Die FROST-Chroniken 1: Krieg und Kröten. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: FROST-Chroniken
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691346
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die abgerissene Hand.«

      Yuriko betrachtete seine Schülerin. Das Fünkchen Begabung war kaum mehr als ein übler Scherz der Götter. Es war nicht viel damit anzufangen, gleichzeitig ließ es sie nicht zur Ruhe kommen.

      Er bewunderte ihren Ehrgeiz, es als Erste in einer durch und durch unbegabten Familie zur Zauberin zu bringen, fragte sich aber gleichzeitig, ob der Zeitpunkt nicht gekommen war, an dem sie diesen Traum besser begrub.

      »Starrst du mir auf die Brüste?«, sagte Galina, immer noch die Hände vor dem Gesicht.

      »Du hast sie nun mal, da kann ich sie auch ansehen«, sagte Yuriko. »Geh doch einstweilen und kümmere dich um deine Hausmeister-Pflichten. Ich probiere ein bisschen mit dem Fokus herum. Heute Mittag kannst du mich zum Essen einladen und ich zeige dir meine Ergebnisse.«

      Galina brummte, rappelte sich aber auf und klopfte sich Gras vom Kleid. Sie hatte gerade zwei Schritte auf dem Weg in Richtung Haupthaus gemacht, als Arkadis ihr entgegenkam, in Begleitung von jemandem, der nach Yurikos Einschätzung selten genug aus seinem Keller kroch.

      »Hier bist du«, sagte Frakis, Galina völlig ignorierend. »Ich habe dich schon überall gesucht.«

      »Hast du Neuigkeiten zum Siegel?«

      Frakis holte einen Zettel aus der Tasche und hielt ihn Yuriko hin. Der nahm ihn entgegen und las.

      »Wissen, Ursprung, Sprache, Fragezeichen, Fragezeichen, Wurzel, Tod. Ja, alles klar. Ergibt Sinn.«

      »Unter Vorbehalt«, sagte Frakis. »Es handelt sich um Wortschriftzeichen, aber für genau diese habe ich keine Quelle gefunden. Es gibt ein paar Handvoll, die von alten Kulturen auf dem Südlichen Kontinent für arkane Zwecke verwendet wurden. Gebräuchlich sind die alle nicht mehr. Deshalb habe ich die Bedeutung aus Ähnlichkeiten abgeleitet. Aber in dem Prozess sind so viele Unschärfen, dass du dich auf das Ergebnis kaum verlassen kannst.«

      Ratlos sah Yuriko auf den Zettel.

      »Was hattest du erwartet?«, fragte Frakis. »Wer das liest, ist doof?«

      »Das Siegel ist ein Arkanspeicher, aber nicht so, wie wir ihn kennen. Ich hatte gehofft, etwas über den Zweck zu erfahren.«

      »Der Zweck eines Arkanspeichers ist ziemlich selbsterklärend.«

      Yuriko seufzte. »Du hast die Katze nicht gesehen.«

      Frakis machte ein fragendes Gesicht. Yuriko winkte ab. »Keine Sorge. Sie ist an einem besseren Ort.«

      »Warum klemmst du dich so hinter diesen Fall?«, fragte Frakis. »Arbeiten ist doch sonst nicht dein bevorzugter Zeitvertreib.«

      »Jemand muss dem Mädchen doch helfen«, versuchte Yuriko es, doch Frakis schüttelte den Kopf. »Du hilfst dir in erster Linie selbst. So sehr kann eine Reise dich nicht verändert haben.«

      Yuriko zögerte. »Ich will ihr wirklich helfen«, sagte er schließlich. »Aber wenn meine Reputation an dieser Arkania sich verbessern würde, indem ich die Siegelkunde voranbringe – etwas entdecke, ein Rätsel löse – und wenn man mir daraufhin wieder eine Anstellung gäbe … ein regelmäßiges Einkommen … dann … du weißt, dass Florine ihren dusseligen Ehemann los ist?«

      »Dass sie ihn lieber behalten hätte, weiß ich. Gute Güte, du machst dir doch nicht etwa immer noch Hoffnungen? Hat deine lange Reise dich nicht kuriert?«

      »Getröstet, mannigfaltig. Aber nicht kuriert. Florine jedenfalls hat durchblicken lassen, dass sie möglicherweise doch mehr als nur freundschaftliche Gefühle für mich hegt.«

      »Nachdem sie dir einen Korb nach dem anderen verabreicht hat, seit wir Kinder waren?«

      »Späte Erkenntnis.«

      Frakis sah erheitert aus, im Rahmen seiner Möglichkeiten.

