Die dritte Phase bildet das 18. Jahrhundert, in dem sich, auch nach dem Niedergang der Niederländische Ostindien-Kompanie aufgrund finanzieller Schwierigkeiten, neue europäische Handelsmächte v.a. mit Großbritannien, Frankreich und dem damaligen Preußen entwickelten, ebenso wie globale Konsumgütermärkte, wie z.B. Tee aus China und Baumwolle aus Indien. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte der britische Ökonom David Ricardo Anfang des 19. Jahrhunderts sein Modell der komparativen Kostenvorteile, das kurz zusammengefasst besagt, dass grenzüberschreitender Handel den (Wohlfahrts-)Gewinn beider Handelspartner steigert.[4]
Laut Ricardo hängt die Vorteilhaftigkeit des Handels zwischen zwei Ländern nicht von den absoluten Produktionskosten ab, sondern von den relativen Kosten der produzierten Güter zueinander. Seiner Theorie zufolge ist somit internationaler Handel und internationale Arbeitsteilung selbst für solche Länder von Vorteil, welche alle Güter zu niedrigeren Kosten erzeugen können als andere. In der Realität lässt sich dies z.B. nach wie vor auf Handelsbeziehungen zwischen hoch und niedrig industrialisierten Ländern anwenden.
Ricardos Theorie beflügelte damals die Globalisierung also weiter, die durch den Ersten Weltkrieg zu einem bedauerlichen Ende fand und de facto zumindest aus der Sicht der meisten europäischen Länder erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder entsprechend an Fahrt aufnahm und schließlich durch die Gründung von supranationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder der Europäischen Union (EU) sowie den zunehmenden Abschlüssen internationaler Handelsverträge neue Sphären erreichte.
Im 21. Jahrhundert wird die Globalisierung durchaus teils ambivalent gesehen und ihr auch globale Probleme wie die Ausbeutung von Entwicklungsländern, Umweltschäden, Steueroasen und Handelskriege zugeschrieben. Internationale Institutionen und politische Entscheidungsträger sind mit immer größeren Herausforderungen konfrontiert, um wirkungsvolle und auf breiter Ebene gewünschte Maßnahmen für eine bereits stark vernetzte und zunehmend komplexere (Wirtschafts-)Welt umzusetzen, um möglichst viele Menschen an den positiven Effekten der Globalisierung Anteil haben zu lassen, wie etwa Produktivitätssteigerung, Wirtschaftswachstum, Wissenstransfer, Investitionen und Wohlstandssteigerung, auch in ärmeren Regionen wie z.B. Ländern in Afrika, Asien und Südamerika.
Als größte Einflussfaktoren auf den sehr umfassenden Megatrend Globalisierung sieht das Zukunftsinstitut dabei nicht etwa weitere globale Verflechtungen und globales Wachstum, sondern u.a. die folgenden Themen, die vom Autor jeweils auf ihre Relevanz für Unternehmen in den entsprechenden Kontext gesetzt werden.[5] Auf die Aspekte des Bevölkerungswachstums und der globalen Migration, die z.B. ebenfalls im Zusammenhang mit Globalisierung genannt werden, wird nicht näher eingegangen, da diese, abgesehen von wenigen Branchen, eher indirekte Effekte auf Unternehmensentscheidungen haben und vornehmlich politische Herausforderungen mit sich bringen.
2.1 Generation Global
Jüngere Erwachsene (Geburtsjahre in etwa zwischen 1990 und 2000), die der Generation Global zugerechnet werden und daher als Teilmenge der Generation Y und Z angesehen werden könnten, die später noch beschrieben wird, leiten einen gewissen Wertewandel ein und sehen Sinn und sozialen Mehrwert als zentrale Entscheidungskriterien ihres Handelns, auch um lokale Ursachen für globale Problem zu identifizieren und diese auf der Basis von umfassender über das Internet verfügbarer Information zu lösen. Die Generation Global, die noch kosmopolitischer eingestellt ist als Generation Y und Z, sieht ihre Entfaltungsmöglichkeiten nicht zuletzt durch die Digitalisierung, Konnektivität und Social Media weit über die Grenzen der eigenen Heimat hinaus und ist bestrebt, die Welt zu erkunden und globale Herausforderungen durch offene und international geprägte Denkmuster zu lösen.
