Die FROST-Chroniken 1: Krieg und Kröten. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: FROST-Chroniken
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691346
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Schrift sein Name vermerkt war, darunter einige Zahlen. Die sich summierten zu einem Betrag, der klein war. Sehr klein. So klein, dass man sich einen netten Abend davon machen konnte, mehr nicht.

      »Es muss ein Irrtum vorliegen«, sagte Yuriko. »Als ich zuletzt diese Bücher studiert habe, war ich ein vermögender Mann.«

      »Ihr könnt ganz beruhigt sein dahingehend, dass ein Irrtum vollständig ausgeschlossen ist«, sagte der Angestellte. »Ihr wurdet vorigen Sommer nach Ablauf der üblichen Fristen offiziell für tot erklärt. Das restliche Vermögen wurde eingezogen und, wie üblich, zum einen Teil dem Königreich zur Verfügung gestellt, für wohltätige Zwecke, zum anderen Teil für den Aufrecht­erhalt der Bank und ihrer Liegenschaften verwendet. Es blieben lediglich die Zinsen der vergangenen Jahre stehen. Wie das Gesetz es bestimmt, und abzüglich einer Verwaltungsgebühr.«

      »Ich bin aber nicht tot«, sagte Yuriko verblüfft. »Sehe ich für Euch etwa tot aus? Das ist sehr wohl ein Irrtum, ein gewaltiger!«

      »Niemand bestreitet, dass Ihr am Leben seid«, sagte der Angestellte. »Aber die Frist von fünfzig Monden verstrich, ohne dass uns ein Beweis Eurer Lebendigkeit erbracht werden konnte.«

      »Ich bin hier! Ich bin lebendig! Ich will mein Geld zurück!«

      »Lautstärke ändert nichts an den Tatsachen«, sagte der Angestellte ungerührt. »Ich kann Euch die fünf Silberfedern, drei Eiserne auszahlen lassen, wenn Ihr wünscht. Und Ihr seid herzlich eingeladen, ein neues Konto zu eröffnen, sobald Ihr wieder zu Geld gekommen seid.«

      »Zuerst will ich mein altes zurück!«

      »Auch die wiederholte Bekanntgabe von Forderungen ändert nichts an den Tatsachen.«

      Yuriko sprang auf. Padda strampelte in seiner Hand, und er mühte sich, den Griff zu lockern und den Kröter sanft auf seiner Schulter abzusetzen.

      »Und was sieht das Gesetz für Fälle vor, in denen jemand von den Toten wiederkehrt«, knirschte er.

      »Ihr seid ja nicht von den Toten wiedergekehrt, sondern Eurer eigenen Aussage nach nie tot gewesen«, sagte der Bank­angestellte kühl. »Allein richten sich die Regularien nicht um Euren tatsächlichen Leibeszustand, sondern um die eindeutige, nachweisliche Definition desselben.«

      »Mein Leibeszustand ist wütend, und deiner ist gleich Kopfschmerz, mein Freund!«

      Der Angestellte glitt mit einer geschmeidigen Bewegung zur Tür und öffnete sie. Durch den Türspalt sah Yuriko Bewegung. Rüstungsteile schimmerten matt.

      »Meister Frost möchte gehen«, sagte der Angestellte.

      »Meister Frost möchte sein Geld!«, röhrte Yuriko. »Und den Leuten mal ordentlich die Meinung sagen, die sich so eine Bullenscheiße ausdenken!«

      Er holte sich einen faustgroßen Feuerball auf die Hand und machte einen Schritt in Richtung Tür. Weiter kam er nicht. Ein unsichtbares, tonnenschweres Gewicht hielt seine Füße auf den polierten Bodenplatten fest. Er ruderte um sein Gleichgewicht. Der Feuerball verlosch. Er sah auf und in das Gesicht eines jungen Zauberers, der zwischen den beiden Bewaffneten stand und gerade die Handzeichen des Mühlsteinzaubers abschloss.

      »Das ist nicht dein Ernst«, sagte Yuriko. »Du wagst es, mich zu verzaubern? Weißt du denn nicht, wer ich bin?«

      »Ihr seid Yuriko Mandorak Frost, Salamander und Meister der Siegel«, sagte der junge Zauberer mit schwankender Stimme.

      »Ich kann dich eindampfen, dass nichts mehr an dich erinnert als ein verschmorter Fleck auf dem Boden!«

      »Und ich hoffe sehr, dass Ihr das nicht tun werdet, aus unbedachter Wut heraus«, flehte der Zauberer. »Nur des Geldes wegen.«

      »Mein Geld! Meine Existenz! Meine Zukunft!«

      »Ich komme hier nur meinen Verpflichtungen nach, Meister. Ich habe eine Familie zu ernähren.«

      Mit arkanen Fingern betastete Yuriko das Spruchgewebe. Es war ganz ordentlich. Der arme Junge konnte ja nichts dafür, dass er es mit Yuriko dem Legendären zu tun hatte. Yuriko war kurz davor, das Spruchgewebe zu zerreißen und einfach zu gehen, doch er besann sich eines anderen. Wenn er das tat, würde man den Jungen für unfähig halten und hinauswerfen.