      »Sie muss ja sehr verzweifelt sein.«

      »Warum sie mich nimmt, ist mir egal, solange sie mich nur nimmt. Aber ich brauche ein regelmäßiges Einkommen, damit ich ihr den Hof machen kann.«

      »Kraka wird seinen Stuhl nie wieder räumen«, sagte Frakis. »Der bleibt, bis sie ihn tot aus seiner Schreibstube tragen. Da kannst du erfinden, was du willst.«

      »Meinen Stuhl. Aber du bringst mich auf eine Idee – es steht nicht zufällig in einem deiner Bücher etwas darüber, wie man sein Ableben vorzeitig herbeiführen kann?«

      Frakis sah Yuriko über den Rand seiner Augengläser hinweg an.

      »Du beliebst zu scherzen.«

      »Ja, natürlich.«

      »Gut. Du planst keine Dummheit, oder?«

      »Ich? Nein! Niemals!«

      »Gib mir dein Wort.«

      »Frakis, was denkst du? Ich müsste der größte Dummkopf sein, wenn ich versuchen wollte, gegen Kraka vorzugehen.«

      Mit leichter Hand klopfte Frakis auf Yurikos Brust.

      »Dein Kopf ist es nicht, der mir Sorgen macht, mein Freund. Aber dein Herz hat noch nie gewusst, was gut für dich ist.«

      Frakis ging davon, und Yuriko sah sich mit seiner erwartungsvollen Schülerin konfrontiert.

      »Verschwinde«, sagte er ungnädig. »Such dir eine Beschäftigung. Ich muss nachdenken.«

      Galina seufzte schwer und schlurfte davon. Yuriko wartete, bis sie außer Sichtweite war, dann ließ er sich ins Gras fallen, setzte sich Padda auf den Bauch und starrte in den Himmel.

      Eine Lösung für Galinas Zaubereiproblem. Ein Siegel, das Arkadis´ Stummheit kurierte. Eine Festanstellung, egal, wo. Sein Haus, das er dringend instand setzen musste. Und alles, woran er denken konnte, war Florine.

      ***

      Von hier oben sah das Dach erschreckend aus: zerbrochene Dachziegel überall, Moos und Moder, und erstaunlich, was so alles in einer Dachrinne wachsen konnte. An einer Stelle lag der Dachbalken bloß. Yuriko kratzte mit einem Fingernagel daran und löste lange, schwammige Holzspäne. Das konnte nicht gut sein. Ob sich das reparieren ließ, oder musste das Dach komplett neu gedeckt werden? Für das eine wie das andere fehlte ihm das Geld, aber klar war: Den nächsten Regen konnte er auf dem Grund seines Teichs abwarten und würde auch nicht nasser werden. Kein Wunder, dass Arkadis sich unter die Treppe verkrochen hatte. Das war im Zweifelsfall der einzige trockene Platz im Haus.

      Er blinzelte in den Himmel. Durchsichtiges Blau, kaum ein Schleierwölkchen. Es wurde Abend. Heute Nacht würden sie mutmaßlich trocken bleiben, und das Wetter war stabil um diese Jahreszeit. Und bis der regnerische Herbst kam, geschah vielleicht noch ein Wunder.

      Vorsichtig ließ Yuriko sich auf dem Dachfirst nieder und begann, sich eine Pfeife zu stopfen. Der Rest im Beutel reichte gerade so. Morgen würde er Frakis um Geld bitten müssen. Oder tatsächlich einen Auftrag vom Anschlagsbrett durchführen. Ob die Hochzeit noch zu haben war? Da gab es Essen, Musik und schöne Frauen.

      Padda krabbelte auf seiner Schulter herum, presste sich gegen seinen Hals und machte sich steif. Yuriko schnipste sich eine Flamme an den Daumen und zündete seine Pfeife an.

      »Tut mir leid, Padda. Ich hätte dich unten lassen sollen. Aber dir passiert nichts. Versprochen.«

      Der Kröter stemmte sich, so hoch er konnte, und prallte gegen Yurikos Wange. Er nahm in von der Schulter und behielt ihn in der Hand, doch Padda wollte sich nicht beruhigen. Yuriko klemmte sich die Pfeife zwischen die Zähne und legte beide Hände um den Kröter, damit der ihm nicht auskam. Padda zappelte und werkelte herum und reckte den Hals, was ulkig aussah, da er ja praktisch keinen hatte.

      »Schau«, sagte Yuriko leise. »Man kann das Meer sehen. Weißt du, dass ich es vermissen werde? Das Reisen. Wenn ich mich einmal zu Florine bekannt habe, komme ich dazu nicht mehr. Aber vielleicht hat sie irgendwann die Nase voll von Letis. Dann nehme ich sie mit und zeige ihr die Welt. Nur sie und ich. Und du natürlich, aber das mit uns beiden ist ja etwas völlig Anderes. Wusstest du übrigens, dass