Für (v.a. ebenfalls international orientierte) Unternehmen stellt deren Mindset eine Chance dar, da diese Mitarbeitenden zu „globalem Denken“ und dem berühmten „über den Tellerrand blicken“ nicht erst „hingeführt“ werden müssen, sondern diese Denkmuster bereits in sich tragen. Andererseits werden Unternehmen von dieser Generation, z.B. in Kauf-, aber auch Bewerbungsprozessen von den Mitarbeitenden dieser Generation, kritischer hinterfragt, etwa im Zusammenhang auf deren Werte, deren ethischen Wirtschaftens und deren Beitrag zu gesellschaftlich übergeordneten Zielen, wie echter gelebter Nachhaltigkeit, sozialer Verantwortung etc.
2.2 Postwachstumsökonomie
Wirtschaftliche Stagnation, nicht zuletzt aufgrund globaler Krisen, wie auch jener rund um Covid-19, aber v.a. auch, da sich Industrie und Wirtschaft zunehmend mit den endlichen Ressourcen unseres Planeten konfrontiert sehen, bedingt Umdenkprozesse und verlangt nach neuen Geschäftsmodellen, die nicht wie die derzeitig global dominierenden Wirtschaftssysteme auf fortlaufendem Wachstum und Profitmaximierung ausgelegt sind. Die Entwicklung und v.a. (politische) Umsetzung alternativer, nachhaltigerer Wirtschaftssysteme wird von einer wachsenden Anzahl von Ökonomen daher für immer wichtiger eingeschätzt.
Das Forschungsfeld des Postwachstums sucht nach Strategien für ein nachhaltigeres, umweltschonenderes und sozial gerechteres Wirtschaften jenseits der reinen Wachstumsorientierung. Das Model der Postwachstumsökonomie des Ökonomen Niko Paech basiert z.B. auf einer Reduzierung des Konsums, kombiniert mit lokalen und regionalen Selbstversorgungsmustern, könnte also sogar als eine Art Gegentrend zur Globalisierung gesehen werden.[6]
Frei nach dem Motto „Wo Altes vergeht, wird Raum für Neues geschaffen“ bieten solch tiefgreifende Veränderungen neuen Playern, Start-ups und Nischen-Champions attraktive Chancen. Etablierte Unternehmen sind demnach zunehmend gefordert, sich mit der Endlichkeit von Ressourcen wie Rohstoffen, Land, Wasser, sauberer Luft etc. zu befassen und ihren Erfolg auch an Zielen abseits von Wachstum und Profit zu messen sowie ihre Produktentwicklung und ihre globalen Lieferketten stärker an sozial und ökologisch vorteilhaften Lösungen zu orientieren.
Auch wenn es in unserer komplexen Wirtschaft natürlich keine einfachen singulären Zusammenhänge gibt, könnte die Automobilindustrie als aktuelles Beispiel dafür dienen, wie das Problem endlicher Ressourcen (Öl als Rohstoff für Benzin und Diesel bzw. v.a. saubere Luft, die u.a. durch CO2-Ausstoß belastet wird) Veränderungen in der Branche hin zur Elektromobilität ausgelöst hat, durch die Weltmarktführer unter Druck geraten und neue Player teils rasant Marktanteile gewinnen.
Der Club of Rome als einer der international renommiertesten Think-Tanks und Zusammenschluss von Experten verschiedener Disziplinen aus mehr als 30 Ländern hat sich bereits in den 1970er Jahren mit den Grenzen des Wachstums auf dem Planeten Erde auf der Basis wissenschaftlicher Szenarienmodelle befasst und mahnt seither vehement notwendige Veränderungen ein.[7]
Ein Vergleich der Entwicklung der meisten Aktien nachhaltig orientierter Unternehmen oder auch entsprechender Fonds zeigt, dass diese selbst in Krisen wie z.B. jener im Covid-19-Kontext besser performen als konventionelle, was auch unterstreicht, dass wirtschaftlicher Erfolg und nachhaltiges Wirtschaften sich jedenfalls nicht ausschließen und auch die Finanzmärkte entsprechende Unternehmen durchaus bevorzugen und dies zukünftig vermutlich noch stärker tun werden.
2.3 Glokalisierung
Die Synthese zwischen Globalisierung und Lokalisierung beschreibt laut Gabler Wirtschaftslexikon „das Verhältnis zwischen der globalen Ausrichtung von Unternehmen (Beschaffung, Absatz) und der regional begrenzten Verortung der industriellen Produktion […].“[8] Glokalisierung verdeutlicht, dass in einer weltumspannenden Globalisierung jedes (wirtschaftliche) Ereignis an einem bestimmten Punkt in der Welt sowohl von lokal-regionaler als auch gleichzeitig von global-überregionaler Bedeutung ist.
Lokale