlich?«

      »Ich habe ihn in der Bibliothek zurückgelassen«, sagte Galina. »Als ich hörte, du würdest jemanden suchen, der dir eine Katze rasiert. Ich denke, er wird irgendwann im Laufe des Abends unter deine Treppe zurückkehren. Er hat für ein paar Studenten Abschriften angefertigt und dafür ein paar Eiserne bekommen, aber um bei dir auszuziehen, wird es wohl nicht reichen.«

      »Für mich ist sie immer noch ein Weib. Nur damit du’s weißt.«

      »So verzweifelt, dass du in hübschen jungen Männern Frauen siehst? Oder einfach nur altersblind?«

      »Weder das eine noch das andere. Hast du etwas zu essen zu Hause? Ich bin kurz vor dem Hungertod.«

      Galina klopfte ihm höchst unbotmäßig auf den Bauch. »Das glaube ich nicht, Meister. Aber von mir aus. Weil du mich so heldenhaft vor der Entladung gerettet hast.«

      »Mein Heldenmut ist erst vergolten, wenn du mir nach dem Essen noch ein Bad richtest.«

      »Wenn man dir den kleinen Finger gibt.«

      »Wie groß ist dein Zuber? Baden mit Gesellschaft würde meinem Heldenmut angemessen schmeicheln.«

      »Nicht mal, wenn du mich vor einer Herde Drachen gerettet hättest.«

      Yuriko seufzte. Was für eine Verschwendung zweier wunderbarer Vorzüge, aber mit nichts anderem hatte er gerechnet. Er wandte sich gerade zum Gehen, als Galina ihn beim Ärmel nahm.

      »Wer beseitigt die Sauerei?«

      »Mach dir keine Sorgen«, sagte er großzügig. »Ich höre, die haben hier eine sehr fähige Hausmeisterin.«

      ***

      Am gleichen Abend kauerte er in seinen besten Kleidern und frisch rasiert auf einem Vordach. Dachziegel knirschten unter seinen Stiefelsohlen. Eine Nachtigall sang im Flieder. Er sah hinunter auf das schmale Büchlein in seinen Händen. Allein die Geste verlieh dem langweiligen Danilo das Recht, ihn zum Zweikampf zu fordern. Was er sich natürlich niemals trauen würde, der blasse Schreiberling.

      Yuriko ließ den Kopf nach hinten gegen die Fassade sinken. Er schielte auf seine Schulter, aber Padda war viel zu interessiert an den Nachtfaltern, die vor dem erleuchteten Fenster schwirrten, um der Seelenpein seines menschlichen Gefährten Beachtung zu schenken. Yuriko fand, die Kröten hatten das