      Yuriko seufzte.

      »Löse den Mühlstein, Herr Kollege. Ich verspreche, mich zu benehmen.«

      Der junge Zauberer zögerte, kam dann aber der Aufforderung nach. Das Gewicht an Yurikos Füßen verschwand. Der Zauberer sah aus, als würde er ganz ohne Yurikos Zutun allein vor Angst in seinen Stiefeln sterben. Yuriko trank seinen Teebecher leer und rückte sich Padda auf der Schulter zurecht.

      »Besitz macht ohnehin unfrei«, verkündete er würdevoll und schritt von dannen.

      ***

      Auf dem Weg zurück zur Arkania versuchte er, einen Plan zu fassen, doch der Weg war zu kurz und seine Lage zu verzwickt. Zumindest ließ der Löwenkopf ihn ein. Er wanderte durch den weitläufigen Garten, immer noch auf der Suche nach einer rettenden Idee. Es war Mittagspause; Gruppen von Schülern schwärmten über das Gelände, fachsimpelten, steckten im Gehen die Nase in Bücher oder saßen auf der Wiese und aßen zu Mittag. Sie grüßten ihn ehrerbietig, wo er auf sie traf, mit der höflichen Distanz, die man einem Fremden entgegenbrachte. Er kannte keines der Gesichter.

      Kein Geld, kein Zuhause, keine Anstellung. Sein Ruf war in Vergessenheit geraten, und nicht mal Violetta war noch die Gleiche.

      Er versuchte, nicht an Violetta zu denken. Eine wie sie konnte er sich auf absehbare Zeit nicht mehr leisten. Sofort rammte ihn die Sehnsucht. Ihr Duft. Oh. Blütenöl und Puder. Ihr weicher, runder Körper. Der unschuldige Schalk in ihrem schönen Gesicht, während ihre Finger die unanständigsten Dinge taten.

      Kein Geld, kein Zuhause, keine Anstellung, keine Liebe, keine Frauen. Alle Krötengeister, er war so einsam. Er verfluchte den Tag, an dem er beschlossen hatte, heimzukehren. Er hätte bei Mio bleiben sollen, falls das ihr Name gewesen war, der schwarzhaarigen Schönheit aus dem Land hinter den Mandelbäumen. Auf eine Art hatten sie sich sehr gut verstanden.

      Der Gedanke an Florine hatte den Ausschlag gegeben. Doch Florine war so unerreichbar wie eh und je. Dass kein Kontinent mehr zwischen ihnen lag, änderte nichts.

      Keine Liebe. Das war vermutlich das Schlimmste von allem.

      Er fand Galina und Arkadis in der Bibliothek, verschanzt hinter einem Stapel von Büchern. Galina war noch mit der Reinzeichnung des Siegels beschäftigt, während Arkadis sich in eine abgegriffene Abschrift von Das siebte Siegel vertieft hatte. Yuriko zog sich einen Stuhl heran und ließ sich darauf fallen, dass das Holz krachte. Galina streckte die flache Hand nach ihm aus, ohne aufzusehen.

      »Nichts«, sagte er. »Vergiss es. Die Bank hat mich für tot erklären lassen. Mein gesamtes Vermögen beläuft sich auf fünf Silberfedern, drei Eiserne, und die hab ich mir nicht auszahlen lassen, weil ich sonst vielleicht doch noch jemanden dort eingeäschert hätte.«

      »Guter Scherz«, sagte Galina. »Jetzt rück das Geld raus.«

      »Dazu müsste ich erst die Bank überfallen. Der Gedanke ist verlockend, aber ich würde doch gerne zuerst deine Tante sehen, bevor ich Hals über Kopf aus der Stadt fliehe.«

      Galina sah von ihrer Zeichnung auf. Ihre Augen waren riesig und rund wie Seerosenblätter.

      »Kein Scherz?«, sagte sie.

      »Kein Scherz«, sagte Yuriko.

      »Du bist ein toter Mann«, sagte Galina.

      »Meine Leiche an die Forschung zu verkaufen bringt dir nicht mehr als ein paar Silberfedern.«

      »Aber warum?«

      »Weil ich nicht mehr jung und nicht vollständig gut erhalten bin und um die Leibesmitte herum nicht mehr ganz stromlinienförmig. Das mindert den Wert.«

      »Warum ist mein Geld weg?«, schrie sie ihn an. »Warum bin ich so blöd und springe immer wieder für